US-Sanktionen gegen Iran

Gute Geschäfte, über die man nicht spricht

Ein Symbolbild zeigt erodierende Flaggen Irans und Deutschlands mit abwärts gerichtetem Dislike-Daumen mit einer Flagge der USA.
US-Sanktionen erschweren Firmen in Deutschland und im Iran das Geschäft - hauptsächlich beim Geldtransfer. © imago / Ralph Peters
Von Nora Bauer |
Von Anlagenbau bis Medizintechnik: Die deutsch-iranischen Geschäfte laufen gut. Allerdings ist die Bezahlung zum Problem geworden. Weil Banken wegen der US-Sanktionen Überweisungen nicht mehr abwickeln, ist Kreativität gefragt, berichtet Nora Bauer.
"Im Iran werden alte Peugeot-Modelle oder alte Hyundai-Modelle gebaut, die dann nicht nur im Iran gefahren werden, die werden dann auch exportiert in Länder wie Tadschikistan oder Turkmenistan. Die Leute wollen ja auch günstige Autos haben, und die werden sich sicher kein Auto kaufen wollen, was hier irgendwo in Sindelfingen oder in München gebaut worden ist."
Peter Huber ist Prokurist der mittelständischen Firma Chi-Teck mit Sitz im süddeutschen Nördlingen. Chi-Teck ist ein Automobil-Zulieferer für Elektronik. Die Produktion wird in Kambodscha gefertigt. In Nördlingen ist nur die Buchhaltung. Vier bis fünf Millionen Euro Umsatz bringt das Iran-Geschäft jährlich.
"Die Iraner haben schnell Teile gebraucht. Unsicherheit war da, geht das Geld noch ein auf die Bank in Deutschland. Und dann kam man auf die Idee: Da fliegt jetzt einer mal nach Asien, nimmt sich die Ware gleich mit im Koffer und zahlt die gleich."

Geldtransfer als größtes Problem

Das größte Problem für Peter Huber und seine Kollegen im deutschen Mittelstand mit Iran-Geschäft: der Transfer von Geld in den und aus dem Iran.
"Da ist der Iraner, der hatte dann 50.000 US-Dollar in seinem Köfferchen, nach Asien geflogen zur Produktion und hat gesagt: Ich nehme Teile mit, hier kriegst du Geld. So, dann haben aber die Leute in Asien Angst bekommen. Das Geld wollte man nicht annehmen, weil sie auch nicht wussten, wie sie das steuerrechtlich verbuchen. Dann kommen – auch in Asien – irgendwelche Institutionen, die dann sagen: Ja, hier, das ist Geldwäsche oder sonst irgendwas, was habt ihr da gemacht?"
Und deshalb gab es für die Firma erst mal nur einen Weg:
"Das Geld ging wieder zurück. Üblicher Ablauf normal: Iranische Bank macht eine Überweisung. Es läuft zuerst zu der iranischen Melli Bank in Hamburg, und die überweist das dann weiter zu unserer lokalen Bank. So war der Ablauf bis zum 30.6. Und seit 30.6. hat unsere Bank gesagt, nehmen sie nichts mehr an, und sie können auch nicht sagen, wann sie es wieder aufnehmen."

Die Firma will unerkannt bleiben

Peter Huber heißt nicht Peter Huber, die Firma, für die er tätig ist, heißt nicht Chi-Teck und ist auch nicht in Nördlingen beheimatet. Das ist nur ein Cover. Die Geschäftsleitung möchte nicht unbedingt, dass die Konkurrenz oder andere Kunden, oder sogar die Kunden der Kunden, wie zum Beispiel BMW oder Mercedes oder sogar General Motors in den USA, erfahren, dass man noch in den Iran verkauft. Alles andere in unserer Geschichte entspricht aber den Tatsachen.
"Ja, ja, das Geschäft hat bestimmt vier, fünf Jahre lang funktioniert. Und würde so einfach funktionieren, wenn die Banken nicht Angst hätten, dass irgendwas hier passieren könnte: Selbst lokalere Banken, solche Sparkassen, Volksbanken, die eher offener sind. Mit einer deutschen Bank, die USA-Geschäft macht, kann man das nicht machen."
So kam kurzfristig die Idee mit dem Geldköfferchen ins Spiel.
"Die Frage ist ja: Wie komme ich zum Geld. Ich verkauf die Teile, stelle meine Rechnung, so. Wie kommt das Geld dann zu mir?"
Im Januar 2016 trat der multilaterale Atom-Vertrag mit Iran in Kraft. Schon vier Monate später reiste der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit deutschen Wirtschaftsvertretern in den Iran. Gemeinsam mit dem iranischen Wirtschafts- und Finanzminister Tayebnia wurden Projekte identifiziert, die für den Iran wichtig waren und in denen die deutsche Wirtschaft stark ist: Maschinen- und Anlagenbau zum Beispiel, aber auch Automobilindustrie oder Medizintechnik, Petrochemie oder Energiewirtschaft.

Banken machen Schwierigkeiten bei den Zahlungen

Die deutschen Firmen investierten und sorgten für einen regelrechten Boom. Laut Deutsch-Iranischer Handelskammer stieg das Handelsvolumen seit 2016 um mehr als 25 Prozent.
"Unser großes Problem sind die Banken, nicht die Kunden. Viele von solchen Kunden wollen und arbeiten auch mit Iran. Aber wenn an die Zahlungen kommt, dann fangen Banken an, zu Schwierigkeiten machen."
Blick auf die Filiale der Bank Melli Iran in Hamburg
Filiale der Bank Melli in Hamburg: Die Abwicklung des Außenhandels mit dem Iran ist ihr Kerngeschäft.© imago stock&people
Mehran Dehghan leitet seit 2002 die Filiale der iranischen Handels-Bank Melli in Hamburg. Ramona Schneider leitet hier die Abteilung Kontoführung und Compliance.
"Es gibt Regelwerke, die einzuhalten sind. Die deutsche Kredit-Wirtschaft hat diese Regelwerke gezeichnet, das heißt, jede Bank, die daran teilnimmt, ist diesem Regelwerk verpflichtet. Dieses Regelwerk wird komplett außer Kraft gesetzt und ignoriert, dadurch dass eben Zahlungen mit Iran-Bezug nicht angenommen werden. Also es ist eine Art Gesetzes-Verstoß, der einfach stattfindet. Und da muss die Lösung dann von der Politik kommen."

Europäer fordern von den USA eine Ausnahmeregelung

Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Europäische Union haben die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in einem gemeinsamen Brief dazu aufgefordert, europäische Unternehmen von den Sanktionen gegen den Iran auszunehmen. Die EU-Verordnung vom 7. August stellt zudem sicher, dass die Wirtschaftsakteure nicht gezwungen werden, sich oder ihr Geschäft den Sanktionen mit exterritorialer Wirkung zu unterwerfen, die man in Brüssel für völkerrechtswidrig hält.
Rainer Breul, Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte dazu auf der Bundespressekonferenz – Zitat: "Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, Iran nicht erneut vom internationalen Netzwerk der Banken SWIFT abzukoppeln. Ohne Finanzströme kann man nicht handeln. Die Verhandlungen darüber laufen. Aber das Problem ist offensichtlich, und das Problem wird angegangen."

Auf der Suche nach Varianten mit Bargeld

"Aktuell gibt es Überlegungen: Wir haben aktuell zwei Konten bei lokalen Banken hier, wo ich dann gefragt habe, kann ich das machen: Iraner fliegt hierher und hat Euro im Köfferchen. Ich fahr hin zur Bank, gebe den Koffer am Schalter hin. Und sie prüfen gleich, ob das Geld echt ist, und verbuchen es dann. Die eine Bank hat gesagt: Nein, es ist ja immer noch Iran-Geschäft, können wir nicht machen. Die andere Bank hat gesagt: Hm, wenn Sie uns nicht sagen, dass es Iran-Geschäft ist, und wenn Sie das steuerlich irgendwie hinkriegen. ... Das ist so eine Variante, die ich relativ spannend fände und die man jetzt auch noch nicht ganz ausgeschlossen hat."
Eine offizielle Antwort aus Berlin über Alternativen zum SWIFT System gibt es bisher nicht. Natürlich könnte auch die iranische Regierung etwas tun, um die Geschäfte trotz der amerikanischen Sanktionspolitik offen zu halten: Ein iranischer Kapitalmarkt nach europäischen Compliance-Richtlinien würde Iranern erlauben, Konten in der EU zu unterhalten. Eine Voraussetzung dafür wäre, dass der Iran das internationale Financial Action Task Force-Regelwerk zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung umsetzt.
Schon 2016 verpflichtete sich der Iran auf einen Aktionsplan zur Behebung der gröbsten Defizite und erhielt ein Upgrade auf der schwarzen Sanktionsliste der FATF. Aktuell soll der Wächterrat als letzte Instanz ein entsprechendes Gesetz verabschiedet und ein neues Anti-Korruptionsgericht eingerichtet haben. Es bleibt abzuwarten, ob noch weitere Schritte folgen. Das kommenden FATF Plenum im Oktober soll das prüfen, wie das Bundesfinanzministerium per E-Mail mitteilte.

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