Verbündet im Kampf gegen die Taliban
Die ISAF-Truppen arbeiteten mit Pakistan beim Kampf gegen die Taliban intensiv zusammen, lobt Brigadegeneral Josef Blotz. Das Land habe klar erkannt, wer der gemeinsame Feind sei, sagt der ISAF-Sprecher nach der Öffnung der von Pakistan zehn Tage blockierten Grenze zu Afghanistan.
Jan-Christoph Kitzler: Über die Lage im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet spreche ich jetzt mit Brigadegeneral Josef Blotz. Er ist Sprecher der ISAF-Truppe in Afghanistan. Guten Morgen nach Kabul!
Josef Blotz: Guten Morgen nach Berlin! Ich freue mich, mit Ihnen zu sprechen und meine Sprechertätigkeit auch auf Deutsch ausüben zu können! Guten Morgen!
Kitzler: Einen großen Teil des Nachschubs bekommt die sehr internationale ISAF-Truppe ja über Pakistan. Wäre denn eine längere Schließung der Grenze gefährlich geworden für die Soldaten?
Blotz: Nein, überhaupt nicht. Wir haben rund ein Prozent verloren, wissen, was wir brauchen, die Operationen sind in keiner Weise irgendwie behindert oder verlangsamt worden, es ist auch nichts ausgefallen an Flug- oder Fahrzeugbewegungen. Ein weiterer Grund liegt übrigens darin, dass wir auch zu den nördlichen Nachbarländern Grenzübergänge haben zum Beispiel nach Usbekistan und Tadschikistan, über die jede Menge Versorgungsgüter reinkommen. Und wir hätten das noch sehr lange aushalten können. Es ist allerdings besser, dass wir das Problem jetzt so gelöst haben, denn insgesamt erleichtert es schon den Betrieb. Aber eine richtige Behinderung für die ISAF-Einsätze war es in gar keiner Weise.
Kitzler: Trotzdem, für den Kampf gegen die Taliban ist es wichtig, dass die pakistanische Seite mitspielt. Was steckt denn jetzt hinter der Öffnung der Grenze in Ihren Augen? Die wirkliche Einsicht der Pakistanis oder wurde die Lage an der Grenze, wo sich die LKW gestaut haben, einfach nur zu schwierig?
Blotz: Ja, ich denke, alles das kommt zusammen. Wir arbeiten ja mit Pakistani, dem pakistanischen Militär intensiv zusammen, es gibt eine Dreierkommission: Pakistan, Afghanistan und ISAF. Es gibt Grenzkoordinationszentren entlang dieser langen Grenze zwischen beiden Ländern, die auch wirklich schwierig zu überwachen ist. Der grenzüberschreitende Terrorismus, das, was wir an Talibanbewegung sehen, ist eine Bedrohung für alle Beteiligten, für Pakistan und für Afghanistan, und deswegen muss dieser gemeinsame Feind gemeinsam bekämpft werden. Das geschieht auch von beiden Seiten und die Pakistani machen eine ganze Menge. Dass die die Grenze an dieser einen Stelle – nicht die gesamte Grenze wie gesagt – dichtgemacht haben, ist nachvollziehbar, wenn man sich in die pakistanischen Schuhe stellt im Moment. Dass sie das jetzt wieder aufgehoben haben, ist aber auch erwartbar gewesen und logisch, denn im Grunde genommen haben die Pakistaner ja selber dadurch auch ein Problem, auch ein Sicherheitsproblem. Wenn sich über zehn Tage Hunderte, ja fast Tausende von LKW irgendwo stauen, dann ist das natürlich für die Pakistani auch ein Sicherheitsproblem und sie verlieren im Übrigen selber dadurch auch Geld.
Kitzler: Sprechen Sie eigentlich noch vom Kampfeinsatz nur in Afghanistan, oder ist es längst auch ein Krieg, der auch auf pakistanischer Seite geführt wird?
Blotz: Also es ist aus der pakistanischen Perspektive natürlich auch ein Kampf gegen die Aufständischen, die wie gesagt ja eine grenzüberschreitende Aktivität dort wahrnehmen. Das bezieht sich allerdings nicht auf ISAF. Das ISAF-Mandat ist ja ganz klar auf Afghanistan begrenzt. Wir arbeiten halt zusammen. ISAF mit 47 Nationen und 130.000 Soldaten bis an die Grenze, und darüber hinaus die Koordination mit den Pakistani, und das läuft im Moment gut. Man kann das immer noch weiter verbessern im Sinne von Koordination und Austausch von Informationen, aber daran wird intensiv gearbeitet auf allen Ebenen.
Kitzler: Sind Sie denn sich sicher, dass Pakistan dauerhaft an der Seite des Westens steht, oder gibt es da auch viel Misstrauen nach den jüngsten Berichten?
Blotz: Also zunächst mal bin ich als Sprecher von ISAF weniger berufen, ein Urteil über die pakistanische politische Einstellung oder Perspektive zu geben. Aber das, was wir hier ganz konkret vor Ort sehen, ist, dass Pakistan definitiv sehr klar erkannt hat, wer der gemeinsame Feind ist und gegen wen man sich stellen muss, und das geht nur in Koordination mit den hier in der Region Tätigen. Das sind die Amerikaner auf bilateraler Beziehung mit den Pakistani, das sind aber vor allem die 47 ISAF-Nationen. Ich denke, man kann das ganze Afghanistanproblem weder sehen noch lösen, ohne den regionalen Zusammenhang zu beachten. Und das ist den Pakistani sehr wohl klar.
Kitzler: Jetzt gibt es auch Berichte über Friedensgespräche der Taliban mit der afghanischen Regierung, das hat Präsident Karzai bestätigt, und dabei sollen auch Vertreter der Taliban aus dem pakistanischen Grenzgebiet sein. Sind das für Sie gute Nachrichten, oder macht das die Lage noch unübersichtlicher?
Blotz: Ich glaube, dass der Präsident Karzai mit der Ankündigung, dieses Versöhnungs- und Reintegrationsprogramm zu starten – übrigens ist das schon eine Idee vom November letzten Jahres –, dass er damit absolut den richtigen Weg geht. Das ist ein afghanisches Programm, die wissen glaube ich sehr genau, was sie wollen, mit wem sie reden können und mit wem nicht, und da mischen wir uns auch nicht ein. ISAF steuert diesen Prozess nicht, wir unterstützen das politisch und organisatorisch. Ich denke, dass die Versöhnungsbereitschaft hier in Afghanistan stark ausgeprägt ist. Nach über 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg glaube ich führt kein Weg daran vorbei, nach vorne zu schauen, und nicht nur immer nach hinten. Und ich denke, dass man der afghanischen Seite, die ja jetzt gerade diesen sogenannten Hohen Friedensrat berufen hat – und gestern ist dessen Vorsitzender auch gewählt worden –, dass die absolut damit den richtigen Weg gehen und wir insgesamt von der militärischen Seite, von der zivilen Seite und auch vonseiten der Versöhnung und Wiedereingliederungsperspektive insgesamt einen Gesamtansatz hier im Moment sehen, der am besten dieser ganzen Komplexität von Problemen insgesamt gerecht wird.
Kitzler: Das heißt aber auch, allein mit militärischen Mitteln ist der Krieg nicht zu gewinnen, sondern es müssen weitere Maßnahmen hinzukommen?
Blotz: Ja, absolut. Ja, wir sind nie der Auffassung gewesen, dass die Entscheidung hier in Afghanistan auf dem Schlachtfeld zu suchen ist, ganz im Gegenteil. Die Probleme, die letzten Endes wirklich sagen wir mal hier die ganz harten Nüsse darstellen, an denen gearbeitet werden muss, das sind überwiegend Probleme, die sich dem militärischen Instrument ja auch entziehen. Es geht hier um wirtschaftliche Perspektive, Strom, Wasser, Infrastruktur, Erziehung, Krankenhäuser, Schulen und so weiter, und so weiter. Aber der Punkt ist, um alles das zu erreichen und aufzubauen, wir Sicherheit brauchen. Dafür ist ISAF da. Wir schaffen die Chance für eine verbesserte Regierungsfähigkeit und Entwicklung und Wiederaufbau. Und es ist in der Tat so, dass wir das Problem hier in Afghanistan nicht militarisieren dürfen und damit auch simplifizieren dürfen, das wäre ein Fehler. Es geht in der Tat um sehr viel mehr als um den Einsatz der militärischen Instrumente, und das haben die Afghanen spätestens nach der Tagung vom 20. Juli sehr genau begriffen.
Kitzler: Der Kampf gegen die Taliban und besonders die Lage im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, darüber sprach ich mit Brigadegeneral Josef Blotz, dem Sprecher der ISAF-Truppen in Afghanistan. Vielen Dank für das Gespräch!
Blotz: Ja, gerne! Auf Wiederhören!
Josef Blotz: Guten Morgen nach Berlin! Ich freue mich, mit Ihnen zu sprechen und meine Sprechertätigkeit auch auf Deutsch ausüben zu können! Guten Morgen!
Kitzler: Einen großen Teil des Nachschubs bekommt die sehr internationale ISAF-Truppe ja über Pakistan. Wäre denn eine längere Schließung der Grenze gefährlich geworden für die Soldaten?
Blotz: Nein, überhaupt nicht. Wir haben rund ein Prozent verloren, wissen, was wir brauchen, die Operationen sind in keiner Weise irgendwie behindert oder verlangsamt worden, es ist auch nichts ausgefallen an Flug- oder Fahrzeugbewegungen. Ein weiterer Grund liegt übrigens darin, dass wir auch zu den nördlichen Nachbarländern Grenzübergänge haben zum Beispiel nach Usbekistan und Tadschikistan, über die jede Menge Versorgungsgüter reinkommen. Und wir hätten das noch sehr lange aushalten können. Es ist allerdings besser, dass wir das Problem jetzt so gelöst haben, denn insgesamt erleichtert es schon den Betrieb. Aber eine richtige Behinderung für die ISAF-Einsätze war es in gar keiner Weise.
Kitzler: Trotzdem, für den Kampf gegen die Taliban ist es wichtig, dass die pakistanische Seite mitspielt. Was steckt denn jetzt hinter der Öffnung der Grenze in Ihren Augen? Die wirkliche Einsicht der Pakistanis oder wurde die Lage an der Grenze, wo sich die LKW gestaut haben, einfach nur zu schwierig?
Blotz: Ja, ich denke, alles das kommt zusammen. Wir arbeiten ja mit Pakistani, dem pakistanischen Militär intensiv zusammen, es gibt eine Dreierkommission: Pakistan, Afghanistan und ISAF. Es gibt Grenzkoordinationszentren entlang dieser langen Grenze zwischen beiden Ländern, die auch wirklich schwierig zu überwachen ist. Der grenzüberschreitende Terrorismus, das, was wir an Talibanbewegung sehen, ist eine Bedrohung für alle Beteiligten, für Pakistan und für Afghanistan, und deswegen muss dieser gemeinsame Feind gemeinsam bekämpft werden. Das geschieht auch von beiden Seiten und die Pakistani machen eine ganze Menge. Dass die die Grenze an dieser einen Stelle – nicht die gesamte Grenze wie gesagt – dichtgemacht haben, ist nachvollziehbar, wenn man sich in die pakistanischen Schuhe stellt im Moment. Dass sie das jetzt wieder aufgehoben haben, ist aber auch erwartbar gewesen und logisch, denn im Grunde genommen haben die Pakistaner ja selber dadurch auch ein Problem, auch ein Sicherheitsproblem. Wenn sich über zehn Tage Hunderte, ja fast Tausende von LKW irgendwo stauen, dann ist das natürlich für die Pakistani auch ein Sicherheitsproblem und sie verlieren im Übrigen selber dadurch auch Geld.
Kitzler: Sprechen Sie eigentlich noch vom Kampfeinsatz nur in Afghanistan, oder ist es längst auch ein Krieg, der auch auf pakistanischer Seite geführt wird?
Blotz: Also es ist aus der pakistanischen Perspektive natürlich auch ein Kampf gegen die Aufständischen, die wie gesagt ja eine grenzüberschreitende Aktivität dort wahrnehmen. Das bezieht sich allerdings nicht auf ISAF. Das ISAF-Mandat ist ja ganz klar auf Afghanistan begrenzt. Wir arbeiten halt zusammen. ISAF mit 47 Nationen und 130.000 Soldaten bis an die Grenze, und darüber hinaus die Koordination mit den Pakistani, und das läuft im Moment gut. Man kann das immer noch weiter verbessern im Sinne von Koordination und Austausch von Informationen, aber daran wird intensiv gearbeitet auf allen Ebenen.
Kitzler: Sind Sie denn sich sicher, dass Pakistan dauerhaft an der Seite des Westens steht, oder gibt es da auch viel Misstrauen nach den jüngsten Berichten?
Blotz: Also zunächst mal bin ich als Sprecher von ISAF weniger berufen, ein Urteil über die pakistanische politische Einstellung oder Perspektive zu geben. Aber das, was wir hier ganz konkret vor Ort sehen, ist, dass Pakistan definitiv sehr klar erkannt hat, wer der gemeinsame Feind ist und gegen wen man sich stellen muss, und das geht nur in Koordination mit den hier in der Region Tätigen. Das sind die Amerikaner auf bilateraler Beziehung mit den Pakistani, das sind aber vor allem die 47 ISAF-Nationen. Ich denke, man kann das ganze Afghanistanproblem weder sehen noch lösen, ohne den regionalen Zusammenhang zu beachten. Und das ist den Pakistani sehr wohl klar.
Kitzler: Jetzt gibt es auch Berichte über Friedensgespräche der Taliban mit der afghanischen Regierung, das hat Präsident Karzai bestätigt, und dabei sollen auch Vertreter der Taliban aus dem pakistanischen Grenzgebiet sein. Sind das für Sie gute Nachrichten, oder macht das die Lage noch unübersichtlicher?
Blotz: Ich glaube, dass der Präsident Karzai mit der Ankündigung, dieses Versöhnungs- und Reintegrationsprogramm zu starten – übrigens ist das schon eine Idee vom November letzten Jahres –, dass er damit absolut den richtigen Weg geht. Das ist ein afghanisches Programm, die wissen glaube ich sehr genau, was sie wollen, mit wem sie reden können und mit wem nicht, und da mischen wir uns auch nicht ein. ISAF steuert diesen Prozess nicht, wir unterstützen das politisch und organisatorisch. Ich denke, dass die Versöhnungsbereitschaft hier in Afghanistan stark ausgeprägt ist. Nach über 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg glaube ich führt kein Weg daran vorbei, nach vorne zu schauen, und nicht nur immer nach hinten. Und ich denke, dass man der afghanischen Seite, die ja jetzt gerade diesen sogenannten Hohen Friedensrat berufen hat – und gestern ist dessen Vorsitzender auch gewählt worden –, dass die absolut damit den richtigen Weg gehen und wir insgesamt von der militärischen Seite, von der zivilen Seite und auch vonseiten der Versöhnung und Wiedereingliederungsperspektive insgesamt einen Gesamtansatz hier im Moment sehen, der am besten dieser ganzen Komplexität von Problemen insgesamt gerecht wird.
Kitzler: Das heißt aber auch, allein mit militärischen Mitteln ist der Krieg nicht zu gewinnen, sondern es müssen weitere Maßnahmen hinzukommen?
Blotz: Ja, absolut. Ja, wir sind nie der Auffassung gewesen, dass die Entscheidung hier in Afghanistan auf dem Schlachtfeld zu suchen ist, ganz im Gegenteil. Die Probleme, die letzten Endes wirklich sagen wir mal hier die ganz harten Nüsse darstellen, an denen gearbeitet werden muss, das sind überwiegend Probleme, die sich dem militärischen Instrument ja auch entziehen. Es geht hier um wirtschaftliche Perspektive, Strom, Wasser, Infrastruktur, Erziehung, Krankenhäuser, Schulen und so weiter, und so weiter. Aber der Punkt ist, um alles das zu erreichen und aufzubauen, wir Sicherheit brauchen. Dafür ist ISAF da. Wir schaffen die Chance für eine verbesserte Regierungsfähigkeit und Entwicklung und Wiederaufbau. Und es ist in der Tat so, dass wir das Problem hier in Afghanistan nicht militarisieren dürfen und damit auch simplifizieren dürfen, das wäre ein Fehler. Es geht in der Tat um sehr viel mehr als um den Einsatz der militärischen Instrumente, und das haben die Afghanen spätestens nach der Tagung vom 20. Juli sehr genau begriffen.
Kitzler: Der Kampf gegen die Taliban und besonders die Lage im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, darüber sprach ich mit Brigadegeneral Josef Blotz, dem Sprecher der ISAF-Truppen in Afghanistan. Vielen Dank für das Gespräch!
Blotz: Ja, gerne! Auf Wiederhören!