Verbot von Ferienwohnungen in Berlin

Wird Wohnraum jetzt günstiger?

Ein Schlüssel mit einem Schlüsselanhänger, auf dem "Ferienwohnung" zu lesen ist, hängt an einer Wohnungstür in Berlin.
In Berlin ist es inzwischen verboten, die eigene Wohnung gegen Geld als Ferienwohnung anzubieten. © picture-alliance/ dpa / Britta Pedersen
Von Anja Nehls |
Seit zwei Jahren dürfen Wohnungen in Berlin nur noch mit gewerblicher Genehmigung als Ferienwohnung an Touristen vermietet werden. Nach einer Übergangsfrist entscheidet sich nun, ob das Verbot den Wohnungsmarkt entspannen kann.
Hinter den Fenstern im Apartmenthaus in der Charlottenburger Rankestraße flattern noch die gestreiften Vorhänge. Dorit und Rudi Kollek hatten sie seinerzeit aufgehängt, als sie die Apartments noch als Ferienwohnungen vermietet hatten. Jahrelang lief das problemlos, alle Beteiligten waren zufrieden, sagt Rudi Kollek:
"Das Haus gehört einer irischen Gesellschaft und da ist es auch so gewesen, dass wenn was leer wurde, die haben immer gerne an uns weitervermietet, weil wir ja auch einen eigenen Hausmeister hatten und nicht wegen jedem Tralala uns da immer gemeldet haben, Mietzahlungen waren auch nie ein Problem, also es gab mehrere, wo wir immer gerne angesprochen wurden, wenn was frei war.."
Mehr als 40 Wohnungen hatten die Kolleks für verschiedene Eigentümer an Feriengäste vermietet. Vor neun Jahren hatten sie das Geschäft für einen sechsstelligen Betrag übernommen, nun ist es wertlos. Die Kolleks haben aufgegeben – auch aus Angst vor den angedrohten 100.000 Euro Bußgeld pro illegal vermieteter Ferienwohnung. Obwohl die Wohnungen nun Dauermietern zur Verfügung stehen sollen, wohnt in dem Haus in der Rankestraße - Bestlage unweit des Berliner Kurfürstendamms – zur Zeit offenbar aber niemand.

"Da wird luxussaniert und dann als Eigentum verkauft"

Mit einem nachdenklichen Blick auf seine Gardinen zweifelt Rudi Kollek daran, dass die Rechnung des Berliner Senats in diesem oder anderen Fällen aufgeht:
"Es kann aus mehreren Gründen wahrscheinlich nicht realisiert werden, weil erstens die Apartments nicht so toll für Wohnen geeignet sind, weil die Bäder extrem klein sind und man Probleme hat, die Waschmaschine oder sowas reinzustellen, zweitens haben wir über Hörensagen, dass die Mieten doch drastisch gestiegen sind und wohl bis jetzt keine oder wenig Menschen da eingezogen sind. Und in anderen wissen wir, da wird luxussaniert und dann eben als Eigentum verkauft und nicht unbedingt an Leute, die da wohnen wollen, sondern an Investoren."
Die dann teuer weiterverkaufen oder ebenfalls hohe Mieten aufrufen. Dennoch sei das Verbot der Ferienwohnungen in Berlin richtig, sagt Mittes Stadtrat Stephan von Dassel. Ungefähr 6000 angemeldete Ferienwohnungen habe es in Berlin gegeben, plus eine zwei- bis dreimal so hohe Dunkelziffer.
Seit das Zweckentfremdungsverbotsgesetz vor zwei Jahren in Kraft getreten ist, seien seiner Schätzung nach bis zu 500 Wohnungen allein in Mitte wieder dem regulären Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt und an Berliner vermietet worden:
"Man kann auf jeden Fall sagen, dass sich der Aufwand, der Verwaltungsaufwand gelohnt hat, weil in ganz Berlin werden vielleicht 12, 15 maximal 20.000 Wohnungen gebaut und wenn dann in einem Bezirk 500 Wohnungen innerhalb von zwei Jahren rückgewonnen werden können, dann ist das schon eine beträchtliche Zahl."

Geschätzter Bedarf: 150.000 neue Wohnungen

150.000 neue Wohnungen werden aber in Berlin gebraucht, um den Wohnungsmarkt auch nur halbwegs zu entspannen, schätzen Experten. Die große Nachfrage führt jetzt zu hohen Preisen, auch bei den ehemaligen Ferienwohnungen. Das sieht auch Stadtrat von Dassel – aber:
"Jede Wohnung auf dem Markt entlastet den Markt und wenn eben Gutverdienende eben in diesem Segment Wohnungen finden, dann drängen sie weniger auf das Segment mit bezahlbaren Wohnungen. Ich denke schon, dass der dramatische Anstieg der Mieten durch den Wohnungsbau, aber auch durch die Rückführung von Ferienwohnungen auch gebremst werden kann."
Das bezweifeln die Betreiber der Ferienwohnungen, da ihre Apartments angesichts von knapp zwei Millionen Berliner Mietwohnungen einen Anteil von unter einem Prozent ausmachten. Damit haben sie auch vor dem Verwaltungsgericht argumentiert.
Außerdem empfinden sie es als ungerecht, dass zum Beispiel Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater von dem neuen Gesetz geschützt werden, obwohl sie ebenfalls Wohnungen als Gewerberäume zweckentfremden. Das Gericht folgte ihren Argumenten jedoch nicht. Nun geht der Streit in die nächste Instanz.

Stadtrat hätte gerne noch mehr verboten

Mittes Stadtrat Stephan von Dassel wirft Eigentümern, die ihre Wohnungen als Ferienwohnung vermieten, Profitgier vor. Um noch mehr Wohnungen zurückzugewinnen hätte er das Gesetz deshalb auch gerne noch viel weiter gefasst:
"Das ist natürlich ein Problem, dass wir durchaus die eine oder andere gewerbliche Nutzung in Wohnungen gerne untersagt hätten, die eben nicht Ferienwohnungen sind, sondern z.B. das Kosmetikstudio, die Rechtsanwaltskanzlei, das Steuerbüro. Da wäre sicherlich nochmal einiges zusammengekommen. Aber das hat der Gesetzgeber eben nicht so vorgesehen, ich persönlich hätte das begrüßt."
Stattdessen dürfen diese Gewerbetreibenden in der Regel solange in den Wohnungen bleiben, bis sie das Geschäft aufgeben. Rudi Kollek hätte sich das auch für die Ferienwohnungen gewünscht:
"Ich verstehe die Wohnungsproblematik, die ist nachvollziehbar. Alle, die wir kennen, die Wohnungen vermietet haben, haben gesagt, das wäre ok, wenn man jetzt sagt, Bestandsschutz für das was ist, wer aufgibt ist weg."

Betreiber von Ferienapartments wollen weiter kämpfen

Die Kolleks haben jetzt aufgegeben. Rudi Kollek wird sich erstmal arbeitslos melden, wie die Zukunft aussieht, wissen sie noch nicht. Aus Angst um die eigene Existenz wollen viele andere Betreiber von Ferienapartments aber weiter kämpfen. Viele vermieten einfach weiter, nach der derzeitigen Gesetzeslage illegal:
"Ich habe nur angemietete Wohnungen. Das heißt ich kann nicht wie andere einfach umschwenken auf Langzeitvermietung und ich kann meine Wohnungen auch nicht verkaufen und mir einen schönen Tag machen, sondern ich kann meine Firma, die ich aufgebaut habe und die meine Existenz bedeutet, einfach nur zumachen. – Die Wohnungen sind gemietet. Ich muss Miete zahlen, also muss ich auch weiter vermieten, sonst kann ich die Miete nicht zahlen. Also das Geschäft wäre kaputt, ein zweites habe ich nicht, klar man steht vor dem Aus."
Deshalb hatten über 500 Betreiber bei den Bezirken noch in den ersten drei Monaten dieses Jahres einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung gestellt. Nur gut ein Dutzend ist bis jetzt genehmigt worden. Ende Juli gab es auf dem Vermittlungsportal Wimdu für das letzte Augustwochenende aber immer noch über 100 Angebote für Ferienwohnungen in der Stadt.
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