Alltäglicher Rassismus als Bildergeschichte
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Der Afroamerikaner Chris Cooper bittet im Central Park eine (weiße) Frau, ihren Hund anzuleinen. Daraus entwickelt sich eine vermutlich gar nicht so aberwitzige Geschichte, die den Rassismus in den USA widerspiegelt. Cooper hat daraus einen Comic gemacht.
Die Geschichte klingt wie eine Szene aus einer etwas überdrehten US-Filmkomödie: Der Afroamerikaner Chris Cooper, Autor von Wissenschaftstexten und begeisterter Hobbyornithologe, gerät beim Bird Watching im New Yorker Central Park mit einer (weißen) Hundebesitzerin aneinander, die ihren Vierbeiner partout nicht anleinen will – obwohl das in dem Teil des Parks vorgeschrieben ist.
Die Begegnung, die zunächst als Aufforderung beginnt, doch ihren Hund an die Leine zu nehmen, gipfelt in einem hysterischen Anruf der Frau bei der Polizei: Ein Schwarzer bedrohe sie, trachte ihr gar nach dem Leben.
Wie aus der Geschichte ein Comic wurde
Eine wahre Begebenheit, die sich etwa zu der Zeit zutrug, als der Schwarze George Lloyd von einem weißen Polizisten getötet wurde. Chris Cooper hat den Vorfall mit seinem Handy gefilmt, als Beleg für alltäglichen strukturellen Rassismus in den USA. Daraus ist nun der Comic "It’s a Bird" geworden, für den sich Cooper mit verschiedenen Unterstützern und der renommierten Zeichnerin Alitha E. Martinez zusammengetan hat.
Der Comic-Großverlag DC hat die nur zehnseitige Geschichte online in der neuen Reihe "Represent" herausgebracht. "Represent" will reale Ereignisse und Schicksale entweder Eins zu Eins oder semi-fiktionalisiert in Comicform nacherzählen.
Das Konzept geht nicht auf
Für Journalistin und Kritikerin Ann Mbuti steckt dahinter "klares Kalkül von DC, dem Comic-Giganten, den gesellschaftlichen Forderungen nachzukommen". Es sei sogar von "sozialer Revolution" die Rede.
Doch im Fall von "It’s a Bird" funktioniere dieser Transfer leider nicht, bedauert Mbuti. Die Zeichnungen seien wunderbar, doch sei das dünne Onlineheftchen "kein tolles Leseerlebnis", eine packende Geschichte fehle. Auch einige Verfremdungen – der junge Mann sieht durch sein Zauberfernglas am Himmel nicht nur Vögel, sondern auch die Geister von Menschen die offenbar Opfer von Polizeigewalt geworden seien – funktionierten nicht gut.
Mbuti sagt jedoch: "Ich glaube aber, in der Anlage dahinter steckt die wirkliche Kraft dieses Vorhabens: Es ist ein afroamerikanisches Team … und sie kreieren gemeinsam geistiges Kapital mit den Comicfiguren, auf einer Meta-Ebene, bei DC. Und dadurch verändert sich was, so kommen neue Bilder in die Welt und neue Denkweisen in die Köpfe. Davon müsste es viel mehr geben."
(mkn)