Umweltkrimi um Mini-Wale in Mexiko
Gerade einmal etwa 30 Vaquitas, kalifornische Schweinswale, gibt es noch. Zu häufig landen sie als Beifang in Netzen - und Schutzgebiete werden missachtet. Damit die Art nicht ausstirbt, sollen die Tiere in ein abgetrenntes Meeresgebiet gebracht werden.
Das Meer vor der Küste des verschlafenen mexikanischen Fischerörtchens San Felipe liegt friedlich da. Auf den Bänken der Strandpromenade sitzen ein paar Männer mit wettergegerbten Gesichtern, unterhalten sich und rauchen, während in stetigem Rhythmus die flachen Wellen an den Strand rollen. Die beschauliche Stimmung trügt allerdings. San Felipe ist Schauplatz eines Umweltkrimis – eines Konflikts zwischen Tierschützern und lokalen Fischern, an dem sogar die Mafia beteiligt sein soll.
Das so friedlich wirkende Meer ist gespickt mit illegalen Stellnetzen – tödlichen Fallen, in denen sich Meeressäugetiere und Schildkröten verfangen und ertrinken. Besonders dramatisch ist die Situation für die Vaquita, die kalifornischen Schweinswale, die nur hier am nördlichen Golf von Kalifornien im Nordwesten Mexikos existieren. Sie sind etwas kleiner und dunkler als Delphine, um die Augen und Lippen sind sie fast schwarz gefärbt. Die Vaquitas sind akut vom Aussterben bedroht, erklärt Dr. Lorenzo Rojas-Bracho vom Nationalen Institut für Ökologie und Klimawandel in Ensenada. Er beschäftigt sich seit 20 Jahren mit ihnen.
"Die Lage der Vaquita ist ziemlich traurig. Seit sie 1958 entdeckt wurden, geht die Population stetig zurück, weil der Fischfang am nördlichen Golf immer mehr zunahm. Sie verheddern sich in allen Arten von Netzen."
Besonders gefährlich seien Stellnetze, die mit Gewichten und Bojen wie eine Wand im Wasser hängen. Leider gehören sie auch zu den effizientesten Fischereimethoden. Über Jahre versuchten die Wissenschaftler, die mexikanische Regierung zu effektiven Schutzmaßnahmen zu bewegen, aber stießen lange Zeit auf taube Ohren. Die Interessen der Fischerei schienen wichtiger. Da Vaquita extrem scheu und selten zu sehen sind, weigerten sich die Behörden zunächst gar, ihre Existenz anzuerkennen.
"Da gab's dieses lustige Fernsehinterview, in dem der Leiter der nationalen Fischereibehörde sagt, das Vaquita nicht existieren und im Hintergrund sieht man ein Vaquita aus dem Wasser auftauchen."
Nach viel Überzeugungsarbeit richtete die Regierung im nördlichen Golf schließlich ein Schutzgebiet ein. Stell- und Schleppnetze wurden zumindest in dessen Kernbereich verboten. Allerdings wurde dieses Verbot nicht effizient durchgesetzt. Und dann explodierte plötzlich der Preis für eine andere gefährdete Art: für einen Fisch namens Totoaba, der ebenfalls nur im Golf von Kalifornien vorkommt, erzählt Lorenzo Rojas-Bracho.
"Etwa 2012 bekamen wir plötzlich Anrufe von besorgten Fischern. Sie erzählten, der Totoaba-Handel geriete außer Kontrolle und die Fischer erhielten jetzt 5000 bis 8000 Dollar pro Kilo für seine Schwimmblase.
Die Schwimmblasen werden getrocknet und nach China exportiert. Sie gelten als Universaltonikum und werden zu Suppen verarbeitet. Der Fang von Totoaba und der Handel damit sind eigentlich bereits seit 1975 verboten, nachdem die Population massiv überfischt worden war. Aber die hohen Preise haben die Umgehung dieses Verbots sehr lukrativ gemacht. Der obere Golf ist seitdem wieder voll von Stellnetzen, die auch die Vaquita gefährden.
Eine erneute Zählung 2015 ergab nur noch eine Population von rund 60 Tieren. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen verhängte die mexikanische Regierung für zwei Jahre ein komplettes Fischerei-Verbot für das Vaquita-Schutzgebiet. Aber auch das konnte die Verbreitung der Stellnetze nicht stoppen. Inzwischen sollen nur noch etwa 30 Vaquita übrig sein, schätzen die Forscher anhand von Sonarmessungen. Die düstere Prognose: die Mini-Wale könnten bereits in den nächsten zwei Jahren aussterben.
Kurz nach Sonnenuntergang fahren die Boote raus
Wie ein Mahnmal liegt in einer Bucht südlich des Zentrums von San Felipe ein toter Delfin am Strand. Er wurde anscheinend dort angespült. An seiner Schnauze hängt noch ein Fetzen eines blauen Stellnetzes, in dem er sich wohl verheddert hatte. Es sieht ziemlich neu aus. Ein paar Meter weiter finden sich frische Reifenspuren im Sand. Es ist kurz nach Sonnenuntergang. Das ist die Zeit, in der die illegalen Boote rausfahren.
Unterhalb eines Stellplatzes für Campingmobile sitzt etwa ein Dutzend Touristen um ein Lagerfeuer. Sie erzählen, wie unbehelligt die illegalen Fischer arbeiten können.
"Wir sehen sie fast jeden Abend. Sie fahren mit ihren Anhängern direkt ans Ufer und lassen die Boote ins Wasser. Meist sind es zwei oder drei. Und wenn sie sie wieder abholen vor Sonnenaufgang, dann laden sie das ganze Boot mitsamt den Fischern auf ihren Anhänger, fahren über den letzten Campingplatz da hinten und verschwinden blitzschnell irgendwo in der Stadt.
Die Bundesregierung in Mexiko-Stadt unterstützt inzwischen die Schutzmaßnahmen, aber die Nationale Fischereibehörde und auch die lokalen Behörden des mexikanischen Bundesstaates Baja California haben hauptsächlich die Interessen der Fischer im Blick. So greifen Kontrollen kaum.
Auf See patrouilliert inzwischen immerhin die Marine gegen die illegalen Totoaba-Fischer. Zwei Schiffe der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd sind ebenfalls dort unterwegs. Sea Shepherd ist bekannt für ihre oft waghalsigen Aktionen vor allem gegen Walfänger. In Mexiko arbeitet die Organisation mit den Behörden zusammen. Die beiden Schiffe von Sea Shepherd grasen den Golf nach illegalen Stellnetzen ab, sagt Raffaella Tolicetti, die die Operation leitet.
"In den zwei Monaten, die wir nun hier sind, haben wir mit beiden Schiffen zusammen etwa 80 Netze entfernt; wenn man bedenkt, dass wir wegen des Wetters nicht jeden Tag rausfahren konnten, sind das etwa zwei Netze pro Tag. Das ist extrem viel für dieses relativ kleine Meeresgebiet. Sie sind einfach überall. Und sie schaden nicht nur den Vaquita, wir haben auch Schildkröten und Seelöwen darin gefunden."
Netze zu bergen ist Sisyphos-Arbeit
Es dauert nicht lange, da hat der Haken unter dem Bug, der die Netze aufspürt, erneut zugeschnappt. Die Crew lässt ihr Schnellboot vom Schiff.
Giacomo Giorgi, der Decksmeister, gibt Gas. Die Gischt glitzert im Licht der Bootsscheinwerfer, ansonsten ist es stockdunkel. Nur in der Ferne leuchten die Lichter von San Felipe. Zwei Leuchtbojen markieren das gefundene Netz. Zwei Matrosen stemmen sich gegen die Seiten des Schlauchboots und versuchen es an Bord zu ziehen. Es wirkt zentnerschwer.
Zentimeter für Zentimeter bewegt es sich aus dem Wasser. Aber nach ein paar Metern müssen sie aufgeben, es hat sich verhakt. Das Mutterschiff muss mit dem Kran helfen. Nach drei Stunden hat die Crew das Netz endlich aus dem Wasser geholt.
Was sie hier leistet, ist Sisyphos-Arbeit. Für jedes Netz, das sie findet, liegen mindestens zwei weitere im Wasser. Trotz des Verbots kommen stetig neue dazu, sagt Giacomo Giorgi.
"Vor ein paar Tagen haben wir ein paar Boote entdeckt, die sich verdächtig verhielten; als ob sie Stellnetze prüfen oder welche auslegen. Wir haben die Gegend dann gecheckt und die Netze schließlich gefunden; es sind ganz neue. Wir finden aber auch viele Geisternetze, die irgendwann einmal ausgebracht und einfach im Meer gelassen wurden. Es verfangen sich immer noch Tiere darin."
Auch am nächsten Tag kommt die Crew nicht zur Ruhe. Binnen weniger Stunde haben die Ausgucker auf der Brücke gleich 14 tote Delphine gesichtet, die im Wasser treiben. Die große Zahl ist ungewöhnlich, sie könnte mit der Strömung zusammenhängen. Aber drei von ihnen sehen verdächtig aus.
Wieder fährt ein Team mit dem Schnellboot hinaus, um sie zu untersuchen.
Zwei der Kadaver sind bereits zu stark verwest, um die Todesursache zu erkennen. Doch der dritte ist noch recht frisch. Er zeigt rillenförmige Abdrücke in der Haut, die nur von einem Netz stammen können.
Außerdem fehlt die Schwanzflosse; sie wurde eindeutig mit einem Messer abgeschnitten, wahrscheinlich, um das Tier aus dem Netz zu lösen. Das Team zieht den toten Delfin an Bord des Schlauchboots; er stinkt fürchterlich. Er wird zur näheren Untersuchung an ein Labor übergeben.
Die meisten Fischer von San Felipe sind von dem Fischereiverbot und der Präsenz von Sea Shepherd alles andere als begeistert. Ihr Leben hängt von der Fischerei ab; jetzt dürfen sie nur noch außerhalb des Vaquitaschutzgebiets weiter südlich fischen, aber die Genehmigungen sind begrenzt, erzählt ein hagerer 56-jähriger mit rauem Gesicht und großen furchigen Händen. Trotzdem gehört er zu den wenigen Fischern in San Felipe, die den Schutz der Vaquita, der kalifornischen Schweinswale, unterstützen. Deshalb möchte er auch seinen Namen nicht nennen, denn die kooperativen Fischer sind Anfeindungen ausgesetzt.
"Ich habe sie mehr als einmal gesehen. Sie sind sehr scheu, man sieht sie höchstens für 15-20 Sekunden. Sobald sie einen Motor hören, schwimmen sie weg. So ein Tierchen zu sehen, das ja akut vom Aussterben bedroht ist, das ist ein unbeschreibliches Gefühl.
Wir haben zugestimmt, unsere Fangmethoden zu ändern. Die Behörden haben uns verschiedenes Gerät zum Ausprobieren gegeben, aber sie sind nie zu einem wirklichen Ergebnis gekommen, welches sich eignet, um die Stellnetze zu ersetzen. Sie unterstützen uns zu wenig. Jetzt benutzen wir ein Schleppnetz für Shrimps, aber dadurch fangen wir 50 Prozent weniger."
Genau das ist eines der zentralen Probleme. Gäbe es nachhaltige Fangmethoden, die auch im Schutzgebiet anwendbar wären, dann wäre sowohl den Vaquita geholfen, als auch den Fischern. Vielleicht wären sie dann sogar weniger versucht, sich am illegalen Totoabafang zu beteiligen. Ohne die Fischer mitzunehmen, wird man die Vaquita nicht dauerhaft schützen und vor dem Aussterben bewahren können. Da sind sich alle einig. Nur an der Umsetzung mangelt es, was auch am Einfluss der Fischereilobby liegt.
Einer ihrer lautesten Vertreter ist Sunshine Rodriguez. Der redegewandte Enddreißiger stellt sich als Vorsitzender des größten Fischereiverbandes von San Felipe vor. Rodriguez sagt, es gebe kein Problem mit den Netzen der Fischer und die Ursachen für das Verschwinden der Vaquita seien ganz andere.
"Es ist noch nie bewiesen worden, dass sich Vaquita in unseren Netzen verfangen. Unsere neuen Netze sind viel zu dünn, jeder größere Fisch würde es einfach durchstoßen. Das wirkliche Problem ist, dass der Colorado-Fluss aufgestaut wurde und nicht mehr so viel Frischwasser ins Meer mündet. Das ganze Ökosystem ändert sich. Früher kamen vielmehr Fische zum Laichen hierher. Aber es ist einfacher für diese NGO-Leute auf unseren Fischern herumzuhacken, als den USA zu sagen, dass sie das Ökosystem hier zerstören."
Gekaufte Studien der Fischereilobby
Doch alle wissenschaftlichen Studien widerlegen, was Rodriguez sagt – bis auf die gekauften Studien der Fischereilobby, auf die er seine Argumente stützt. Die seriösen Studien sagen: Das Aufstauen des Colorado birgt zwar Probleme für das Ökosystem am Golf und könnte auch langfristige Auswirkungen auf die Vaquita haben, aber es ist nicht für den rapiden Rückgang der Population verantwortlich. Der Hauptgrund dafür sind eindeutig die Fischernetze. Denn selbst wenn diese dünn sind, durchstoßen Vaquita sie keineswegs, sondern rollen sich beim Versuch sich zu befreien, regelrecht darin ein.
Rodriguez hat großen Einfluss in San Felipe und viele Fischer folgen ihm. Er kommt aus einer wohlhabenden Familie. Ihm gehören die beliebtesten Touristenbars der Stadt und ein großer Betonklotz im Zentrum, in dem sich ein Casino eingemietet hat. Nebenan betreibt sein Bruder Israel ein Hotel mit Wohnmobilstellplatz und Swimmingpool. Israel Rodriguez wurde bereits wegen illegalen Fischfangs verhaftet. Und Gerüchten zufolge sei Sunshine Rodriguez selbst in den Handel mit den Schwimmblasen verwickelt, sogar eine zentrale Figur dabei – ein Vorwurf, den er weit von sich weist.
"Das sind nur Gerüchte. Das ist hier eine kleine Stadt. In den Nachrichten haben sie mich schon sieben Mal als Totoaba-Baron bezeichnet. Ich sage jedem: Checkt meine Bankauszüge, den Besitz meiner Familie. Checkt alles durch, Interpol und so weiter, ich habe keine Angst. Ich bin halt der, der am lautesten gegen die internationalen NGOs wettert. Ihre einzige Möglichkeit mich zu stoppen ist, mich als Totoaba-Händler anzuprangen. In jeder Geschichte muss es einen Bösewicht geben."
Rodriguez's Lösungsvorschlag für den Konflikt zwischen Fischern und Umweltschutz sieht so aus:
"Ich glaube der beste Kompromiss wäre, die Entschädigungen weiterzuzahlen und die Fischer rauszuschicken, um nach illegalen Totoaba-Netzen zu suchen. Man könnte ihnen dafür ein bisschen extra bezahlen und sie zu einer Art nationaler Meeresschutztruppe machen."
Keine konstruktive Idee für den Schutz der Mini-Wale: Zum einen werden die kooperativen Fischer bereits an den Schutzmaßnahmen beteiligt. Sie helfen mit, Sonargeräte zum Zählen der Vaquita auszusetzen und Geisternetze aus dem Meer zu entfernen. Dafür wurden sie massiv von den anderen Fischern angegangen. Zum anderen würde man mit einer Beteiligung aller Fischer den Wolf zum Schafhirten machen, denn die Illegalen könnten dann unter dem Vorwand auf Patrouille zu fahren, noch viel leichter Totoaba fangen. Rodriguez tut so, als kämen die illegalen Fischer von außen, aber etwa Dreiviertel der Fischer von San Felipe sollen sich am Totoabageschäft beteiligen und jeder dort weiß das; Bucheros nennt sie der Volksmund: Schwimmblasenjäger.
Einer von ihnen erklärt sich bereit zu reden. Seinen Namen möchte er nicht nennen, denn er fürchtet Ärger mit den Bossen. Immerhin sei die Mafia in den Totoabahandel verwickelt. Nennen wir ihn Gustavo. Er erzählt, wie das Ganze begann:
"So um 2010, 2011 ging der Preis für die Schwimmblasen plötzlich hoch, 4000, 5000 Dollar pro Stück, stell dir vor, ja, das ist eine Menge Geld. Ich fing 2012 an. In der Zeit lief es nicht gut mit dem normalen Fischfang. Mir ging das Geld aus, und die Rechnungen wurden immer höher. Jemand fragt mich, ob ich mitmachen will und ich sagte mir: Warum nicht? 60 Prozent des Gewinns ging an den Boss und 40 Prozent wurde unter den drei, vier Fischern aufgeteilt, die mit dem Boot rausfahren. In dem Sommer verdiente ich in nur 17 Tagen 150.000 Pesos."
"Schlimmer als der Drogenhandel"
Das waren damals rund 9000 Euro, mehr als ein normaler Fischer im Jahr verdient. Gustavo weiß, was die Totoaba-Stellnetze anrichten. Er hat selbst einmal ein totes Vaquita aus seinem Netz geholt; es tat ihm weh, sagt er. Aber er war in einer prekären Lage. Irgendwann wurde ihm die Sache zu heiß.
"Inzwischen kommen viele von außerhalb und machen viel Geld damit. Es gibt Streit, die Bucheros stellen ihre Netze an den gleichen Stellen auf und stehlen voneinander. Manche haben Waffen dabei. Ich habe von einem Jungen gehört, den sie aufs Meer rausgeschickt hatten. Aber er kam nie zurück, vielleicht haben sie ihn ertränkt. Die Bosse wollen nicht zahlen, es ist gefährlich. Diese Sache mit den Schwimmblasen ist schlimmer als der Drogenhandel. Ich habe vor zwei Jahren aufgehört. Ich bin allein für meine Kinder verantwortlich, wenn mir etwas passiert, gäbe es niemanden, der sich um sie kümmert. Aber das Geschäft läuft weiter. Es gibt viele Händler hier. Sie verkaufen die Schwimmblasen weiter nach Mexicali, an die gleichen Leute, die auch mit Drogen handeln. Viele Chinesen darunter, die haben das Geld."
Nach Sunshine Rodriguez gefragt, grinst Gustavo nur.
Lass dir von dem bloß nichts erzählen, der weiß über alles Bescheid.
"Ist er einer der Totoabahändler?"
"Möglicherweise…" (lacht)
Mehr sagt er nicht dazu, er weiß, wie gut die Bosse vernetzt sind. Er erzählt, die Kontrollen greifen nicht nur deshalb nicht, weil die Behörden unterbesetzt seien.
"Da wird geschmiert. Ja, klar. Es gibt immer korrupte Leute. Bei der Profepa, der Umweltbehörde, da gab es viel Korruption. Und einmal hat die Navy uns geschnappt. Wir hatten ungefähr 40 Totoaba gefangen. Wir landeten an einem Felsen an und schickten einen unserer Jungs mit den Schwimmblasen los. Die Armee schnappte ihn und sie riefen uns an und verlangten Schmiergeld um ihn freizulassen. Sein Onkel bezahlte 10.000 Dollar und sie ließen ihn gehen. Aber jeder von uns verdiente immer noch 40.000 Pesos an den Schwimmblasen."
Gustavo steckt inzwischen erneut in finanziellen Schwierigkeiten. Vielleicht steigt er wieder ein bei den Bucheros, sagt er. Weil es unmöglich scheint die Vaquita in ihrem Lebensraum zu schützen, will die internationale Schutzkommission nun einen anderen Plan verfolgen.
Einige der verbliebenen Tiere sollen eingefangen und in einem mit Schwimmringen abgetrennten Pool im Meer untergebracht werden und sich dort wieder vermehren.
Tierschützer wie der WWF und Sea Shepherd sind strikt dagegen, denn niemand weiß, wie die Vaquita reagieren werden. Ihr Verhalten ist kaum erforscht, und es ist noch niemandem gelungen, einen dieser kleinsten Wale der Welt lebend zu fangen. Die Tierschützer befürchten, dass die Einfangaktion die Vaquita so unter Stress setzen könnte, dass sie eingehen. Aber die Wissenschaftler sehen keinen anderen Ausweg mehr, sagt Lorenzo Rojas-Bracho.
"Wenn man die Vaquita da lässt, wo sie sind, werden sie weiter als Beifang sterben, kein Zweifel, das wird ihr Ende sein. Wenn wir es aber schaffen, einige von ihnen in einen geschützten Bereich zu bringen, wo es keine Netze gibt, dann haben sie eine Chance, als Art zu überleben. Und was ganz wichtig ist: mit der Einfangaktion verschaffen wir uns nur etwas Zeit. Das eigentliche Ziel muss sein, alle Stellnetze aus dem natürlichen Lebensraum der Vaquita zu verbannen."
Ob die Vaquita eine neue Chance zum Überleben bekommen oder nicht, wird sich im Oktober zeigen. Dann soll die Einfangaktion starten.