Die Stunde der Populisten
Versponnen sind die Rezepte Donald Trumps zum Umgang mit illegaler Einwanderung. Und er ist trotzdem populär. Sein linkes Äquivalent, Bernie Sanders, macht kühne Versprechen in Sachen großflächiger Umverteilung. Und der macht damit Hillary Clinton starke Konkurrenz.
Die meisten Wähler sind unzufrieden. 87 Prozent derjenigen, die sich als Republikaner identifizieren, sind nicht einverstanden mit der Richtung, die das Land nimmt. Aber auch bei den Demokraten ist das Unbehagen groß: Dort sind es immerhin 54 Prozent, die sagen: Die USA seien nicht in der richtigen Spur – so eine Reuters Umfrage in der letzten Woche.
Die Schlagzeilen beherrscht der Milliardär Donald Trump. Immer neue Provokationen sicherten ihm immer neue mediale Aufmerksamkeit und entzogen seiner Konkurrenz die Luft zum Atmen. Seine Ausfälle gegen Minderheiten, Muslime, und Frauen werden von seinen Anhängern als Klartext interpretiert, so diese Wählerin in Iowa.
"Ich traue mich ja gar nicht zu sagen, was ich wirklich denke, weil das ja nicht politisch korrekt ist. Aber ich denke, wir sollten wieder zurückkehren zu unseren ehemaligen Werten."
Das Unbehagen an kulturellem Wandel ist auf den Kundgebungen Trumps und auch auf denen seines nächsten Konkurrenten, des Tea-Party-Senators Ted Cruz, mit Händen zu greifen. Die Anhänger Trumps sind in der Regel weiße Bürger der unteren Mittelschicht, meist ohne einen College-Abschluss. Sie haben am meisten unter der großen Wirtschafts- und Finanzkrise gelitten, ihre Reallöhne sind seit 15 Jahren nicht gestiegen, und sie machen dafür Immigranten und von den politischen Eliten vorangetriebene internationale Handelsverträge verantwortlich.
Trumps Hetze gegen Einwanderer kommt an
Die Themen, die Trump-Anhänger mehrheitlich als größte Probleme nennen, sind Immigration und Terrorismus, wie zum Beispiel diese Rentnerin in Iowa. Sie findet den Plan Trumps, muslimische Bürger in den USA registrieren zu lassen, völlig normal.
"Was ist schon dabei, auf einer Liste zu stehen? Wer sich nichts zu Schulden kommen lässt, hat auch nichts zu befürchten. 999 von Ihnen können gute Leute sein, es braucht aber nur einen, um uns in die Luft zu sprengen. Die Zeiten haben sich geändert, diese liberale Haltung zur Einwanderung ist einfach gefährlich."
Dass die Flüchtlinge, die in die USA kommen, die am meisten überprüfte Personengruppe darstellen, wird nicht zur Kenntnis genommen. Sehr wohl wird damit jedoch Politik gemacht: über 20 Gouverneure haben bereits erklärt, dass sie keinesfalls syrische Flüchtlinge in ihren Bundesstaaten aufnehmen wollen.
Das Gefühl, einer überwältigenden Einwanderungswelle ausgesetzt zu sein, ist weit verbreitet auf dem Tea-Party-Flügel der Republikanischen Partei. Dass die Rezepte Donald Trumps zum Umgang mit illegaler Einwanderung durch die Bank unrealistisch bis völlig versponnen sind, tut seiner Popularität keinen Abbruch. Und dass die Nettoeinwanderung in die USA wegen der guten wirtschaftlichen Lage in Mexiko rückläufig ist, wird bei der Immigrationsdebatte oft ausgeblendet.
Was Trump meisterhaft beherrscht, ist es, die mediale Aufmerksamkeit zu erheischen. Wer auf eine Trump-Kundgebung geht, der weiß den Entertainment-Faktor zu schätzen, so wie dieser Schüler.
"Wir 18-Jährigen wollen Action sehen. Und Trump bedient das: Er geht zum Beispiel nicht auf eine Fernsehdebatte, wenn ihm das nicht passt."
Clinton hält Sanders Versprechen für nicht durchsetzbar
Trump hatte in der vergangenen Woche die TV-Debatte der Republikaner geschnitten, weil ihm die Fox-Moderatorin zuvor frauenfeindliche Bemerkungen vorgehalten hatte.
Das linke Äquivalent zu Trump ist Bernie Sanders, Senator aus Vermont und bekennender demokratischer Sozialist. Die Kandidatin des Mitte-Links-Pragmatismus, Hillary Clinton, hat in ihm einen unerwartet starken Konkurrenten bekommen. Sanders ist ein Linkspopulist, der einer großflächigen Umverteilung das Wort redet. Versprechungen, die Hillary Clinton für nicht durchsetzbar hält.
"Man wirft mir oft vor, zu gemäßigt zu sein, zu sehr in der politischen Mitte. Dazu bekenne ich mich auch. Um politisch etwas bewegen zu können, muss man Menschen zusammenbringen, anstatt sich von den Seitenlinien aus anzuschreien."
Den letzten Umfragen zufolge liegt Hillary Clinton in Iowa vorne. Doch diese Umfragen sind notorisch unzuverlässig, weil unklar ist, wer tatsächlich an dem umständlichen Wahlverfahren teilnimmt. Iowa ist erst der Beginn – es kann unter Umständen noch Monate dauern, bis klar ist, wer die Kandidaten für das amerikanische Präsidentenamt sein werden.