Verblüffende Funde
Dass Wikinger schon 500 Jahre vor Kolumbus Amerika ereichten, ist bekannt. Der Forscher Hans Giffhorn präsentiert nun in seinem Buch eine neue, sehr spektakuläre These: Bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus sollen sich Bewohner Karthagos in Südamerika angesiedelt haben.
Die Karthager hätten im heutigen Peru, am Ostabhang der Anden, die Kultur der Chachapoya-Indianer begründet. Bis heute wissen Forscher nur wenig über dieses Volk, das Festungen, Steinhäuser und zahlreiche Mumien hinterlassen hat. Stattdessen blühten bislang zahlreiche Spekulationen über ausgewanderte Phönizier oder Wikinger.
Giffhorns These hat aber mehr Substanz. Er erforscht seit 15 Jahren die Herkunft der Chachapoya-Kultur, nicht allein, sondern mit Hilfe von Wissenschaftlern anderer Disziplinen. Detailverliebt, anschaulich und bei aller Wissenschaftlichkeit gut lesbar entwickelt er in seinem Buch folgendes Szenario: Flüchtende Einwohner Karthagos hätten nach der Zerstörung ihrer Heimatstadt durch die Römer gemeinsam mit verbündeten Kelten von den Balearen aus den Atlantik überquert, wären dann, da es an der Küste keine Handelspartner gab, den Amazonas hinaufgesegelt und hätten sich schließlich am Ostrand der Anden niedergelassen.
Beweise? Die Chachapoay bauten runde Steinhäuser, die keltischen Bauten im Baskenland wie ein Ei dem anderen ähneln, sie errichteten eine riesige Festung (die ebenfalls an keltische Bauwerke erinnert), sie nutzten andere Steinschleudern als die meisten Indianer (nämlich solche wie Balearenvölker), sie schmückten wie diese ihre Grabstätten mit den Schädeln erschlagener Feinde, und öffneten bei Kopferkrankungen die Schädel der Kranken wie es die Kelten auf Mallorca taten.
Und - was Giffhorn hellhörig machte - die Chachapoya wurden von den Inka und den spanischen Konquistadoren oft als hellhäutig beschrieben. Auch heute leben hier noch zahlreiche hellhäutige und blonde Menschen, die genetische Ähnlichkeiten mit Europäern aufweisen.
So baut Giffhorn anhand von Karten, Bildern und Vergleichen eine spannende und überzeugende Indizienkette auf, wenn auch mit einigen Lücken: Auch andere indianische Völker bauten runde Steinhäuser und riesige Festungen. Hellhäutige Blonde gab es auch unter den europäischen Konquistadoren des 16. Jahrhunderts. Und auch die zeugten Nachkommen.
Hans Giffhorns These klingt zwar plausibel, aber Plausibilität ist letztlich kein harter Beweis. Nur genetische Untersuchungen präkolonialer Mumien könnten Sicherheit liefern, wie der Autor auch selbst weiß. Und so sichert er sich am Ende selbst ab: Er wolle nur Denkanstöße liefern – Wissenschaft im Konjunktiv. Das ist ihm gelungen.
Besprochen von Günther Wessel
Hans Giffhorn: Wurde Amerika in der Antike entdeckt? Karthager, Kelten und das Rätsel der Chachapoya
C. H. Beck Verlag, München 2013, 288 Seiten, zahlreiche Fotos und Karten, 18,95 Euro
Giffhorns These hat aber mehr Substanz. Er erforscht seit 15 Jahren die Herkunft der Chachapoya-Kultur, nicht allein, sondern mit Hilfe von Wissenschaftlern anderer Disziplinen. Detailverliebt, anschaulich und bei aller Wissenschaftlichkeit gut lesbar entwickelt er in seinem Buch folgendes Szenario: Flüchtende Einwohner Karthagos hätten nach der Zerstörung ihrer Heimatstadt durch die Römer gemeinsam mit verbündeten Kelten von den Balearen aus den Atlantik überquert, wären dann, da es an der Küste keine Handelspartner gab, den Amazonas hinaufgesegelt und hätten sich schließlich am Ostrand der Anden niedergelassen.
Beweise? Die Chachapoay bauten runde Steinhäuser, die keltischen Bauten im Baskenland wie ein Ei dem anderen ähneln, sie errichteten eine riesige Festung (die ebenfalls an keltische Bauwerke erinnert), sie nutzten andere Steinschleudern als die meisten Indianer (nämlich solche wie Balearenvölker), sie schmückten wie diese ihre Grabstätten mit den Schädeln erschlagener Feinde, und öffneten bei Kopferkrankungen die Schädel der Kranken wie es die Kelten auf Mallorca taten.
Und - was Giffhorn hellhörig machte - die Chachapoya wurden von den Inka und den spanischen Konquistadoren oft als hellhäutig beschrieben. Auch heute leben hier noch zahlreiche hellhäutige und blonde Menschen, die genetische Ähnlichkeiten mit Europäern aufweisen.
So baut Giffhorn anhand von Karten, Bildern und Vergleichen eine spannende und überzeugende Indizienkette auf, wenn auch mit einigen Lücken: Auch andere indianische Völker bauten runde Steinhäuser und riesige Festungen. Hellhäutige Blonde gab es auch unter den europäischen Konquistadoren des 16. Jahrhunderts. Und auch die zeugten Nachkommen.
Hans Giffhorns These klingt zwar plausibel, aber Plausibilität ist letztlich kein harter Beweis. Nur genetische Untersuchungen präkolonialer Mumien könnten Sicherheit liefern, wie der Autor auch selbst weiß. Und so sichert er sich am Ende selbst ab: Er wolle nur Denkanstöße liefern – Wissenschaft im Konjunktiv. Das ist ihm gelungen.
Besprochen von Günther Wessel
Hans Giffhorn: Wurde Amerika in der Antike entdeckt? Karthager, Kelten und das Rätsel der Chachapoya
C. H. Beck Verlag, München 2013, 288 Seiten, zahlreiche Fotos und Karten, 18,95 Euro