Ursula Weidenfeld über Frankreich

"Macron gerät in eine Zwickmühle"

Emanuel Macron am 08.11.2018 bei Gedenkfeierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkrieges in der französischen Stadt Arras.
Präsident Macron ist mit einem Sozialpaket in die Offensive gegangen. Das schafft neue Probleme. © dpa / Matthieu Botte
Moderation: Miriam Rossius |
Es war Präsident Macrons Versprechen aus dem Wahlkampf: Erst werde Frankreich seine Hausaufgaben machen, dann stoße es EU-Reformen an. Beides ist bisher kaum gelungen. Die Journalistin Ursula Weidenfeld sieht weitreichende Folgen.
Auch an diesem Wochenende protestieren in Frankreich die so genannten Gelbwesten. Allerdings gibt es keine Massendemonstrationen mehr gegen die Regierung von Präsident Macron. Dieser hatte teure Zugeständnisse bei Ökosteuer und Mindestlohn gemacht. Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld sagte dazu im Deutschlandfunk Kultur: "Insgesamt flauen die Proteste ab. Dennoch ist es so, dass der französische Präsident es seinen Leuten, seinen Wählern, seinen Franzosen nicht mehr recht machen kann."
Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld im Porträt
Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld© picture alliance / dpa / Horst Galuschka

Soziale Schieflage nicht behoben, sondern verschärft

Das habe viel mit Macrons Regierungsstil, aber auch mit den Inhalten zu tun: "Es gab ganz groß das Empfinden, dass zwar die ärmeren und benachteiligten Bürger sehr viel mehr an Steuern und Abgaben zahlen sollen, die Reichen aber durch die Vermögenssteuerreform entlastet werden." Das habe das Gefühl ausgelöst, "da gibt es eine soziale Schieflage, die nicht behoben, sondern verschärft wird".

Misst die EU-Kommission mit zweierlei Maß?

Nun sei Macron in der Situation, "dass er außenpolitisch, europapolitisch in eine Zwickmühle gerät, die er auf jeden Fall vermeiden wollte". Frankreichs Neuverschuldung werde 2019 voraussichtlich über der von der EU zugelassenen Grenze von drei Prozent liegen: "Normalerweise würde das ein ähnliches Verfahren in Gang setzen wie das, dem sich Italien gerade stellen musste", so Weidenfeld. "In Italien sind die Rechtspopulisten an der Regierung. Da sieht man, dass die EU-Kommission offensichtlich auch mit zweierlei Maß misst. Die Italiener mussten ihren Haushalt mehrfach korrigieren"

Macron unter Druck der europäischen Partner

Wie es mit Frankreich weitergehe, wisse man noch nicht genau, sagte Weidenfeld. Aber: "Macron wird ganz sicherlich auch aufseiten seiner europäischen Partner jetzt anders unter Druck geraten, als er das vorher war." Deutlich werde aber auch dies: Frankreich und Deutschland, die sich stets als Kernbereich der EU definiert hätten, aus dem Fortschritt komme, seien "ganz offensichtlich dazu nicht mehr in der Lage". Möglicherweise sei eine Chance vertan worden.
(bth)

Das gesamte Gespräch mit Ursula Weidenfeld hören Sie hier: Audio Player

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