Vater der Kunstgeschichte
Mit seinen 1550 erstmals erschienenen Künstlerbiografien hat Giorgio Vasari Generationen von Kunsthistorikern beeinflusst. Zum 500. Geburtstag des toskanischen Malers, Schriftstellers und Architekten bewegt sich Gerd Blum mit großer Souveränität und Kenntnis durch Leben und Werk.
Seine epochale Leistung ist unumstritten. Spätestens seit dem Urteil des Kulturhistorikers Jacob Burckhardt gilt Giorgio Vasari als Vater der Kunstgeschichte. Mit seinen 1550 erstmals erschienenen Künstlerviten hat er Generationen von Kunsthistorikern beeinflusst, und darüber hinaus unsere Vorstellungen von Kunst und Künstlern geprägt wie kein Zweiter. Vor allem die Werke der Renaissance sehen wir noch immer durch seine Brille. Umso überraschender, dass lange Zeit keine deutschsprachige Einführung in Leben und Werk Giorgio Vasaris vorgelegt wurde. Während der Wagenbach Verlag das Großprojekt unternahm, nach und nach jede einzelne Vita in neuer Übersetzung und mit umfangreichen Kommentaren herauszubringen, fehlte die kompakte Biografie des toskanischen Malers, Schriftstellers und Architekten. Jetzt, zum 500. Geburtstag Vasaris, schließt der Kunsthistoriker Gerd Blum diese Lücke.
Blum feiert Vasari als "Erfinder der Renaissance" und verfolgt dabei über die gesamten 300 Seiten hinweg eine These, die in dieser Deutlichkeit zuvor noch nicht formuliert wurde: Für Blum ist Vasari in erster Linie ein Meister der Synthese, der Summe und des Systems. Als Maler habe er wenig Erfolg gehabt, vor allem nichts Originäres geschaffen. Als Schriftsteller aber und als Architekt sei es ihm gelungen, die Renaissance von ihrem Ende her, quasi im Rückblick, als Epoche zu entwerfen. Das "Konzept Renaissance" habe Vasari meisterhaft erdacht und gestalterisch auf den verschiedensten Ebenen verfolgt und umgesetzt. Oftmals, indem er in seinem Sinne vollendete, was in Ansätzen bereits vorhanden war.
Es ist spannend zu lesen, wie sich Blum Vasari mit dieser These nähert; vor allem weil er dadurch Neues zutage fördert und Bekanntes anders gewichtet. Etwa wenn er Vasaris Bedeutung als Vollender der großen spätmittelalterlichen Ordenskirchen Santa Croce und Santa Maria Novella beschreibt, und damit - wie nie zuvor gelesen - deutlich macht, dass es Vasaris entscheidende Eingriffe waren, die diese Gotteshäuser zu den typischen Renaissancebauten machten, als die wir sie heute wahrnehmen. Oder wenn er die Ausbildung des jungen Giorgio als einzigartig einordnet und behauptet: Durch die Kombination von klassischer humanistischer Schulung mit einer künstlerischen Lehre habe Vasari einen entscheidenden Vorsprung vor seinen Kollegen gehabt, der es ihm erst ermöglichte, seine weltberühmten Künstlerviten zu verfassen.
Gerd Blum bewegt sich mit großer Souveränität und Kenntnis chronologisch durch Leben und Werk Vasaris. Er beschreibt seine Herkunft ebenso detailliert wie seinen sagenhaften Aufstieg vom frei schaffenden Künstlerunternehmer zum Hofkünstler Cosimos I. de Medici. Insbesondere widmet er sich dabei seinen wichtigsten Werken als Schriftsteller (die Künstlerviten), als Architekt (die Uffizien in Florenz) und als Maler (Salone dei Cinquecento). Dass Blum darüber hinaus ein lebendiges Bild der Aufbruchszeit und Mentalität um die Mitte des 16. Jahrhunderts zeichnet, komplettiert seine Biografie aufs Schönste.
Besprochen von Eva Hepper
Gerd Blum: "Giorgio Vasari. Der Erfinder der Renaissance"
Verlag C.H. Beck, München 2011, 318 Seiten, 24,95 Euro
Links bei dradio.de:
Dichtung und Wahrheit - Wie Giorgio Vasari mit seinen Künstlerbiografien das Bild der Renaissancekünstler prägte
Blum feiert Vasari als "Erfinder der Renaissance" und verfolgt dabei über die gesamten 300 Seiten hinweg eine These, die in dieser Deutlichkeit zuvor noch nicht formuliert wurde: Für Blum ist Vasari in erster Linie ein Meister der Synthese, der Summe und des Systems. Als Maler habe er wenig Erfolg gehabt, vor allem nichts Originäres geschaffen. Als Schriftsteller aber und als Architekt sei es ihm gelungen, die Renaissance von ihrem Ende her, quasi im Rückblick, als Epoche zu entwerfen. Das "Konzept Renaissance" habe Vasari meisterhaft erdacht und gestalterisch auf den verschiedensten Ebenen verfolgt und umgesetzt. Oftmals, indem er in seinem Sinne vollendete, was in Ansätzen bereits vorhanden war.
Es ist spannend zu lesen, wie sich Blum Vasari mit dieser These nähert; vor allem weil er dadurch Neues zutage fördert und Bekanntes anders gewichtet. Etwa wenn er Vasaris Bedeutung als Vollender der großen spätmittelalterlichen Ordenskirchen Santa Croce und Santa Maria Novella beschreibt, und damit - wie nie zuvor gelesen - deutlich macht, dass es Vasaris entscheidende Eingriffe waren, die diese Gotteshäuser zu den typischen Renaissancebauten machten, als die wir sie heute wahrnehmen. Oder wenn er die Ausbildung des jungen Giorgio als einzigartig einordnet und behauptet: Durch die Kombination von klassischer humanistischer Schulung mit einer künstlerischen Lehre habe Vasari einen entscheidenden Vorsprung vor seinen Kollegen gehabt, der es ihm erst ermöglichte, seine weltberühmten Künstlerviten zu verfassen.
Gerd Blum bewegt sich mit großer Souveränität und Kenntnis chronologisch durch Leben und Werk Vasaris. Er beschreibt seine Herkunft ebenso detailliert wie seinen sagenhaften Aufstieg vom frei schaffenden Künstlerunternehmer zum Hofkünstler Cosimos I. de Medici. Insbesondere widmet er sich dabei seinen wichtigsten Werken als Schriftsteller (die Künstlerviten), als Architekt (die Uffizien in Florenz) und als Maler (Salone dei Cinquecento). Dass Blum darüber hinaus ein lebendiges Bild der Aufbruchszeit und Mentalität um die Mitte des 16. Jahrhunderts zeichnet, komplettiert seine Biografie aufs Schönste.
Besprochen von Eva Hepper
Gerd Blum: "Giorgio Vasari. Der Erfinder der Renaissance"
Verlag C.H. Beck, München 2011, 318 Seiten, 24,95 Euro
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Dichtung und Wahrheit - Wie Giorgio Vasari mit seinen Künstlerbiografien das Bild der Renaissancekünstler prägte