"Er rüttelt an einem nationalen Konsens"
Wer in den USA geboren wird, ist automatisch amerikanischer Staatsbürger – verfassungsgemäß. Präsident Donald Trump will das nun ändern. Sein Vorgehen sei problematisch, sagt der Amerikanist Michael Hochgeschwender, und vor allem ein Wahlkampfmanöver.
Er glaube nicht, dass Donald Trump mit seinem Vorhaben Erfolg haben werde, durch eine "Executive Order" das Geburtsrecht zu ändern, sagte Michael Hochgeschwender im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Denn eigentlich könne ein solcher präsidialer Erlass nicht über der amerikanischen Verfassung stehen, findet Hochgeschwender, Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte in München.
Im 14. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung sei das Staatsbürgerschaftsrecht per Geburt geregelt und mehrere Urteile zwischen 1898 und 1952 bestätigten die aktuell gültige Auslegung.
"Es ist verfassungsrechtlich extrem fragwürdig, ob der amerikanische Präsident das Recht hat, hier einfach mit einem Federstrich gegen solche Präzendenzfälle anzutreten."
Thema nicht überbewerten
Allerdings sollte das eigentliche Thema nicht überbewertet werden, denn weltweit sei diese Form, eine Staatsbürgerschaft zu erhalten, fast überall abgeschafft worden – außer in Kanada und einigen Ländern Südamerikas.
Zudem hätten schon seit den 1980er-Jahren Juristen in den USA die Abschaffung des 14. Zusatzartikel gefordert. Die eigentliche Abschaffung sei auch nicht das Problem:
"Das Problem ist tatsächlich der Anspruch, es auf diese Art und Weise zu machen. Denn das würde ja praktisch heißen, der amerikanische Präsident steht über der Verfassung und hat mit seiner Unterschrift das Recht, Gesetze der amerikanischen Verfassung einfach auszuhebeln."
Reine Wahlkampftaktik
Eigentliche gehe es um den amerikanischen Wahlkampf, die Mid-Terms:
"Sein Ziel ist natürlich die Frage der Migration wieder in den Wahlkampf hineinzubringen. Da spielt ihm der Marsch der Honduraner auf die amerikanische Grenze sehr stark in die Karten."
Trump stehe mit seinem Versuch das Geburtsrecht zu verändern nicht alleine da, denn viele Staaten hätten ihre Gesetze dahin gewandelt, dass Kinder die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern annähmen.
Rütteln am nationalen Konsens
Eigentlich sei Trumps Ansinnen ein Angriff auf ein etabliertes Recht, das erfunden worden sei, um gegen die Gesetzgebung der Sklaverei-Zeit anzugehen.
"Im Grunde rüttelt er an einem nationalen Konsens."
Die USA verstünden sich den 1920er-Jahren auch nicht mehr als klassisches Einwanderungsland, meinte Michael Hochgeschwender. Darum sei der prinzipielle Wunsch einer Verfassungsänderung nicht das Problem. Schwierig sei die Herangehensweise Trumps dies zu erreichen. Er nehme mit seiner angekündigten "Executive Order" eine beispiellose Ausweitung der Macht des amerikanischen Präsidenten zu Lasten der Verfassung und der Gesetzgebung vor.
Verfassungsänderung unwahrscheinlich
Unter den Verfassungsrecht-Experten in den USA herrsche allerdings die Meinung, dass ein präsidialer Erlass nicht ausreiche, um Teile der Verfassung zu ändern.
"Ich kann mir keinen Verfassungsrichter vorstellen, der den amerikanischen Präsidenten und seine 'Executive Order' über einen Artikel der amerikanischen Verfassung stellt. Dann wäre wirklich der Supreme Court am Ende."