Urteil zu Britney Spears

Gefangen im Netz der Fans und Medien

03:09 Minuten
Unterstützer von Britney Spears bei einer Demonstration für die Sängerin in Los Angeles.
Unterstützer von Britney Spears bei einer Demonstration für die Sängerin in Los Angeles. © imago images / Zuma Wire / Ringo Chiu
Ein Kommentar von Jenni Zylka |
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Nach dem Urteil, dass Britney Spears' Vater die Vormundschaft abgeben muss, sei die "princess op pop" noch nicht frei, meint unsere Kritikerin Jenni Zylka. Die Sängerin werde weiterhin im öffentlichen Fokus stehen und brauche die richtigen Helfer.
Was wissen wir über Britney Spears? Was, außer den Bildern der "princess of pop"? Bilder einer Sängerin, die als Kind im Fernsehen auftrat, die mit 17 in ihre ambivalente Rolle als sexy Teenager fand, in Highschool-Uniform-Minirock und Overknees. Dann kamen die Bilder einer Frau, die versuchte, sich zu entziehen, über der das Konstrukt aus Ruhm, Druck und Aufmerksamkeit zusammenzubrechen drohte.

Im Zentrum der medialen Interessen

Die Kontrolle über ihre eigenen Bilder wurde der Sängerin von Anfang an streitig gemacht: Mit Spears' überwältigender, durch die Medien verstärkter Glorie kamen die Fans und deren Wunsch nach Nähe. Darum beobachtete man sie, kommentierte ihr Verhalten als Künstlerin, als Frau, als Mutter.

Ein Gericht in Los Angeles hat entschieden, dass Britney Spears' Vater mit sofortiger Wirkung nach 13 Jahren als Vormund abgesetzt wird. Der US-Star hatte lange dafür gekämpft. Die Fans sind begeistert. Hören Sie hier Eindrücke von der Urteilsverkündung [AUDIO].

Das kranke Verhältnis dieser Öffentlichkeit, deren Bedürfnisse durch die Boulevardpresse vollstreckt wurden, zur Person Britney Spears eskalierte in den 2000ern. Die Sängerin brach – angeblich – zusammen, und wurde unter die Vormundschaft ihres Vaters gestellt. Der habe seine Tochter ausgebeutet, um ihn herum profitierte noch ein ganzes Netzwerk von Spears, meist finanziell. So kann man das gestern Nacht erfolge Urteil interpretieren.

Verlorene Lebenszeit

Aber auch wenn Britney Spears sich nun, nach 13 Jahren väterlicher Vormundschaft, mit persönlicher Anstrengung, mit Unterstützung durch die Free-Britney-Bewegung, Dokumentarfilme und seriöse Presse von der gesetzlichen und privaten Bevormundung, eventuell sogar von erzwungenem Medikamentenmissbrauch befreit hat, ist sie nicht wirklich frei. Denn erstens könnte auch einfach ein neuer Vormund installiert werden; in dem Fall hoffentlich einer, der allein ihre Interessen verfolgt.
Und zweitens bekommt sie ihre Bilder ebenso wenig zurück wie die Zeit, in der sie nicht machen konnte, was sie wollte, ihre Kinder nicht um sich haben, ihr Leben nicht frei gestalten durfte. Es wäre ein Wunder, wenn die Öffentlichkeit, die sie noch immer beim Vornamen nennt und so Intimität vorgaukelt, das Interesse an ihr plötzlich verlöre.

Der neue Dokumentarfilm "Britney vs. Spears" auf Netflix beleuchtet insbesondere die frühen Jahre von Jamie Spears‘ Vormundschaft. Unsere Kritikerin Caren Miesenberger hat ihn besprochen [AUDIO] .

Britney Spears wird also bei ihrer wiedergewonnenen Freiheit vor allem auf eins aufpassen müssen: diesen Teil ihrer Karriere – und es ist davon auszugehen, dass sie weiterhin Musik macht – nicht aus der Hand zu geben, sämtliche Bilder selbst zu kontrollieren.

Eine schwere Aufgabe

Denn das US-Starsystem ist noch immer ein unguter Mix aus Medien, die ein öffentliches Interesse erst schüren, indem sie bestimmen, was ihrer Ansicht nach dazugehört, und aus dem Ruhmversprechen, das Künstler:innen zum Teil antreibt.
Britney Spears wird sich gleichzeitig zeigen und entziehen, hingeben und schützen müssen – eine schwere Aufgabe. Allein wird sie das nicht schaffen. Hoffentlich findet sie dieses Mal die richtigen Helfer.
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