Uschi Brüning, Krista Maria Schädlich: "So wie ich"
Ullsteinverlag, 2019
288 Seiten, 20,00 Euro
Vom Leipziger Schatten ins Licht der Bühne
09:59 Minuten
Endlich sei die Zeit reif gewesen für Sängerin Uschi Brüning, um ihre Autobiografie „So wie ich“ zu schreiben. Aufwühlend sei das gewesen, und sie erzählt von Kräften, die aus dem wenig selbstbewussten Kind eine Musik-Powerfrau machten.
Uschi Brüning, die große Jazz- und Soulsängerin, berichtet in ihrer Autobiographie von ihrem Leben als Musikerin in der DDR, den ersten Konzerten und den Weggefährten. Im Deutschlandfunk Kultur schaut sie vor ihrer Buchpräsentation in Berlin vorbei.
Manfred hat auch gedrängelt
Es war auch ihr langjähriger Bühnenpartner Manfred Krug, der sie immer wieder animierte, ihre Erfahrungen aufzuschreiben. Immer, wenn er neben ihr sitzend Autogramme in seine Bücher setzte, fing er an, Uschi Brüning aufs Neue zu behelligen. "Er sagte immer: 'Schreib doch mal, Du hast doch eine gute Schreibe!'"
Dann kamen Kontakte zu Lektorinnen ins Spiel und der Ullsteinverlag zeigte Interesse. "Es gab keinen direkten Anschub, aber die Umstände haben sich einfach ergeben." Nun hält sie ihr Buch mit ihrem Schwarz-Weiß-Porträt aus den 70er-Jahren in den Händen.
Harte Jahre im frühen Alter
Die Biographie beschönigt die frühen Jahre nicht. Es waren harte Jahre im Nachkriegs-Leipzig, Momente der Einsamkeit im Heim, die Armut und vieles mehr. Uschi Brüning bestätigt, dass es keine einfache Aufgabe war, sich all dem zu stellen. Das habe sie alles geprägt, auch wenn es keine schöne Zeit war. "Aber es gab sie und sie hat mich nicht kaputt gemacht." Vielleicht liege auch genau darin das Geheimnis ihrer inneren Power. Den Kindheitstraum, Sängerin zu werden, erfüllt sie sich in einem Staat, der wenig auf Selbstbewusstsein seiner Jugend setzt.
Sie zeigt es allen
Immer wieder wird ihr bestätigt, sie sei stark, sie würde alles schaffen. Uschi Brüning sinniert: "Das kommt vielleicht aus solchen Umständen, in denen man sich positioniert muss, wenn kein Elternteil da ist, wenn man immer Sehnsucht hat." Da kämen womöglich Kräfte in Bewegung, die im Geheimen schlummerten.
Woher sie welche Kraft gewonnen hätte, das könne sie nicht ergründen. "Geben sie diese Frage an einen Psychologen weiter", sagt sie und lacht.
Blick auf Mode der DDR
Brüning erzählt in Ihrem Buch ein Stück deutscher Jazz-Geschichte, aber auch ostdeutscher Sozialgeschichte. In Teilen sogar beleuchtet sie Momente der Modegeschichte, wenn sie sich akribisch daran erinnert, welche Bluse oder schickes Oberteil sie wo erstanden hatte. Brüning findet eine ganz einfache Begründung für diese Spotlichter: "Ich bin nie zufrieden mit meiner Figur gewesen. Im Moment übrigens auch nicht. Immer haderte ich irgendwie. Da tritt dann die Kleidung in den Mittelpunkt. Ständig denkt man darüber nach." Schließlich stand sie ja oft im Mittelpunkt der Abendveranstaltungen.
Dünne Stasi-Akte
Nach der Wende habe sie und ihr Mann, Ernst-Ludwig Petrowsky, sofort Einblick in ihre Stasiakten beantragt. Zur großen Verwunderung musste sie feststellen, dass diese "erschütternd dünn" ausfiel, wie sie sagt. Sie war davon ausgegangen, mehr zu lesen, da sie sich mitten im brisanten Umfeld von Biermann bewegte.
Einige Episoden zitiert sie aus der Akte, wobei auch viel "Krümelkram" darin notiert war. "Die Leute haben die Stasi mit Nichtigkeiten gefüttert, um sie zu beschäftigen."
Jazzer in der DDR
Die Jazzmusiker hätten so etwas wie Narrenfreiheit genossen, schreibt Uschi Brüning. Und stellt dem aber Episoden gegenüber, die zeigen, dass die jungen Musiker ganz und gar nicht als pflichtbewusste Bürger galten. Lange Haare eines Bandmitgliedes waren der Grund, in einem Restaurant nicht bedient zu werden. Stil-Lockerheit wirkte westlich und wurde argwöhnisch betrachtet. Die Musik der DDR-Jazz-Szene interessiert sie noch heute. Sie lerne gerade so viel Musik aus dieser Zeit kennen. "Das interessiert mich viel mehr als das Neue. Es sind eben meine Wurzeln!"