USA vor Wahlen

Pioniere des Westens am Scheideweg

Die fünf amerikanischen Kandidaten zur Präsidentschafts-Vorwahl, Trump und Clinton.
Die amerikanischen Kandidaten zur Präsidentschafts-Vorwahl, Trump und Clinton. © DSK / AFP
Von Hans Christoph Buch |
In den USA bahnte sich eine veritable Revolution an, meint der Schriftsteller Hans Christoph Buch. Um die Nachfolge des ersten schwarzen Präsidenten Obama wird die politisch erfahrene Hillary Clinton gegen den alternden Wutbürger Donald Trump ins Rennen gehen.
Barack Obama und Donald Trump haben nichts miteinander gemein. Im Gegenteil, von der Körpersprache bis zum politischen Stil scheinen Welten sie zu trennen.
Der eine ist ein prinzipienloser Populist, der so schrill, so vulgär wie möglich provoziert, um Amerikas Wutbürger zu mobilisieren, deklassierte Weiße, die sich verraten und verkauft fühlen, für Argumente aber nicht zugänglich sind.
Der noch amtierende Präsident hingegen hält sich zurück bis zur Selbstverleugnung, stets bemüht, seine Würde zu wahren. Er vertritt den Wertekanon der Demokratie mit sportlicher Fairness, Eloquenz und Eleganz.

Trump und Obama wurden zu unverwechselbaren Antipoden

Trump und Obama sind Antipoden, unverwechselbar und unverträglich wie Feuer und Wasser. Der eine bewundert Wladimir Putin, der andere Martin Luther King. Doch haben sie etwas gemein, was auf den ersten Blick kaum glaubhaft scheint: Beider Vorfahren stammen aus Rheinland-Pfalz.
Christian Gutknecht, ein Urahne von Barack Obama, floh 1749 vor den Wirren des österreichischen Erbfolgekriegs und ließ sich in Germantown nieder, einer Vorstadt von Philadelphia. Obamas kenianische Wurzeln sind bekannt, aber dass seine Mutter die Urururenkelin eines Deutschen war, wissen nur wenige.
Donald Trump hingegen wettert wortreich gegen illegale Einwanderer. Er erwähnt aber nicht, dass sein Großvater 1885 aus Kallstadt in Rheinland-Pfalz auswanderte und während des Goldrauschs in Alaska ein Bordell betrieb.
Doch als Friedrich Trump vermögend zurückkehrte, wies ihn das Königreich Bayern wieder aus, weil er keinen Wehrdienst geleistet und illegal Deutschland verlassen hatte. Mithin widerfuhr dem Großvater hierzulande das, was der Enkel mit den Moslems in den USA zu tun beabsichtigt.

Clinton vertritt das Washingtoner Establishment

Gegen beide ist Hillary Clinton angetreten. Gegen Obama einst in den Vorwahlen der Demokraten, bevor sie dessen Kabinettsmitglied wurde, und heute gegen den Republikaner Trump, der früher mal als Immobilienhai den Demokraten Geld spendete. Während sie ihre Politikkarriere als Fan des konservativen Republikaners Goldwater begann.
Mittlerweile vertritt sie als erfahrene Politikerin das Washingtoner Establishment. Sie war Abgeordnete, Senatorin und Außenministerin, nicht bloß First Lady. Und doch wuchs sie – zäh und professionell – über sich selbst hinaus, als der Seitensprung ihres Mannes sie zum Gespött der Nation zu machen drohte. Seither sind Hillarys Leben und Arbeit immer wieder kritisch durchleuchtet, ihre Fehler zu Schlagzeilen gemacht worden.

Demokraten und Republikaner tauschen die politischen Rollen

Obama, Clinton versus Trump. Diese Namen stehen nicht nur für Profile von Politikern, für Volten des Zeitgeistes, sondern für einen radikalen Rollentausch der Parteien.
Die Republikaner, einst die Partei Abraham Lincolns, stoßen Schwarze und Latinos vor den Kopf, ganz zu schweigen von Moslems. Während die Demokraten, früher eine Männerbastion, wo Frauen Kaffee kochten und Stimmzettel zählten, sich anschicken nach einem Schwarzen eine Frau ins Weiße Haus zu entsenden.
Was seit Margaret Thatcher und Angela Merkel in Europa selbstverständlich ist, würde für die USA eine veritable Revolution bedeuten.

Hans Christoph Buch lebt in Berlin. Sein neuer Roman "Elf Arten, das Eis zu brechen" erschien kürzlich in der Frankfurter Verlagsanstalt.




Der Schriftsteller Hans Christoph Buch
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