USA

Obama wagt Alleingang bei der Einwanderung

US-Präsident Barack Obama vor der UNO-Vollversammlung.
US-Präsident Barack Obama © Peter Foley, dpa
Von Marcus Pindur |
Rund elf Millionen illegale Immigranten leben in den USA. Nach dem Willen von Barack Obama sollen viele von ihnen einen legalen Aufenthaltsstatus bekommen. Dafür will der Präsident nun den Kongress umgehen - die Republikaner reagieren mit massiver Kritik.
Er hatte es bereits kurz nach der Zwischenwahl angekündigt: Barack Obama will beim Thema illegaler Immigration den Kongress umgehen und durch präsidentielle Direktiven einschneidende Veränderungen vornehmen, wie er gestern über das soziale Netzwerk Facebook mitteilte.
"Alle sind sich einig, dass unser Einwanderungssystem nicht richtig funktioniert. Washington hat das Problem zu lange vernachlässigt. Ich werde darlegen, was ich im Rahmen meiner rechtmäßigen Kompetenzen tun kann, um das System zu verbessern."
Er werde natürlich auch mit dem Kongress zusammenarbeiten, um ein umfassendes überparteiliches Reformgesetz zustande zu bringen, fügte der Präsident hinzu. Zur besten Sendezeit, um 20 Uhr Ortszeit will Obama im Fernsehen auftreten und die Einzelheiten verkünden.
Aus amerikanischen Medien war zu hören, dass die Pläne des Weißen Hauses vorsehen, undokumentierten Eltern legaler Immigranten ein Aufenthaltsrecht zu verleihen und die Zahl der Arbeitserlaubnisse zu erhöhen. Das könnte zwischen drei und vier Millionen Menschen betreffen. Insgesamt wird die Zahl illegaler Immigranten in den USA auf 11 Millionen geschätzt.
Obama legt bei den Republikanern den Finger auf die Wunde
Aus dem Büro des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses, John Boehner, hieß es, der Präsident verhalte sich wie ein Kaiser und ignoriere den Wählerwillen. John Boehner hatte Obama davor gewarnt, in der Immigrationspolitik ohne den Kongress vorzugehen.
"Dies ist nicht die richtige Art, zu regieren. Das amerikanische Volk hat am Wahltag gesagt, dass es dies nicht will. Jetzt sind alle Optionen auf dem Tisch. Wir werden uns mit Zähnen und Klauen dagegen wehren."
Doch viele Optionen haben die Republikaner nicht. Sie könnten das Thema in den Haushaltsstreit ziehen und Obama die Mittel für seine Immigrationspolitik streichen. Doch damit würden sie erneut die Gefahr einer Haushaltsblockade und eines sogenannten government shutdown beschwören. Dies hatte aber der designierte republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, ausgeschlossen.
Der Senat hatte im vergangenen Jahr einen Kompromiss in der Immigrationspolitik gefunden. Dieser war aber am Widerstand des rechten Flügels der Republikaner im Repräsentantenhaus gescheitert. Was die Republikaner zusätzlich erbost, ist die Tatsache, dass Obama mit seinem Alleingang den Finger auf eine Wunde innerhalb der republikanischen Partei legt. Sie ist in der Frage der Immigrationspolitik gespalten. Viele gemäßigte Republikaner wollen einen Kompromiss, doch die Hardliner der Tea Party lehnen jedes Entgegenkommen ab. Deshalb habe der Präsident quasi eine Pflicht zu handeln, so der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest.
Der Präsident wende lediglich seine Befugnisse weitest möglich an, um das Problem zu lösen, das sei es schließlich, was das amerikanische Volk erwarte.
Doch so einfach ist es nicht. Das Ganze hat eine verfassungsrechtliche Komponente. Der Präsident kann nur im Rahmen bestehender Gesetze neue Direktiven erlassen. Doch das Weiße Haus argumentiert, dass es gerade in der Immigrationsfrage eine ganze Reihe von Präzedenzfällen gebe, in denen auch republikanische Präsidenten angesichts der humanitären Lage der illegalen Einwanderer ohne den Kongress gehandelt hätten.
So haben etwa Ronald Reagan und George Bush der Ältere Millionen von undokumentierten Einwanderern per Dekret einen Aufenthaltsstatus verliehen. Dass dieser Hinweis die ans Hysterische grenzende Kritik vieler Republikaner eindämmt, ist allerdings angesichts der polarisierten Lage in Washington nicht zu erwarten.