US-Gewerkschaften gegen TTIP

Noch kritischer als die Deutschen

Schild "Stop TTIP" bei einer Demonstration in Augsburg gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP
Schild bei einer Demonstration in Augsburg gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP © dpa / picture alliance / Stefan Puchner
Von Marcus Pindur |
Großes Thema beim Besuch des DGB-Chefs Rainer Hoffmann in Washington sind die Verhandlungen über TTIP. Die amerikanischen Gewerkschaften wollen das transatlantische Handels- und Investitionsabkommen keinesfalls. Derweil hat sich in der amerikanischen Politik eine seltene Koalition gebildet.
In einem sind sich die deutschen und die amerikanischen Gewerkschaften besonders einig: Die geplanten Investitionsschutz-Schiedsgerichte sollten nicht in das TTIP-Abkommen aufgenommen werden, so der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Rainer Hoffmann bei seinem Besuch in Washington.
"Nicht zustimmungsfähig sind die Vorkehrungen für den Investorenschutz. Hier sind private Schiedsgerichte vorgesehen, fernab jeglicher Transparenz, fernab jeglicher staatlicher Regulierung."
Damit würde internationalen Konzernen ermöglicht, das jeweilige Landesrecht zu unterlaufen, so der gemeinsame Standpunkt des DGB und des amerikanischen Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO.
Die Obama-Administration argumentiert dagegen, dass diese Schiedsgerichte nur zur Anwendung kommen, wenn eine ausländische Firma gegenüber inländischen Firmen diskriminiert wird.
Diskriminierungsschutz über Bürgerrechtsgesetzgebung
Der DGB stimmt sich mit den amerikanischen Gewerkschaften ab – diese sind noch sehr viel kritischer gegenüber TTIP eingestellt, und wollen das Abkommen auf keinen Fall. Sie befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Der DGB teilt diese Befürchtungen. Aber: TTIP könne auch zu einem Vehikel für internationale Arbeitsstandards werden, so Rainer Hoffmann.
"Dass damit Grundlagen geschaffen werden für ein faires Handelsabkommen, wo beispielsweise die Grundrechte der Arbeitnehmer, so wie sie in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation niedergeschrieben sind, dort auch praktisch zur Anwendung kommen."
Das aber ist bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Kongress unwahrscheinlich. Denn die USA haben die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgesetzten Kernarbeitsnormen, wie die Vereinigungsfreiheit oder den Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz nicht ratifiziert. Diskriminierungsschutz wird in den USA über die Bürgerrechtsgesetzgebung hergestellt. Und das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und kollektive Verhandlungen muss in einem Betrieb erst in einer Abstimmung mehrheitlich von den Arbeitnehmern beschlossen werden.
Gewerkschaftsfeindliches politisches Klima
Der republikanische Kongress will keine internationalen Rechtsnormen ins amerikanische Arbeitsrecht integrieren. Dazu kommt, dass in vielen Bundesstaaten das politische Klima sehr gewerkschaftsfeindlich ist. Deswegen ist eine Aufnahme der internationalen Kernarbeitnehmerrechte in das TTIP-Abkommen so gut wie ausgeschlossen.
In Washington hat sich in der TTIP-Frage eine seltene Koalition von Republikanern und Weißem Haus gebildet. Obamas Demokraten wollen gegen die sogenannte Trade Promotion Authority stimmen. Sie würde es Obama erlauben, zunächst ein Abkommen auszuhandeln und dann ohne irgendwelche Änderungsklauseln darüber im Kongress abstimmen zu lassen.
Mehr zum Thema