Trump-Anhänger in Pennsylvania
Unterstützer von Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Kandidaten für das Amt des Gouverneurs, Doug Mastriano, im Scranton-Vorort Peckville. © IMAGO / ZUMA Wire / Aimee Dilger
Republikaner im Aufwind
23:37 Minuten
US-Präsident Joe Biden wurde 1942 in Pennsylvania geboren. Ein schon damals tief gespaltener Bundesstaat. Der Westen geprägt von Stahlindustrie und Bergbau, der Osten eher ländlich. Nun scheinen die Republikaner bei den Midterms wieder vorn zu sein.
Neben dieser Kirche, der Saint Paul Church in Scranton, ist Joe Biden in die Schule gegangen. Der Präsident ist in Scranton geboren, hat hier die ersten zehn Lebensjahre verbracht, kommt immer wieder zurück.
Im Café um die Ecke sagen die meisten Gäste offen, dass sie Bidens Demokraten wählen. Doch Richard Goldenziel fürchtet die Zwischenwahlen am 8. November. Vor allem wegen des Themas Inflation. „Die Wirtschaftslage ist nicht gut, deshalb könnten die Republikaner bei den Midterms besser als erwartet abschneiden und das macht mir Angst.“
Der prominenteste Gast im Café ist Jimmy Connors. Er war zwölf Jahre lang Bürgermeister von Scranton, ist mit Joe Biden befreundet, hat ihn bei Besuchen häufig unter vier Augen gesprochen.
„Benzin, Lebensmittel – ja, die Preise sind hoch. Aber das ist doch nicht Joe Bidens schuld. Die Inflation ist ein weltweites Problem. Eigentlich sollte es bei diesen Wahlen nicht um Inflation gehen. Es sollte um die Rechte von Frauen gehen, was der Supreme Court mit seinem Abtreibungsurteil angerichtet hat. Und um Demokratie sollte es gehen. Donald Trump und die Republikaner stehen am Ende für Autokratie – das ist doch nicht richtig!“
Trump-Anhäger wollen ihn zurück
Man braucht nicht weit zu fahren, um die zu treffen, die Jimmy Connors anklagt: Republikaner, Anhänger von Donald Trump. Scranton selbst ist mehrheitlich in demokratischer Hand, doch schon im Vorort Peckville sieht es anders aus. Kathleen und Vince, die nur ihre Vornamen nennen wollen, wählen republikanisch.
„Wenn wir in den Lebensmittelladen gehen, wenn wir den Tank mit Benzin auffüllen, müssen wir jeden Penny zählen. Der Preis für Eier zum Beispiel – der hat sich verdreifacht. Keiner weiß, was nächste Woche passiert.“
In Peckville tritt am Abend der Republikaner auf, der Gouverneur von Pennsylvania werden will, vergleichbar mit dem Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslands. In 36 der 50 US-Bundesstaaten stehen bei diesen Midterms nicht nur alle Abgeordneten für das Repräsentantenhaus in Washington und ein Teil der Sitze im US-Senat zur Wahl, sondern auch die wichtigen Gouverneursposten. In Pennsylvania fordert der Republikaner Doug Mastriano den demokratischen Amtsinhaber Josh Shapiro heraus.
“Vote for Doug”, ruft das Publikum im Konferenzzentrum von Peckville. Auch Kristine, Mutter von vier Kindern. Sie ist hier, weil Mastriano von Trump unterstützt wird und sie Donald Trump „liebt“, wie sie sagt. „Er hat unser Land stark gemacht, wir waren vereint, unsere Kinder waren sicher in der Schule und wir hatten mehr Geld in der Tasche unter Trump. Ich kann es nicht erwarten, ihn zurückzubekommen.“
Republikaner will "vom ersten Tag an" Fracking
Doch erst mal geht es um Mastriano, früher als Oberst der US-Armee in zahlreichen Auslandseinsätzen, jetzt im Senat von Pennsylvania. Seine Wahlkampfreden klingen stets ähnlich: „Vom ersten Tag an werden wir nach Öl und Gas bohren, als gäbe es kein Morgen“, so ein Standardsatz. Gemeint ist Fracking, das in Pennsylvania viele Arbeitsplätze sichert.
„Vom ersten Tag an werden wir kein Zufluchtsort mehr sein für illegale Einwanderer. Und vom ersten Tag an wird es keinerlei Maskenpflicht oder Covid-Impfaufforderung mehr geben. Wir werden uns als freie Menschen bewegen wie nie zuvor.“
Candice und Stephen Marr sind nach der Mastriano-Rede in Peckville begeistert: „Seine Werte sind so, wie ich erzogen wurde“, sagt sie und spricht von „Erlösung“, von „Gut gegen Böse“.
Christopher Borick, Politikwissenschaftler am Muhlenberg College in Allentown sagt: Mastriano ist inhaltlich wie Trump, nur eine Umdrehung weiter: „Wir könnten es als christlichen Nationalismus definieren, er webt christliche Symbolik und Sprache in seine Wahl-Appelle, ist einer jener Politiker, die für die nächste Ebene, Trump 2.0 stehen.“
Umstrittener Fernseh-Arzt kandidiert für den Senat
Auch Mehmet Oz hat seine Kandidatur Donald Trump zu verdanken. Bekannt geworden als Fernseh-Arzt Dr. Oz, hat er mit umstrittenen Heilmethoden und Heilmittel-Verkäufen viel Geld verdient. Jetzt kandidiert er für den Senat in Washington. Erst lag Oz in Umfragen weit zurück, doch seit sein demokratischer Gegenkandidat John Fetterman mit den Folgen eines Schlaganfalls kämpft, hat Oz aufgeholt.
„Ich kandidiere für den US-Senat, weil Washington mit extremen Positionen ständig alles falsch macht“, so Oz in der einzigen Fernsehdebatte mit seinem demokratischen Konkurrenten. Gleichzeitig versucht er, gewisse Distanz zu Donald Trump zu halten, Mehmet Oz spricht sogar von Gedankenaustausch zwischen Demokraten und Republikanern.
Robert Volpe, der in Allentown eine Bar betreibt, hat die TV-Debatte am Tresen verfolgt und meint, er möge Oz vor allem, weil er ein erfolgreicher Unternehmer sei.
Für den Politikwissenschaftler Christopher Borick punktet Oz vor allem durch eins: „Er ist eine Fernseh-Bekanntheit. Und Fernseh-Figuren wissen, wie man ein Publikum anspricht. Er saß sozusagen bei vielen im Wohnzimmer als Dr. Oz.“
"Wirtschaft ist die Grundlage von allem"
Wie die von Trump unterstützten Kandidaten abschneiden, wird auch Folgen für Trump selbst haben. Tritt er wieder an, bei der Präsidentschaftswahl 2024?
„Er wird jetzt nach den Zwischenwahlen sicher nur von den Kandidaten sprechen, die erfolgreich waren und sagen, seht her, sie haben gewonnen, weil ich sie unterstützt habe. Die, die verloren haben, wird Trump nicht erwähnen. Aber wenn zu viele Trump-Kandidaten verlieren, wird bei anderen Republikanern schon die Frage lauter werden, ob Trump eher eine Last ist: Ob die Partei alles erreichen kann, was Trump will - ohne Trump“, sagt Christopher Borick.
Candice und Stephen Marr wünschen sich eine erneute Präsidentschaftskandidatur von Trump – und sie glauben an den Erfolg der Republikaner bei diesen Midterms. Vor allem wegen der schwierigen Wirtschaftslage und der hohen Inflation unter Präsident Joe Biden.
„Die Wirtschaft ist die Grundlage von allem. Inflation bedeutet für die Leute, auch für uns beide zum Beispiel, dass wir später als geplant in Rente gehen können. Das Ersparte ist nichts mehr wert“, sagt Stephen.
„Wenn ich die älteren Menschen im Supermarkt sehe, haben sie oft nur noch ein, zwei oder vielleicht drei Sachen im Einkaufswagen. Das ist eine Schande, wirklich eine Schande“, meint Candice. „Und der Benzinpreis – will die Regierung, dass wir uns nicht mehr bewegen, zu Hause bleiben? Ich weiß nicht, was sie wollen.“
"Die Leute stimmen mit dem Geldbeutel ab"
Sind wirklich Präsident Biden und die Demokraten schuld an der Inflation, am Benzinpreis? Wie sieht das ein Wirtschaftswissenschaftler? Bradley Barnhorst ist Professor an der DeSales University.
„Präsidenten werden viel zu viel für die Wirtschaftslage gelobt oder kritisiert, verantwortlich gemacht im positiven wie negativen Sinn. Ob sie Biden, Trump, Obama oder andere nehmen – Präsidenten sind grundsätzlich, was die Wirtschaft angeht, ziemlich die Hände gebunden. Beim Benzinpreis kommen viele Faktoren zusammen.“
Es mag also ungerecht sein, die Inflation allein Biden und den Demokraten anzulasten – aber die Stimmung ist nun mal so, seufzt der Student Alex Wagner. Er macht Straßenwahlkampf für die Demokraten in Allentown und sagt: „Am Ende stimmen die Leute großenteils mit dem Geldbeutel ab.“
Alex Wagner glaubt nicht, dass die Demokraten ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus halten können. Im Senat rechnet er mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Und obwohl er gleich wieder Sticker und Buttons für demokratische Kandidaten verteilt, gibt er zu: Mehr Energie ist im Wahlkampf-Schlussspurt bei den Republikanern zu spüren – „in dem sie Joe Biden an allen Fronten attackieren“.
Republikaner wohl vorn beim Abgeordnetenhaus
Auch Professor Christopher Borick schätzt die Lage aufgrund der jüngsten Umfragen so ein: Die Republikaner werden aller Voraussicht nach das Abgeordnetenhaus zurückgewinnen, das Rennen um die künftige Mehrheit im Senat ist offen. Das Rennen Oz gegen Fetterman in Pennsylvania könnte das Zünglein an der Waage sein.
Und was heißt das am Ende für Joe Biden und Donald Trump und die nächste Präsidentschaftswahl?
„Ich habe das Gefühl, dass keiner von beiden 2024 antreten wird", meint Professor Borick. "Beide sind um die 80 Jahre alt. Und die amerikanische Öffentlichkeit dürfte das in beiden Lagern skeptisch sehen. Natürlich haben beide Vorteile. Biden ist der amtierende Präsident, Trump ist Ex-Präsident, sie kontrollieren beide wichtige Ressourcen. Wenn sie unbedingt wollen, haben sie beide einen Vorsprung bei der Nominierung. Doch mein Gefühl ist, es werden jüngere antreten, auch wenn ich noch nicht sagen kann, wer. Wäre ich schockiert, wenn beide auf dem Wahlzettel stehen? Nein, wäre ich nicht. Aber mein Bauchgefühl ist, sie werden nicht die Kandidaten sein.“