Ursula Weidenfeld zu G20 und Freihandel

"Handel ist Handel"

Die Flaggen von Europa und den USA werden mit einem Beamer auf Container projiziert.
Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld warnt davor, Handelsverträge zu überfrachten, indem man soziale Ziele oder Standards mit vereinbare, die möglicherweise für westliche Industrieländer richtig seien, aber für andere Staaten eher schwierig. © dpa / ns Büttner
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Als Verfechterin des Marktes und des freien Handels versteht sich die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld. Sie warnt davor, Handelsabkommen mit sozialen Zielen und zu hohen Standards zu überfrachten.
"Es ist eben immer die große Frage, was man mit Freihandel meint und was man damit transportieren will", sagte die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld im Deutschlandfunk Kultur. "Ich halte es für relativ richtig zu sagen, Handel ist Handel und alles andere ist alles andere." Sie warnte davor, Handelsverträge zu überfrachten, indem man soziale Ziele oder Standards mit vereinbare, die möglicherweise für westliche Industrieländer richtig seien, aber für andere Staaten eher schwierig. "Niemand ist dafür, dass in Japan der Walfang so weiter betrieben wird, wie er jetzt betrieben wird", sagte Weidefeld mit Blick auf die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und Japan über ein Freihandelsabkommen.

Walfang gehört nicht ins Freihandelsabkommen

Die Umweltorganisation Greenpeace hatte kritisiert, dass der Walfang in der bisher erzielten Einigung mit keinem Wort erwähnt werde. Weidenfeld zeigte sich skeptisch, ob die EU ihr Ziel, dass keine Wale mehr gejagt werden sollten, unbedingt mit einem Freihandelsabkommen verbinden müsse. "Kann man solche Ziele, wenn man sie haben will und wenn man sie international verankern will, soll man die nicht an anderer Stelle vereinbaren?" Das Handelsabkommen könnte sich darauf beschränken, das zu vereinbaren, was man wirtschaftlich für vernünftig halte.
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Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld glaubt daran, dass der Freihandel mehr Wohlstand für alle schafft. © picture alliance / dpa / Horst Galuschka

Niedrige Löhne als Marktvorteil

Zu der verbreiteten Kaptalismuskritik sagte Weidenfeld, dass viele Ökonomen eher auf die Regulierung durch den Wettbewerb setzten. "Die würden eben sagen, niedrige Löhne sind eben ein Vorteil von Ländern, die in den Weltmarkt wollen, die können dann eben preisgünstiger anbieten und werden die Standards dann eben nach und nach erreichen und hochfahren."

Bangladesh als Beispiel

Als Beispiel nannte die Wirtschaftsjournalistin die Lage in Bangladesch, wo nach dem schweren Unglück in einer Textilfabrik neue Standards vereinbart worden seien, unabhängig von einem Freihandelsabkommen. Unternehmen, die zuvor zu schlechten Bedingungen und geringen Sicherheitsstandards hätten produzieren lassen, seien dazu gezwungen worden, neue Verträge zu unterschreiben. "Möglicherweise ist das eben ein Weg, der den allgemeinen Wohlstand in diesen Ländern schneller steigert als eben einer, der sagen würde, Ihr müsst europäische Löhne zahlen." Dann würde es diese Industrien in diesen Ländern nicht geben.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin, Publizistin und Moderatorin. Sie studierte Wirtschaftsgeschichte, Germanistik und Volkswirtschaft an den Universitäten Bonn und München. Von 1992 bis 97 war Weidenfeld Korrespondentin und stellvertretende Ressortleiterin bei der "Wirtschaftswoche", bevor sie zum "Tagesspiegel" nach Berlin ging. 1999 wechselte sie in das Gründungsteam der "Financial Times Deutschland", wo sie das Unternehmens-Ressort leitete. Ende 2001 kehrte sie zum Tagesspiegel zurück und wurde 2004 stellvertretende Chefredakteurin. Von 2008 bis 2009 Chefredakteurin der Zeitschrift Impulse und schrieb eine regelmäßig Kolumnen fürs Handelsblatt. Heute ist sie als freie Journalistin, Publizistin und Moderatorin für verschiedene Medien tätig.

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