Zensur findet doch statt
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In den USA werden Bücher bei Beschwerden aus den Schulbibliotheken entfernt. Es gibt sogar einen Podcast über verbannte Bücher. Wie sich das auswirken kann, zeigt Autor Alan Graz in seinem Buch "Amy und die geheime Bibliothek".
Eva Mitnick hat ein Formular ausgedruckt: Antrag zur erneuten Prüfung von Bibliotheksmaterial und Ressourcen. Die Direktorin der Abteilung für Dialog und Lernen an der öffentlichen Bibliothek von Los Angeles erklärt: Damit können Gäste beantragen, ein Buch aus der Bibliothek zu verbannen.
Sie werden gefragt, ob sie das Buch komplett gelesen haben, was sie daran beanstanden und warum. Dann bekommen sie eine detaillierte Antwort.
Podcast über verbannte Bücher
Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Mitnick in der Bibliothek. Noch nie hat sie erlebt, dass ein Buch verbannt wurde. Vor Kurzem ist das mit einem Manga-Titel passiert, so die Bibliothekarin:
"Jemand hatte sich beschwert, dass sehr viel Sex und Gewalt drin ist. Es gibt Bücher mit Sex und Gewalt in der Sektion für Teenager, aber wir haben dieses nochmal genauer angesehen. Es schien uns besser in der Abteilung für Erwachsene aufgehoben. Wir haben es umgestellt und das dem Gast mitgeteilt."
Anderswo in den USA werden Bücher aus Bibliotheken verbannt. Vor allem an Schulen, nachdem Eltern sich beschwert haben. Zum Beispiel: "Eine wie Alaska", John Greens Roman über einen Teenager, der sich im Internat verliebt. In einem Bezirk von Tennessee wurde das Buch verbannt.
Angefochten wurde es in mehreren US-Bundesstaaten, darunter von Ellen Cox. Sie ist Mutter einer Schülerin an der High School in Waukesha in Wisconsin. Einem lokalen Fernsehsender sagt sie, dass sie und ihr Mann das Buch als Lektüre für ihre Tochter für unangebracht halten: zu viel Drogen, zu viel Fluchen, zu viel Sex.
Der Schulbezirk tagte und entschied, das Buch in der Bibliothek zu lassen. Die Diskussion aber ist kein Einzelfall.
Jedes Jahr erscheint in den USA eine Liste der zehn Bücher, von denen am häufigsten gefordert wird, sie aus Bibliotheken im Land zu entfernen. Die Bibel gehörte dazu, wegen religiöser Meinungen, und Harry Potter wegen angeblichen Satanismus und Hexenkults. Es gibt sogar einen Podcast, der sich ausschließlich mit Büchern befasst, die in den USA aus Bibliotheken entfernt werden sollten oder wurden: "Banned Library Podcast".
Autoren fühlen sich durch Verbannung geehrt
Sex, Gewalt, Drogen, Sprache und Religion sind die häufigsten Gründe für Beschwerden. In Los Angeles, erklärt Bibliothekssprecherin Eva Mitnick, beantragen Leser eher das Verbannen von Büchern, die in ihren Augen rassistisch oder rechtsextrem sind, wie zum Beispiel Literatur, die den Holocaust verleugnet:
"Ich freue mich sehr, dass die Menschen so eine starke Meinung haben und Büchern so viel Einfluss zutrauen. Ich wünsche mir nur, dass wir sie davon überzeugen können, ihre eigenen Werte niemandem aufzuzwingen, dass sich Vernunft, Güte und Toleranz durchsetzen. Wir müssen alle Bücher behalten."
Manche Autorinnen und Autoren sehen es als Ehre, Teil des "Banned Book"-Clubs zu sein. Wenn sie allerdings auf Social Media wild beschimpft werden und sogar Morddrohungen bekommen, hört der Spaß auf.
Lauren Myracle schreibt Bücher für Teenager, in denen junge Frauen offen über Sex reden, über ihren Körper, über ihre Periode. Eltern greifen nicht nur ihre Werke an, sondern auch die Autorin persönlich. Zum Beispiel, als ihr Buch TTYL in Texas aus Bibliotheken verbannt wurde: Eine Frau schickte Emails an alle ihre Kontakte, in denen es hieß, Satan tobe durch das Land und sein Name sei Lauren Myracle.
Kinder suchen sich Bücher im Internet
All dies, erklärt Alan Graz in einem Interview mit dem Radiosender NPR, veranlasste ihn, in "Amy und die geheime Bibliothek" zu zeigen, was passieren kann, wenn man anfängt, Bücher zu verbannen:
"Wenn Du sagst: Ich mag dieses Buch nicht, weil mir etwas, was da drin steht, nicht gefällt, dann musst du anderen auch erlauben, Bücher aus dem Regal zu nehmen. Am Ende haben wir dann gar keine Bücher mehr."
Das aber ist in den USA momentan nicht zu befürchten.
Abgesehen davon, dass Kinder und Teenager verbannte Bücher garantiert irgendwo finden werden. Wenn Kinder hören, dass ein Buch aus ihrer Schule entfernt wurde, dann machen sie sich daran, es irgendwo zu finden. Im Internet zum Beispiel oder in der öffentlichen Bibliothek von Los Angeles. "Wir sind für Euch da", verspricht Eva Mitnick.