Abrechnung mit Obamas Afghanistan-Politik
Ein neues Buch sorgt für Aufregung in Washington: Der frühere US-Verteidigungsminister Robert Gates erhebt darin schwere Vorwürfe gegen die Verteidigungspolitik von Präsident Obama.
"Es ist unbestritten einer der Männer, die großen Respekt für ihre Leistung in Washington verdienen. Er ist nicht irgendein Staatsdiener. Aber ich bin überrascht über die Offenheit seines Buches."
Das sagt John McCain, ehemaliger republikanischer Präsidentschaftskandidat und Parteifreund von Robert Gates. Dessen Buch "Pflichterfüllung – die Erinnerungen eines Ministers im Krieg" schlägt hohe Wellen im politischen Washington, obwohl es noch gar nicht erschienen ist. Gates kritisiert darin ungefiltert die Verteidigungspolitik seines ehemaligen Chefs und dessen Stabs, vor allem in Afghanistan. Mit deutlichen Worten - wie dieses Zitat zeigt:
"Ich dachte, der Präsident traut seinen Kommandeuren nicht, kann Karsai nicht leiden und sieht den Krieg nicht als den seinen an. Für ihn geht es nur darum, heraus zu kommen."
Obamas Misstrauen gegenüber dem Militär
Mühsam, so Robert Gates, habe er gegen den Willen von Obamas Berater den Präsident davonüberzeugen müssen, 2009 zusätzliche 30.000 Truppen nach Afghanistan zu schicken, um dann den Abzug zu organisieren. Dieser sogenannte "surge", also die Truppenaufstockung, geleitet vom später in Misskredit gefallenen General Petraeus, gilt als Wendepunkt in der amerikanischen Afghanistan-Politik, die allerdings auch viel Kritik vor allem unter Demokraten fand.
Ungewöhnlich jedoch ist das harsche Urteil, das der ehemalige Verteidigungsminister gegenüber einem noch im Amt befindlichen Präsidenten fällt. Und die Offenheit, mit der er Obamas Misstrauen gegenüber dem Militär kritisiert. Eine Kritik, die der heute pensionierte General James Marks, damals im Irak stationiert, teilt.
"Das war ein wirkliches Problem. Dass er den Kommandeuren misstraut hat, die er eingesetzt hat. Offen gegenüber seinen Beratern, das war nicht richtig."
Harte Kritik auch an Vize-Präsident Joe Biden
Klare Äußerungen wie diese gegenüber dem "Commander in Chief", also dem Präsidenten, sind eher ungewöhnlich unter Militärs. Aber auch der ehemalige General und jetzige Senator John McCain nutzte die Chance, um mit Obama abzurechnen. Die Afghanistan-Politik des Präsidenten sei ein Desaster.
"Er hat mit Karsai seit letzten Juni nicht gesprochen. Und wir werden mit dem Abzug in Afghanistan das gleiche erleben wie jetzt im Irak."
Kein gutes Haar lässt Buchautor Robert Gates auch an Obamas engem Vertrauten, Vize-Präsident Joe Biden. Dieser habe in allen Entscheidungen falsch gelegen. Eine Äußerung, die das Weiße Haus – und auch das ist ungewöhnlich – zu einer prompten Antwort zwang: Der Präsident vertraue seinem "engsten Berater" und halte ihn für einen der "herausragenden Politiker seiner Zeit".
Unterdessen schürt das Buch des ehemaligen Verteidigungsministers auch die anhaltende Debatte um die amerikanischen Unterstützung für die irakische Regierung im Kampf gegen islamische Terrorgruppen. Zwar haben die USA Waffenlieferungen wie Drohnen und Hellfire-Raketen zugesagt - für Senator John McCain ist das aber zu wenig.
"Ich möchte gerne mehr Unterstützung sehen, mehr logistische Unterstützung, mehr Spezialkräfte. Alles das, was sie nicht haben."