Das heikle Thema Menschenrechte
Exakt 40 Jahre nach dem Beginn der argentinischen Militärdiktatur besucht US-Präsident Obama nun Buenos Aires. Nicht wenige sind darüber mindestens unglücklich. Gleichzeitig begrüßen Menschenrechtsorganisationen Obamas Ankündigung, bisher geheime US-Militärarchive zu öffnen.
Argentinien, zweite Hälfte der siebziger Jahre: Verzweifelte Mütter fordern Auskunft über das Schicksal ihrer von den Militärs verschleppten Töchter und Söhne. Der Putsch, mit dem 1976 eine verbrecherische Diktatur begann, jährt sich heute zum 40. Mal.
"Die USA waren an den Staatsstreichen in Lateinamerika beteiligt"
Der 24. März ist ein schmerzliches Datum für die Argentinier, und nicht wenige halten es zumindest für unglücklich, dass US-Präsident Barack Obama ausgerechnet an diesem Tag im Lande weilt.
"Die USA waren an den Staatsstreichen in Lateinamerika beteiligt. Wenn wir in Argentinien den Jahrestag des Militärputsches begehen, darf es keine amerikanische Einmischung geben. An diesem Tag gehen wir auf die Straße und sagen Nein zur Diktatur. Es ist unser Tag der Erinnerung."
Adolfo Pérez Esquivel wurde während der Diktatur in einem Foltergefängnis festgehalten, er ist ein Überlebender. 1980 erhielt er wegen seines gewaltfreien Einsatzes für die Menschenrechte den Friedensnobelpreis. Pérez Esquivel hat Barack Obama einen Brief geschrieben, er bittet ihn darin um Respekt für das Putsch-Gedenken der Argentinier.
"Die USA waren an den Staatsstreichen in Lateinamerika beteiligt. Wenn wir in Argentinien den Jahrestag des Militärputsches begehen, darf es keine amerikanische Einmischung geben. An diesem Tag gehen wir auf die Straße und sagen Nein zur Diktatur. Es ist unser Tag der Erinnerung."
Adolfo Pérez Esquivel wurde während der Diktatur in einem Foltergefängnis festgehalten, er ist ein Überlebender. 1980 erhielt er wegen seines gewaltfreien Einsatzes für die Menschenrechte den Friedensnobelpreis. Pérez Esquivel hat Barack Obama einen Brief geschrieben, er bittet ihn darin um Respekt für das Putsch-Gedenken der Argentinier.
Der Friedensnobelpreis-Träger lehnte auch einen Besuch Obamas im ehemaligen Diktaturgefängnis ESMA ab – heute ein Gedenkort. Dort waren mehr als 5000 Menschen eingesperrt – fast alle wurden ermordet, viele aus Flugzeugen ins Meer geworfen.
"Die Leute halten einen Besuch Obamas in der ESMA nicht für angebracht. Dieser Ort muss respektiert werden."
"Die Leute halten einen Besuch Obamas in der ESMA nicht für angebracht. Dieser Ort muss respektiert werden."
"Auch Obama hat das Recht, die Gedenkstätte ESMA zu besuchen"
Tatsächlich gibt es aber auch ganz andere Meinungen in Argentinien. Auch Obama hat das Recht, die ESMA zu besuchen, betitelte der Schriftsteller Sergio Bufano einen Zeitungskommentar. Bufano hält die Ablehnung, die dem demokratischen US-Präsidenten von manchen Menschenrechtlern und Sektoren der Linken entgegenschlägt, für absurd. Er argumentiert, dass der Putsch in Argentinien, anders als etwa im Nachbarland Chile, nicht von den USA forciert wurde. Und er verweist auf das Engagement der Regierung Jimmy Carters für die Menschenrechte.
"Ab 1977, als Carter an die Macht kam, beharrte seine Regierung darauf, eine UN-Delegation nach Argentinien zu schicken. Sie sollte herausfinden, ob die Diktatur tatsächlich Foltergefängnisse unterhielt. Aber die Sowjetunion und Staaten der Dritten Welt, darunter Kuba, stimmten immer dagegen."
"Ab 1977, als Carter an die Macht kam, beharrte seine Regierung darauf, eine UN-Delegation nach Argentinien zu schicken. Sie sollte herausfinden, ob die Diktatur tatsächlich Foltergefängnisse unterhielt. Aber die Sowjetunion und Staaten der Dritten Welt, darunter Kuba, stimmten immer dagegen."
Vom sozialistischen Castro-Regime hatte die rechte argentinische Junta wenig Kritik zu befürchten. Kuba nannte die Militärregierung nicht einmal Diktatur, sondern bezeichnete sie lediglich als autoritäre Regierung. Und die Sowjetunion pflegte gute Handelsbeziehungen zu Argentiniens Junta, die Moskau Nahrungsmittel verkaufte – zugleich jedoch Jagd auf Kommunisten im eigenen Land machte.
Obama wird im Park der Erinnerung den Diktaturopfern gedenken
Dagegen erreichten die USA unter Carter 1979, dass die Organisation Amerikanischer Staaten, der Kuba nicht angehörte, eine Menschenrechts-Delegation nach Argentinien schickte. Sergio Bufano:
"Die Menschen standen Schlange, um über das Verschwinden ihrer Angehörigen zu berichten. Die OAS-Delegation erhielt Informationen über mehr als 5000 Fälle. Das war sehr wichtig, weil die Menschenrechtsverletzungen dadurch international und hier in Argentinien bekannt wurden, wo die Presse darüber schwieg."
Natürlich dürfe Carters Parteikollege Obama also Gedenkstätten der Diktatur besuchen, meint Schriftsteller Bufano. Argentiniens Mitte-Rechts-Regierung von Präsident Mauricio Macri hat inzwischen umdisponiert: Statt in der ESMA wird der US-Präsident im Park der Erinnerung der Diktaturopfer gedenken. Danach fliegt er aus Buenos Aires in den südlichen Ferienort Bariloche – anti-amerikanischen Protesten geht er damit aus dem Weg.
"Die Menschen standen Schlange, um über das Verschwinden ihrer Angehörigen zu berichten. Die OAS-Delegation erhielt Informationen über mehr als 5000 Fälle. Das war sehr wichtig, weil die Menschenrechtsverletzungen dadurch international und hier in Argentinien bekannt wurden, wo die Presse darüber schwieg."
Natürlich dürfe Carters Parteikollege Obama also Gedenkstätten der Diktatur besuchen, meint Schriftsteller Bufano. Argentiniens Mitte-Rechts-Regierung von Präsident Mauricio Macri hat inzwischen umdisponiert: Statt in der ESMA wird der US-Präsident im Park der Erinnerung der Diktaturopfer gedenken. Danach fliegt er aus Buenos Aires in den südlichen Ferienort Bariloche – anti-amerikanischen Protesten geht er damit aus dem Weg.