Verbandsdirektor Volker Leienbach

"Private Krankenversicherung ist kein Auslaufmodell"

Volker Leienbach, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV).
Volker Leienbach, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV). © picture alliance / David Ebener
Moderation: Martin Steinhage |
Viele Privatversicherte müssen 2016 deutlich höhere Prämien bezahlen. Experten sagen ein baldiges Ende der privaten Krankenversicherungen voraus. Verbandsdirektor Volker Leienbach hält sie dagegen für zukunftsfest. Die Preisanstiege seien nicht größer als bei den gesetzlichen Kassen.
Deutschlandradio Kultur: Mein Gast heute heißt Volker Leienbach. Er ist der Verbandsdirektor bei der PKV, dem Verband der Privaten Krankenversicherung. Guten Tag, Herr Leienbach.
Volker Leienbach: Guten Tag, Herr Steinhage.
Deutschlandradio Kultur: Herr Leienbach, viele Kunden der privaten Krankenvollversicherung müssen in diesem Jahr teilweise erheblich mehr Geld zahlen für ihren Versicherungsschutz. Allein bei der DKV, um mal einen Anbieter zu nennen, sind seit diesem Monat fast eine halbe Million Versicherte betroffen. In Einzelfällen stieg die Prämie um über vierzig Prozent. – Was sind die Gründe?
Volker Leienbach: Richtig ist, dass einige Versicherte Beitragserhöhungen bekommen haben, auch Beitragserhöhungen, die in dem Bereich sind, wie Sie es gerade genannt haben. Richtig ist aber auch, dass es in der privaten Krankenversicherung in den vergangenen Jahren eine Beitragsdisziplin gegeben hat, wie sie wirklich beispielgebend ist.

"Betragssteigerungen geringer als bei Gesetzlichen"

Wir haben ja im Schnitt aller Versicherten Beitragssteigerungen in den letzten zehn Jahren, die unterhalb derer in der gesetzlichen Krankenversicherung liegen.
Aber ich will nicht ablenken. Es gibt auch dieses Phänomen steigender Beiträge, auch in einzelnen Tarifen stark steigender Beiträge. Der von Ihnen angesprochene Tarif, das muss das Unternehmen selber besser beantworten, ist ein Tarif, der über viele Jahre nicht angepasst worden ist, weil der Gesetzgeber uns das nicht erlaubt, jährliche Beitragsanpassungen vorzunehmen. Und wenn dann ein Beitragsstau aufläuft über viele Jahre, dann gibt es natürlich irgendwann eine Beitragsanpassung, wo Kunden sich nachvollziehbar fragen: Was ist denn hier los?
Deutschlandradio Kultur: Ich habe übrigens in der Vorbereitung nicht alle Untersuchungen und Studien gelesen, aber ich habe auch Studien gesehen, die das stützen, was Sie sagen, dass bei der privaten Krankenversicherung es mit den Kostensprüngen nicht dramatischer aussieht als im System der gesetzlichen Krankenkassen. Allerdings habe ich auch Untersuchungen gesehen, IGES-Studie usw. usf., die zu anderen Schlüssen kommen. Wir reden vielleicht noch später über den Vergleich. Bleiben wir jetzt nochmal bei der PKV, denn schlussendlich nutzt es ja den privat Krankenversicherten wenig oder es ist wenig tröstlich, wenn seine Kosten dramatisch steigen, dann kann er ja nicht sagen, ach, na ja, bei der GKV ist es ja auch so, was soll’s?
Also, zurück nochmal zur DKV, immerhin dem zweitgrößten Anbieter. Da zahlen die Versicherten seit dem 1. April im Schnitt 7,8 Prozent mehr, manche bis zu 130 Euro im Monat. An der Stelle ist es dann gedeckelt. Das hat viele Leute, und nicht nur DKV-Versicherte - ich weiß das aus dem Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis - schockiert. Und die fragen sich nun: Was, wenn das so weiter geht? Geht das so weiter?
Volker Leienbach: Es war in der Vergangenheit nicht so, dass es kontinuierlich dramatische Beitragsanpassungen gegeben hätte. Und es wird auch in der Zukunft nicht so sein. Wenn ich da einhaken darf, Herr Steinhage, ich halte es schon für sehr wichtig, was in den anderen Systemen geschieht, mit denen wir immer verglichen werden, was in der gesetzlichen Krankenversicherung passiert. Denn ein Versicherter hat ja nur die Wahl bei einer Pflichtversicherung, sich entweder bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern oder bei der privaten Krankenversicherung. Insofern ist auch aus meiner Sicht der Beitragsvergleich zwischen beiden Systemen nicht nur erlaubt, sondern sogar zwingend.
Zur DKV, wie gesagt, müsste das Unternehmen besser auskunftsfähig sein, als ich das bin.
Deutschlandradio Kultur: Da die Kosten aber auch woanders gestiegen sind, können Sie sicherlich eine Antwort geben.

Private Kranversicherung "sehr vorzeigbar"

Volker Leienbach: Ja, aber wir haben im letzten Jahr, das gehört auch zur Wahrheit, für viele Millionen Versicherte überhaupt keine Beitragsanpassung gehabt, wie auch das Jahr davor und wie auch das Jahr da wiederum davor.
Deutschlandradio Kultur: Und die Debeka hat sogar ein paar Tarife gesenkt zum Beispiel.
Volker Leienbach: Wir haben sogar ein paar Tarife gesenkt. Wir haben, aber das sind exotische Beispiele, die gibt es aber auch, wenn wir mit extremen Werten hier argumentieren, wir haben auch 85-Jährige, die überhaupt keinen Beitrag mehr zahlen, weil die Alterungsrückstellung greift. Also, die Welt ist wirklich bunt. Aber im Schnitt kann man sagen, dass es in der privaten Krankenversicherung eine Beitragsentwicklung gibt, die mindestens vergleichbar mit der in der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Und wenn ich nur die letzten zehn Jahre nehme, war ein durchschnittlicher Privatversicherter allein von der Beitragsseite her in der privaten Krankenversicherung besser aufgehoben als in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Und vom Leistungsgeschehen her - wir reden jetzt immer über Geld, ist auch ganz wichtig, aber es geht ja auch um gesundheitliche Versorgung -, von der Leistungsseite her ist die private Krankenversicherung, glaube ich, sehr vorzeigbar.
Deutschlandradio Kultur: Also nochmal: Teilweise habe ich andere Zahlen gesehen. Das ist auch völlig legitim und in Ordnung: Sie würden einen schlechten Job machen, wenn Sie jetzt das PKV-System nicht sozusagen in schönen Farben malten. Aber in der Tat ist es richtig: Zum einen kennt Ihr System keine Leistungskürzungen und zum anderen bekommt Ihr System auch keine Steuerzuschüsse. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.
Aber noch einmal zu der Frage mit dem Geld, weil das sicherlich sehr viele, vor allen Dingen auch ältere Privatversicherte betrifft, es gibt eben nicht nur den 85-jährigen, der – wie Sie es sagten – keinen Beitrag mehr zahlen muss, sondern viele Fragen sich bei Kostensteigerungen von knapp 80 Prozent in diesem Jahrhundert, seit dem Jahr 2000: Wo führt das noch hin? Weil, gerade alte Menschen können es sich ja nicht leisten, im Alter Leistungen zu reduzieren oder gar den Selbstbehalt zu erhöhen.

Beitragssenkende Effekte im Alter

Volker Leienbach: Das ist völlig richtig, dass Menschen sich diese Frage stellen. Das kenne ich aus meinem privaten Umfeld übrigens auch. Ich werde auch mit diesen Fragen auf der privaten Ebene konfrontiert, dass sie sagen, Mensch, ich bin jetzt 55 und zahle – ich weiß nicht – 450 Euro. Vor zehn Jahren habe ich nur 300 Euro bezahlt. Wie soll denn das eigentlich weitergehen? – Diese Fragen kenne ich. Die sind berechtigt. Und wenn man weiß, dass die Alterseinkünfte niedriger sein werden als die Einkünfte, die man während der Erwerbsphase hat, dann fängt man an sich Gedanken zu machen.
Hier kann ich aber Folgendes dazu sagen: Wenn Sie älter werden in der privaten Krankenversicherung, dann gibt es erstmal zwei Effekte, die wir im Beitrag reduzieren. Mit Vollendung des 60. Lebensjahres fällt ein sogenannter – jetzt wird es sehr technisch – Zuschlag weg, ein Zehnprozentzuschlag des Beitrages, den man bis zum Endalter 60 aufbauen muss.
Deutschlandradio Kultur: Und der ruht dann fünf Jahre und ab 65 wirkt er kostendämpfend.
Volker Leienbach: Genau. Und in diesen fünf Jahren wird er nicht zusätzlich aufgebaut, wirkt also beitragsentlastend dann bis zum Ende des Lebens. Und die Früchte dieser zehn Prozent, die ich bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres dann gezahlt habe, die ernte ich dann ab dem 65. Lebensjahr. Also, das ist ein beitragssenkender Effekt.
Es gibt einen zweiten Effekt, der zumindest die Angestellten trifft. Das ist, dass sie Krankengeld mit Eintritt in das Ruhealter nicht mehr versichern müssen. Also, das geht runter. Und hinzukommt dann, das ist hier ein ganz wichtiger Punkt, ein ganz wichtiges Strukturelement der privaten Krankenversicherung, dass im Alter die aufgebaute Alterungsrückstellung eingesetzt wird, um beitragsdämpfend zu wirken.
Und wenn Sie sich die Zahlen der Beitragsentwicklung angeguckt haben - ich gebe sofort zu, dass wir uns hier wechselseitig Stunden mit Zahlen bewerfen könnten. Und jeder findet für irgendwas einen Beleg. Aber das ist eindeutig, dass im Alter, vor allen Dingen im Rentenalter, die Beitragsentwicklung in der privaten Krankenversicherung extrem moderat ist. Und sollte jemand dann gleichwohl überfordert sein, was es ja geben mag, das Leben läuft ja nicht immer so wie geplant…
Deutschlandradio Kultur: Dann haben Sie den Basistarif, den Standardtarif ...
Volker Leienbach: …, dann kennt die private Krankenversicherung – Sie sagen das jetzt so beiläufig, aber es gibt sie. Es gibt diese solidarischen Elemente in der privaten Krankenversicherung. Und es gibt diese drei Tarifarten, wovon zwei in etwa das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung widerspiegeln und die von der Beitragsseite her so attraktiv sind, dass sie zum Teil sogar – je nach Bedürftigkeitslage – zu einem Beitrag von Null zu haben sind.
Wenn ich das private Beispiel noch anfügen darf: Ich selbst bin, das wird Sie nicht überraschen, privat krankenversichert, auch schon seit vielen, vielen Jahren. Wenn ich in den Standardtarif gehen würde, würde ich 180 Euro im Monat bezahlen. Und mein Rentenversicherungsträger würde die Hälfte davon tragen.
Deutschlandradio Kultur: Natürlich haben die jüngsten Kostensteigerungen PKV-Kritiker auf den Plan gerufen. Tenor: Mit dem System der Privaten Krankenvollversicherung geht es allmählich zu Ende. – Herr Leienbach, ist die PKV ein Auslaufmodell?

24 Millionen Zusatzversicherungen pro Jahr, Tendenz steigend

Volker Leienbach: Natürlich nicht. Ich bin jetzt schon recht lange in diesem System tätig. Und ich habe über viele Jahre gehört, dass die gesetzliche Krankenversicherung ein Auslaufmodell ist. Dann habe ich gehört, die private Krankenversicherung sei ein Auslaufmodell. Dann war es wieder die gesetzliche Krankenversicherung. Ganz aktuell ist es die private Krankenversicherung. Nichts von allem ist jemals eingetreten.
Wenn Sie in die Zukunft aber schauen, dann werden Sie ja sehen müssen, dass wir die bekannte demographische Entwicklung, dass wir halt immer mehr Alte haben. Sie werden sehen, dass wir immer mehr Erwerbstätige haben. Und Sie werden sehen, dass die Umlagefinanzierung, wie sie in den sozialen Sicherungssystemen praktiziert wird, in den gesetzlichen sozialen Sicherungssystemen, an ihre Grenze stößt. Ich kann mir gar nichts anderes vorstellen, als dass man selber zusätzlich Vorsorge betreiben muss, wie wir das in der privaten Krankenversicherung über Alterungsrückstellungen tun, um den Schutz auch dauerhaft sicherzustellen angesichts der Tatsache, dass wir halt immer älter werden und immer weniger Junge haben, die das ganze System finanzieren können.
Deutschlandradio Kultur: Höre ich da jetzt eine kleine Werbeaktion für private Zusatzversicherungen?
Volker Leienbach: Also, wenn Sie fragen, ob die private Krankenversicherung ein Auslaufmodell ist, dann muss ich das natürlich sagen. Und ich sage das keineswegs, um private Zusatzversicherungen zu pushen. Das tun die Leute ohnehin. Wir haben 24 Millionen Zusatzversicherungen mit steigender Tendenz jedes Jahr. Sondern ich wollte hiermit Gewissheit vermitteln, dass die private Vollversicherung auch in der Zukunft trägt – und das mit allen medizinischen Innovationen, die man sich so wünscht, mit allem, was da noch kommen mag.
Deutschlandradio Kultur: Können Sie mit einem Satz quantifizieren, wie viel Anteil Beamte und Richter in der privaten Krankenversicherung sind? Ist das die Hälfte Ihrer Kunden?
Volker Leienbach: Ja, es ist fast die Hälfte. Die jüngsten Zahlen sind, dass rund 48 Prozent Beamte und deren Familienangehörige im Bestand der privaten Krankenvollversicherung sind.

Das Neukundengeschäft ist rückläufig

Deutschlandradio Kultur: Ganz entscheidend für das PKV-System und dessen Versicherte ist das Neukundengeschäft. Wenn nicht genug junge Kunden eintreten, dann altert die Kundschaft und die Tarife steigen zwangsläufig wegen der zunehmenden Krankheit im Alter. Das ist nun mal so: die sogenannte Morbidität. Herr Leienbach, Ihr Neukundengeschäft ist, wenn man allen Zahlen glauben darf, rückläufig. Muss man sich da nicht Sorgen machen? Zu wenig Junge, zu viele Alte?
Volker Leienbach: Zunächst eine Anmerkung und dann die Antwort: Die Anmerkung ist, dass die private Krankenversicherung – egal nach Tarifzusammensetzung – immer ausfinanziert ist. Dafür sorgt die Alterungsrückstellung. Also, die Private Krankenversicherung muss funktionieren und funktioniert auch selbst dann, wenn es kein Neugeschäft gibt. Dass Neugeschäft natürlich gut und wichtig ist, ist nochmal eine andere Frage.
Das Neugeschäft in der privaten Krankenversicherung, da haben Sie völlig recht, ist in den letzten vier Jahren erstmalig in der Historie der privaten Krankenversicherung rückläufig. Wir hatten in den letzten vier Jahren rund zwei Prozent unserer Versicherten verloren.
Deutschlandradio Kultur: Knapp 200.000 sind das.
Volker Leienbach: Ja, genau. Wir hatten knapp neun Millionen und haben jetzt knapp 8,8 Millionen. Genau, wir haben rund 200.000 Versicherte verloren. Wenn Sie sich die vier Jahre genau anschauen, das haben wir natürlich getan, wie Sie nachvollziehen können, dann ist der Verlust von Jahr zu Jahr geringer. Das Jahr 2016 hat vergleichsweise gut begonnen. Und wir rechnen damit, dass wir in Kürze das wieder drehen können.
Aber lassen Sie mich was zu den Gründen sagen. Ich sehe im Wesentlichen zwei Gründe, warum das Neugeschäft nicht wie gewohnt so gut war, wie es in den vergangenen Jahrzehnten war. Ein Grund ist, dass wir einen gewaltigen Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hatten und gleichzeitig einen Rückgang der Selbständigen. Selbständige sind traditionell sehr stark privat krankenversichert. Wenn die eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen, dafür gibt’s ja irgendwelche statistischen Belege vom Statistischen Bundesamt, werden sie pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber das ist nur ein Grund.
Ein zweiter wichtiger Grund - es gibt mehrere -, ein zweiter wichtiger Grund ist, dass die private Krankenversicherung eine, wie ich finde, sehr wichtige, sehr richtige Weichenstellung vorgenommen hat. Sie hat sich nämlich von Tarifen verabschiedet, die im Grunde nur noch einen Basisschutz widerspiegeln. Manche sagen: sogenannte Billigtarife.
Die Private Krankenversicherung steht dafür, dass es – ohne genau hinzuschauen – immer "GKV plus" ist. Und hier, muss man sagen, hat es in der Vergangenheit Ausreißer gegeben, dass man also auch Personengruppen für die private Krankenversicherung gewinnen wollte und allein über den Preis attrahieren wollte. Das war über die sogenannten Billigtarife. Das war kein gutes Modell und die meisten unserer Mitgliedsunternehmen, fast alle unserer Mitgliedsunternehmen haben sich mittlerweile von diesem ganzen Segment verabschiedet. Damit steht natürlich auch ein ganzes Marktsegment nicht mehr zur Verfügung.

"Kein Argument für die Bürgerversicherung"

Deutschlandradio Kultur: Herr Leienbach, wenn wir jetzt einen Moment in die Zukunft gucken, dann kann man feststellen: Das Thema Bürgerversicherung, das ploppt immer mal wieder auf, auch derzeit. Manche Experten erwarten, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren die sogenannte Bürgerversicherung im Gesundheitswesen kommen wird oder auch im Gesundheitswesen kommen wird.
Zur Erinnerung: Bürgerversicherung hieße ja, dass alle - auch die heutigen PKV-Mitglieder, diese neun Millionen Menschen - in einem einheitlichen System krankenversichert wären und je nach Einkommen einzahlen müssten. - Teilen Sie diese Erwartung, befürchten Sie diese?
Volker Leienbach: Diese Erwartung wird ja schon seit 25 Jahren immer wieder geäußert. Die letzten vier Bundestagswahlkämpfe kann ich sehr gut erinnern. In allen vier Wahlkämpfen war Bürgerversicherung ein Thema, übrigens mit abnehmender Bedeutung.
Unser Bild ist, dass in der Bevölkerung die Anschlussfähigkeit für eine Systemumwälzung fehlt, weil – wie ich eben schon sagen konnte – die Grundzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem in Deutschland sehr, sehr hoch ist.
Ich verstehe trotzdem, dass von einzelnen politischen Parteien die Bürgerversicherung gefordert wird. Sie ist aber nicht von der Sache her getragen, sondern von der Ideologie her getragen. Wir reden ja hier eigentlich über Gesundheit. Wir reden über Gesundheitsvorsorge. Wir reden über Krankenversicherung. Und es gibt keinen einzigen Beleg dafür, dass die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung durch Bürgerversicherung besser werden würde, keinen einzigen Beleg dafür, ganz im Gegenteil! Wenn Sie sich die Systeme weltweit anschauen, und ich meine nicht Dritteweltländer, sondern unsere unmittelbare Nachbarschaft, wo wir Einheitsversicherungssysteme haben, ist überall die gesundheitliche Versorgung schlechter. Wir haben überall längere Wartezeiten. Wir haben überall einen beschränkten Zugang zu ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern. Wir haben überall eine Innovationsbremse für den Zugang der Menschen zu diesen neuen Methoden in Diagnostik und Therapie. Und nirgendwo ist man eigentlich so gut aufgestellt wie in Deutschland. Ich glaube, dass das sehr stark zurückgeht auf dieses duale System, dieses Miteinander, aber auch wettbewerbliche Miteinander zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
Also, kurzum: Wem es um Gesundheit geht, wem es um eine bessere Versorgung geht, der hat eigentlich kein Argument für Bürgerversicherung. Wem es um Neiddebatten geht, wem es darum geht, ideologische Vorurteile zur Wirklichkeit zu verhelfen, der muss Bürgerversicherung fordern.
Deutschlandradio Kultur: Okay. Also, was Sie gesagt haben über beispielsweise das Gesundheitssystem in anderen Ländern – von Großbritannien ist das bekannt, von unseren anderen Nachbarländern, so wie Sie es skizziert haben - sagen wir jetzt die Niederlande, oder Beneluxstaaten überhaupt, oder Skandinavien - wäre mir jetzt neu. Wir lassen das an der Stelle mal so stehen, so wie Sie es gesagt haben.
Volker Leienbach: Ich kann da gerne was zu sagen.

Lange Wartezeiten "ethisch nicht vertretbar"

Deutschlandradio Kultur: Ich würde gerne wieder zurückkehren nach Deutschland zu einem anderen Thema. Privat Versicherte, das ist ein offenes Geheimnis, genießen einige Vorteile gegenüber Kassenpatienten – auch bei der Terminvergabe. Herr Leienbach, auch wenn Sie natürlich nicht zuständig sind für die Terminvergabe, halten Sie es eigentlich für ethisch vertretbar, dass ein Privatpatient, sagen wir mal, zur Abklärung eines Meniskusschadens schneller einen Termin zum MRT, also zur Magnetresonanztomographie, diesem bildgebenden Verfahren, bekommt als ein Kassenpatient, bei dem der Verdacht auf ein Karzinom besteht?
Volker Leienbach: Diese Fallkonstellation, wie Sie sie schildern, wäre natürlich ethisch nicht vertretbar, gar keine Frage. Wenn ich von diesem konkreten Fall, wo wir völlig einer Meinung sind, mal abstrahiere, dann muss man feststellen, dass es unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zu Ärzten, zu Krankenhäusern gibt. Diese Unterschiede resultieren zum einen in der Art und Weise, wie ich versichert bin, aber nicht nur. Sie resultieren auch daraus, wie ich mit Autoritäten umgehen kann.
Ich bin ganz sicher, viele Befürworter der Bürgerversicherung – und seien sie gesetzlich versichert – werden, sofern sie politisch prominent sind, sofort den Zugang zum Arzt bekommen.
Deutschlandradio Kultur: Keine Frage, aber wir reden jetzt vom Durchschnittsverbraucher. Es gibt ja auch nicht nur, sagen wir mal, Akademiker in Ihrer Klientel. Genauso gibt es eben auch im GKV-System Leute, die sich zu wehren wissen.
Volker Leienbach: Aber wir haben weltweit - das zeigen, glaube ich, alle Studien, ich glaube nicht, dass Sie hier andere Zahlen haben werden -, wir haben weltweit die besten Zugangsmöglichkeiten zu Ärzten, zu Krankenhäusern, zu Fachärzten. Wir haben weltweit die kürzesten Wartezeiten. Sie haben ja eben so beiläufig gesagt, dass Ihnen das von Skandinavien oder den Niederlanden nicht bekannt sei. Wir haben viele niederländische Patienten, die nach Deutschland kommen. Wir haben viele Skandinavier, die nach Deutschland kommen, weil sie auf OP, planbare OP, oft ein halbes Jahr und länger warten – auch in den hochgelobten skandinavischen Ländern.
Deutschlandradio Kultur: Und weil beispielsweise es in Berlin, ich bleibe dabei, mehr MRT-Geräte gibt als in ganz Italien.
Volker Leienbach: Was ja kein Beleg dafür ist, dass die Wartezeiten lang sind.
Deutschlandradio Kultur: Nein, es ist aber möglicherweise ein Beleg auch für Überversorgung.
Volker Leienbach: Ja, das ist ein anderes Thema. Wir waren bei den Wartezeiten. Die Wartezeiten, kann man ja auch sagen, es gibt jetzt eine gesetzliche Initiative, die auch Wirklichkeit ist, dass niemand länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten muss. Sie können jetzt sagen, das ist lang, das ist vielleicht zu lang, aber es ist der kürzeste Zugangsweg weltweit.
Deutschlandradio Kultur: Bei den Gesetzlichen.
Volker Leienbach: Bei den gesetzlich Versicherten, ja.
Deutschlandradio Kultur: Und die Privatversicherten bekommen sicherlich binnen vier Wochen überall einen Termin, weil es einfach bisher jedenfalls wesentlich mehr Geld für die Ärzte gibt, wenn sie eben Privatversicherte behandeln, als bei Kassenpatienten.
Es gibt aber auch, ich bleibe wieder bei der PKV, das Problem der Überversorgung. So raten beispielsweise niedergelassene Ärzte, Privatpatienten nicht selten zu Untersuchungen oder Therapien, die teuer sind, aber im Zweifel überflüssig. Der Patient wird kaum widersprechen. Logischerweise geht es doch um seine Gesundheit. Und der Arzt ist der Fachmann. – Nur: Diese Überversorgung kostet doch das System und letztendlich die Versicherten viel Geld. Was wollen Sie, was können Sie dagegen tun? Oder lassen Sie die Dinge laufen?

Gesprächszeiten beim Arzt sind "erschreckend kurz"

Volker Leienbach: Also, erstmal ist ja der Standard, dass es eine gute Versorgung gibt, für die private Krankenversicherung würde ich sagen, dass es eine sehr gute Versorgung gibt. Dann gibt es die Phänomene, dass es eine unzureichende Versorgung gibt. Da werden Sie in der privaten Krankenversicherung wenig Beispiele für finden. Und es gibt auch das Phänomen, dass es eine Überversorgung gibt. Das ist gar keine Frage. Das findet auch in der privaten Krankenversicherung statt.
Wir haben uns ja in einem sehr intensiven Prozess ausführlich damit beschäftigt, nämlich bei der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte, wo wir sehr stark Anreizsysteme geschaffen haben, um die sprechende Medizin deutlich stärker zu gewichten.
Deutschlandradio Kultur: Also Beratungsgespräche.
Volker Leienbach: Beratung, genau. Also, wir haben festgestellt in Analysen, dass die Gesprächszeiten zwischen Arzt und Patient erschreckend kurz sind, dass der Patient, der ja ohnehin krank ist und von daher natürlich eine Belastung mit sich bringt, kaum Zeit hat, sich verständlich zu machen über seine Problematik, die ihn dahin treibt, und wenn der Arzt antwortet, dass er auch unter Zeitdruck steht und häufig auch so spricht, dass der Patient nur einen Teil, vielleicht sogar den falschen mit nimmt.
Deswegen haben wir gesagt, wir müssen unbedingt sehr viel stärker in Gesprächszeiten investieren und nicht nur, damit man sich irgendwie wohlfühlt, sondern weil wir felsenfest davon überzeugt sind, dass das ein wesentlicher Beitrag zur Qualität ist, dass es ein wesentlicher Beitrag zur richtigen Diagnostik und zur richtigen Therapie ist.
Gleichzeitig haben wir gesagt, es gibt diese Anreize. Ich bin völlig bei Ihnen, Herr Steinhage, dass Überuntersuchungen nicht mehr stattfinden, indem wir die Preise deutlich runter nehmen wollen bei Labordiagnostik, bei allen Formen der Radiologie. Und ich sage mal, die Mehrheit der Ärzte, sie sind ja wirklich ethisch basiert, die arbeiten jeden Tag von morgens bis abends, auch um die Leute gesund zu machen. Aber natürlich gibt es da auch Anreizsysteme. Und wenn ich weiß, wenn ich ein Gerät auslaste, verdiene ich x-fach mehr, als wenn ich es nicht auslaste, dann ist ein Anreiz da, den jeder von uns in seinem eigenen Beruf natürlich in anderen Sphären auch spüren würde. Und da muss man eben die Anreizsysteme so stellen, dass es auch zur bestmöglichen Versorgung führt.
Wir haben das in einem sehr intensiven Prozess getan im Rahmen der Gebührenordnung für Ärzte.
Deutschlandradio Kultur: Wo es hakt…
Volker Leienbach: Im Augenblick läuft ein ärzteinterner Abstimmungsprozess, zu dem wir als private Krankenversicherung im Augenblick wenig beitragen können.
Deutschlandradio Kultur: Okay, dann wollen wir uns da zurückhalten an der Stelle. Ich bleibe nochmal bei dem Thema von eben. Im Zuge mehrerer Gesundheitsreformen haben gesetzliche Krankenkassen sukzessive das Recht bekommen, Einzelverträge mit Leistungsanbietern wie zum Beispiel Krankenhäusern abzuschließen. So können die auf die Preisgestaltung Einfluss nehmen, also Kosten sparen – vulgo Wettbewerb. Im PKV-System ist das bis heute nicht möglich. – Wollen Sie das nicht? Oder lässt man Sie nicht?
Volker Leienbach: Wir haben auch einzelne Vertragskompetenzen, wenn ich die Frage dahingehend erstmal beantworten darf, gerade im Krankenhaussektor. Wir haben mit 1.500 Krankenhäusern Verträge über "Wahlleistung Unterkunft". Also, wenn Sie als Privatversicherter ins Krankenhaus gehen, dann haben Sie in aller Regel Anspruch auf Zwei- oder Einbettzimmer. Sie haben in aller Regel Anspruch auf Chefarztbehandlung. Und für diese Ausstattung der Zimmer und für die Preise der Zimmer verhandeln wir. Das ist nur ein Ausschnitt und es ist nicht alles, wie Sie zu Recht sagen, aber es ist ein ganz wesentlicher Ausschnitt, wo wir viel für Qualität und auch für Kostendisziplin getan haben.
Wir haben mittlerweile Vertragskompetenz im Bereich Arzneimittel. Die geht aber nicht so weit wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Deutschlandradio Kultur: …nicht die entsprechenden Mengenrabatte zum Beispiel.
Volker Leienbach: Ja. Das schaffen wir insofern nicht, weil es keinen Einigungszwang gibt. Wir sind auf das Wohlwollen des Gegenübers angewiesen.

PKV fordert Vertragskompetenzen

Deutschlandradio Kultur: Und warum sollte er wohlwollend sein?
Volker Leienbach: Und warum sollte er über so eine Showgrenze hinaus wohlwollend sein? Das heißt, es ist ein vergleichsweise stumpfes Schwert, solange es keinen Einigungszwang dort gibt. Wir haben den beim Gesetzgeber immer wieder eingefordert.
Deutschlandradio Kultur: Lässt der Gesetzgeber Sie hängen? Wie ist da Ihre Wahrnehmung?
Volker Leienbach: Lässt er Sie hängen? – Wir müssen ja auch zugestehen, es ist ein Paradigmenwechsel für die private Krankenversicherung. Wir haben uns früher, vor zwanzig Jahren, um das Leistungsgeschehen vergleichsweise wenig gekümmert. Das ist ja gewachsen in der privaten Krankenversicherung. Die Einsicht ist gewachsen, ist aber jetzt durch, dass auch wir uns um den Versicherungsgegenstand selber, also um Gesundheit kümmern müssen, dass wir dem Versicherten nicht mehr alleine dadurch gerecht werden, dass wir ihm einen Versicherungsvertrag geben, sondern dass wir schauen müssen, es gibt auch Qualität, und dass wir auch schauen müssen, die Preisgestaltung ist nachvollziehbar und sie ist angemessen.
Und wir fordern wirklich bei jeder Gelegenheit vom Gesetzgeber Vertragskompetenzen. Wir waren auch mit der Ärzteschaft ja schon sehr weit. Wir haben auch in diesem eben schon kurz angesprochenen Entwurf einer neuen Gebührenordnung für Ärzte auch diese Vertragskompetenzen in Richtung Qualität drin. Und auch auf ärztlicher Seite gibt es da durchaus Zuspruch. Das muss man sagen. Aber im Augenblick läuft, wie gesagt, dieser innerärztliche Klärungsprozess. – Aber wir wünschen uns mehr, Sie haben recht.
Deutschlandradio Kultur: Eine deutliche Mehrheit der privaten Krankenversicherer hat sich seit Jahresbeginn zu sogenannten "Leitlinien für einen transparenten und kundenorientierten Tarifwechsel" verpflichtet. Unabhängige Verbraucherschützer loben diesen Schritt. Denn gerade ein Mangel an Transparenz war stets ein Kernvorwurf gegen Ihre Branche.
Transparenz ist gut, aber warum zum Beispiel werden nur Kunden nach dem 55. Lebensjahr im Fall von Tariferhöhungen auf andere, vielleicht preisgünstigere Tarife hingewiesen? Warum nicht alle Kunden, unabhängig vom Alter?
Volker Leienbach: Wir haben ja einzelne Unternehmen im Bereich der privaten Krankenversicherung, die viele Tarife haben. Das ist ja auch ein Vorzug der privaten Krankenversicherung, dass man sich seinen Versicherungsschutz selber zusammenstellen kann, je nach Bedürfnis…

Die Gefahr der Intransparenz

Deutschlandradio Kultur: Es ist ein Tarifdschungel!
Volker Leienbach: .. und auch je nach Möglichkeit. Das Ergebnis ist, das Ergebnis von Wahlfreiheit und Vielfalt ist immer auch die Gefahr, dass es irgendwann nicht mehr transparent ist. Das ist zu Recht beklagt worden von Verbraucherschützern. Das ist zu Recht analysiert worden, dass ein einzelner Versicherter durch diese Vielfalt nicht mehr durchblickt, um eine rationale Entscheidung zu treffen.
Der Gesetzgeber sieht das Recht vor, dass ein Versicherter ab dem 60. Lebensjahr informiert wird über Tarifalternativen. So, wie das bisher praktiziert worden ist, war das in Einzelfällen immer noch gängige Praxis, dass der einzelne Versicherte dennoch nicht richtig durchgeblickt hat, um es mal ganz salopp zu formulieren. Und wir haben gesagt, wir müssen jetzt eine Transparenzoffensive machen, wir müssen dieses ganze Instrument der Möglichkeiten des Wechsels vom Versicherten her denken, und haben diese von Ihnen eben erwähnten Leitlinien benannt. Danach sind die Unternehmen verpflichtet, entweder über alle Tarife zu informieren oder, wenn das im Dschungel endet, Auswahlkriterien zu treffen, aus denen der Versicherte den für ihn best passenden Tarif auswählen kann. Also, er kriegt dann nur ein begrenztes Angebot.
Und damit das im Kundeninteresse erfolgt, haben wir das testieren lassen oder lassen das Testieren durch einen Wirtschaftsprüfer. Also, jedes einzelne Unternehmen weist nach, dass die Kriterien so gewählt sind, dass das gewünschte Ergebnis, nämlich dass der Kunde in den für ihn best passenden Tarif gehen kann, erreicht wird. Das Gesetz sieht vor, ab dem 60. Lebensjahr darüber zu informieren. Das ist – je nach Tarifvielfalt – ein sehr aufwendiges Unterfangen.
Wir haben jetzt gesagt, wir gehen einen Schritt weiter. Wir machen das ab dem 55. Lebensjahr.
Deutschlandradio Kultur: Kurzer Einschub: Sie sagen "wir". Es nehmen nicht alle teil, aber die meisten.
Volker Leienbach: Ja. Entschuldigung, das hätte ich dazu sagen sollen. Wir haben rund 85 Prozent des Marktes der Privatversicherten, die diesem Leitfaden unterliegen. Für alle anderen gilt natürlich auch, dass sie sich ans Gesetz halten müssen, aber sie haben nicht die Verpflichtung, bereits ab dem 55. Lebensjahr das zu leisten. Sie haben nicht die Verpflichtung, sich vom Wirtschaftsprüfer testieren zu lassen.
Es ist ein sehr aufwendiges Verfahren. Wir haben den gesetzlichen Rahmen weiter gesteckt, haben gesagt, ab dem 55. Lebensjahr, und wir haben auch gesagt, dass man innerhalb von drei Wochen eine qualifizierte Antwort bekommen muss, weil früher der Vorwurf erhoben worden ist, es gibt auch Beispiele dafür, dass es in Einzelfällen so war, dass das Verfahren unsachgemäß lange gedauert hat. Also, auch das dürfte jetzt hoffentlich der Vergangenheit angehören. Wir praktizieren das ja erst seit Januar.
Und darüber hinaus hat natürlich jeder Mann, jede Frau auch unterhalb von 55 die Möglichkeit, an seinen Versicherer heranzutreten. Aber es ist richtig, es erfolgt nicht automatisch.
Deutschlandradio Kultur: Zwei Drittel der gesetzlichen Krankenkassen haben in diesem Jahr ihre Zusatzbeiträge erhöht, sind also teurer geworden. Wir hatten ja zu Anfang der Sendung das Thema mit der Kostensteigerung bei Ihrem System. – Eine der nunmehr teuersten gesetzlichen Kassen, die DAK, hat bereit 184.000 Mitglieder an die Konkurrenz verloren. Bei den gesetzlichen findet also ein Wettbewerb statt. Bei der privaten Krankenvollversicherung gibt es dagegen nach meiner Wahrnehmung doch maximal einen Wettbewerb um Neukunden, also Menschen, die noch nicht im System sind.
Volker Leienbach: Wir haben in der Tat einen sehr intensiven Wettbewerb um Neukunden. Das ist völlig richtig. Wir haben auch einen Wettbewerb um Kunden, die noch keine allzu lange Verweildauer in der privaten Krankenversicherung haben.
Deutschlandradio Kultur: Die nach 2007 hereingekommen sind und jetzt einen Teil der Altersrückstellungen mitnehmen können, wenn sie wechseln.
Volker Leienbach: Genau. Wir haben einen neuen rechtlichen Rahmen seit 2009, dass Versicherte, die ab diesem Zeitpunkt gekommen sind, ihre Alterungsrückstellung bei einem Wechsel des Versicherers mitnehmen können, zum Teil. Das ist jetzt auch wiederum sehr technisch. Also, ein Teil dieser Alterungsrückstellung kann mitgenommen werden, um mögliche Wechselhindernisse zumindest in dem Fall deutlich zu reduzieren.
Deutschlandradio Kultur: Klammer auf: Der, der dem Basistarif entspricht – Klammer zu.
Volker Leienbach: Der dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung, dem Schutzniveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Und da gibt es auch einen intensiven Wettbewerb.
Deutschlandradio Kultur: An der Stelle müssen wir einen Schlusspunkt setzen. Vielen Dank, Herr Leienbach.
Volker Leienbach, Jahrgang 1954. Studium der Betriebswirtschaftslehre mit anschließender Promotion in Köln. Von 1981 bis 1983 Referent bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände. Von 1984 bis 2002 Geschäftsführer bei der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und –gestaltung. Seit Juli 2002 Direktor und Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Verband der Privaten Krankenversicherung.
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