Verabredung mit einem Pädophilen

Von Dorothea Jung |
Der TV-Sender RTL II zeigt zurzeit eine Reality-Show, die für kontroverse Diskussionen sorgt. Das Ziel ist, pädophile Männer per Internet-Chat zu animieren, sich mit minderjährigen Mädchen zu treffen. Kommt es zur Zusammenkunft, greift das TV-Team ein und konfrontiert den Mann mit der Kamera.
"Tatort Internet. Pädophile Online-Täter. Wir spüren sie auf. Wir stoppen sie!"

Die Sendung ist wie ein Krimi inszeniert, mit rasanten Schnitten, wackeliger Kamera, Reißblenden und bedrohlicher Musik. Sie besteht aus mehreren Abschnitten. Zentrale Figur ist immer die Journalistin Beate Krafft-Schöning. In einem Teil der Sendung zeigt sie Eltern, Lehrern und Polizisten, wie leicht es für pädophile Männer ist, sich Kindern im Netz zu nähern.

"Es geht uns nur darum zu zeigen, wie viele Leute tatsächlich bereit sind, einem 13-jährigen Mädchen bei Abwesenheit der Eltern einen Besuch abzustatten mit sexuellem Hintergrund."

Diese Passagen von "Tatort Internet" geben sich aufklärerisch. Daneben gibt es die Jagd nach dem Kinderschänder - das Herzstück der Sendung. Hier wird der pädophile Mann von angeblich 13-ährigen Mädchen in Internet-Chatrooms angelockt. Der Mann hat keine Ahnung, dass er in Wirklichkeit nicht mit einem Kind, sondern mit RTL II chattet.

"Bist Du sicher allein zu Haus?" / "Ja, ganz bestimmt!" / "Gut! Ich freu mich schon!"

Die angeblich 13-Jährige wird von einer erwachsenen Schauspielerin gespielt. Bevor es zum Äußersten kommt, greift die Journalistin in das Geschehen ein, konfrontiert den Mann mit seinen Chat-Protokollen und stellt ihn wegen seiner pädophilen Absichten zur Rede.

"Sie haben sich eben mit einer 13-Jährigen zum Sex verabredet, sehr deutlich gemacht im Internet: Küssen, Mit-ihr-Sex-Haben - und Sie haben das eben noch einmal wiederholt!"

Zwar wird der Mann durch Bildpixelveränderung und Stimmverzerrung unkenntlich gemacht, aber bloßgestellt ist er trotzdem. Zwei pädophile Männer der Serie sollen nach der Ausstrahlung bereits von ihren Arbeitgebern erkannt worden sein. Gegen einen der Männer soll ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sein. Der Mann gilt seitdem als vermisst.

"Tatort Internet" hatte den Eindruck erweckt, dass strafrechtlich relevante Erkenntnisse an die Polizei weitergeleitet wurden. Es sieht jedoch so aus, als habe RTL II mit einschlägigen Informationen bis zum Sende-Start der Reality-Show gewartet. Der Kinderschützer bezeichnen das als unverantwortlich.

Kritisiert wird auch, dass "Tatort Internet" pädophilen Männern den Rahmen für eine mögliche Straftat bietet. Ob das als Beihilfe oder Anstiftung gewertet werden kann, ist derzeit juristisch noch ungeklärt.