Rechtsextremismus-Vorwürfe

Silke Schröder verlässt den Verein Deutsche Sprache

Vor einer grauen Fassade steht ein Straßenschild mit einem Pfeil, der nach rechts zeigt.
Der Verein Deutsche Sprache kämpft gegen Anglizismen und das Gendern. Doch wie geht er mit den Vorwürfen gegen Vorstandsmitglied Silke Schröder um, die ein rechtes Treffen besuchte? © Getty Images / Colors Hunter - Chasseur de Coul
Silke Schröder ist aus dem Vorstand des Vereins Deutsche Sprache zurückgetreten und hat den Verein verlassen. Sie hatte an einem rechtsextremen Vernetzungstreffen teilgenommen und damit viel Kritik ausgelöst. Wie rechts ist der Verein?
Der Verein Deutsche Sprache hat sich der Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer althergebrachten Form verschrieben – und kämpft besonders gegen den Einfluss des Englischen und das Gendern. Die Immobilienunternehmerin Silke Schröder trat nun als Vorstandsmitglied zurück. Zugleich trat sie aus dem Verein aus.
Grund ist: Sie hat laut Recherchen von „Correctiv“ Ende 2023 an einem Treffen in Potsdam teilgenommen, bei dem auch Rechtsextremisten waren. Laut „Correctiv“ ging es dabei um die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland.

Was für ein Geheimtreffen mit Rechtsextremen fand in Potsdam statt?

AfD-Politiker sollen sich im November 2023 mit radikalen und extremen Rechten sowie mit Unternehmern in Potsdam getroffen haben, um die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu besprechen. Dies brachte vor wenigen Tagen ein Bericht des Recherchenetzwerks „Correctiv“ ans Licht. Es hatte demnach im November in einer Villa in Potsdam stattgefunden.
Unter den Teilnehmenden des Treffens sollen eine führende Person der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und hochrangige AfD-Vertreter gewesen sein – darunter der persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig. Wenige Tage nach der Veröffentlichung hat Weidel die Zusammenarbeit mit Hartwig beendet. Außerdem waren die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy – sowie zwei CDU-Mitglieder vor Ort, die der rechtskonservativen Werteunion angehören.
In Nordrhein-Westfalen hat inzwischen ein CDU-Ortsverband ein Parteiausschlussverfahren gegen ein Parteimitglied eingeleitet, das bei dem Treffen dabei gewesen sein soll.
Die Bundes-CDU hatte bereits zuvor angekündigt zu prüfen, wer aus ihren Reihen womöglich an dem Treffen teilgenommen hat. In der Wirtschaft hatte der „Correctiv“-Bericht bereits Konsequenzen: Die Restaurantkette "Hans im Glück" trennte sich umgehend von einem Mitgesellschafter.*

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Wer ist Silke Schröder und warum wird sie kritisiert?

Silke Schröder war Mitglied im Vorstand des Vereins Deutsche Sprache (VDS) und stellte sich auf der Vereinswebseite als Chefin eines Luxus-Immobilien-Unternehmens vor, das unter anderem ausländischen Investoren in Berlin hilft, Immobilien für Investments zu finden.
Auf Silke Schröders Social-Media-Kanälen waren Worte wie „Remigration“ zu finden. Sie verwendete den Begriff in Bezug auf Journalisten, die ihrer Meinung nach „an Ausbildungsstätten“ gebracht werden sollten, „die ihnen ideologiebefreit die Grundlagen ihres Handwerks beibringen“. Momentan ist das allerdings nicht öffentlich einsehbar – wenige Tage nach der „Correctiv“-Veröffentlichung war ihr Account bei „X“ nicht mehr zu erreichen.

Für rechte Medienportale tätig

Bei der Recherche des Deutschlandfunks im Umfeld Silke Schröders rücken weitere Aktivitäten in den Blick: Neben ihren Social-Media-Aktivitäten ist sie auch regelmäßig als Video-Kolumnistin auf dem Rechtsaußen-Boulevardportal „Deutschland-Kurier“ zu sehen, für das vor allem AfD-Funktionäre schreiben, darunter viele Bundestagsabgeordnete.
Schröder tritt dort auf mit Aussagen wie: „Deutschland ist eben nur ein reiches Land für die im Zuge des Bevölkerungsaustausches neu Ankommenden, die sich mit dem steigenden Bürgergeld einen flotten Lenz machen können und für die die neue Sparsamkeitsoffensive eben nicht gilt.“
Zudem ist sie beim rechtsextremen Fernsehportal „Auf1“ aktiv. Und sie betreibt einen so genannten Salon mit dem Titel „Der konservative Aperitif“ – in dem Landhaus am Lehnitz-See in Potsdam, das auch Ort des Vernetzungstreffens war.
Zu den Vorwürfen gegen sie im Zusammenhang mit dem Geheimtreffen in Potsdam ließ Silke Schröder mehrere Interviewanfragen des Deutschlandfunks unbeantwortet.

Was ist der Verein Deutsche Sprache (VDS) und wie reagiert er?

Der Verein Deutsche Sprache hat es sich zur Aufgabe gemacht, die deutsche Sprache in ihrer alterhergebrachten Form zu bewahren. Dabei hat er sich laut seinen Leitlinien vor allem dem Kampf gegen Anglizismen und das Gendern verschrieben. Diese beiden Entwicklungen werden als „lebensbedrohende Attacken“ auf die deutsche Sprache bezeichnet.
Der Verein hat nach eigenen Angaben mehr als 36.000 Mitglieder und existiert seit 1997. Vorsitzender ist seit damals der Vereinsgründer: Statistikprofessor Walter Krämer. Er ist Autor auf dem rechten Onlinemagazin „Tichys Einblick“ und gab dem konservativen bis rechtsnationalen Blatt „Junge Freiheit“ Interviews.

"Private Aktivitäten" nicht abgesprochen

Angesichts der Vorwürfe gegen das Vorstandsmitglied Silke Schröder distanzierte sich die Vereinsspitze und betonte, Silke Schröders „private Aktivitäten“ seien weder mit dem Verein abgesprochen gewesen noch autorisiert worden.
Weiter hieß es vom Verein: „Der VDS vertritt Menschen aus allen politischen und gesellschaftlichen Schichten, die sich um die deutsche Sprache bemühen. Der VDS unterstützt keine Aktionen, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind und lehnt Diskriminierungen jeder Form ab.“

Schröder kommt Vereinsausschluss zuvor

Mit ihrem Rücktritt kam Silke Schröder einem Vereinsausschluss nun zuvor, so der Verein in einem Statement auf seiner Website. Ursprünglich sollte auf einer Vorstandssitzung in der kommenden Woche über einen Ausschlussantrag gegen Silke Schröder entschieden werden, teilte der Vereinsvorsitzende Walter Krämer laut Deutscher Presseagentur am Samstag mit.
Vorstand Walter Krämer verwies in einer E-Mail an den Deutschlandfunk auf die Vereinssatzung. Dort heißt es „Mitglieder können ausgeschlossen werden (…), wenn sie die Förderung der deutschen Sprache zur Verunglimpfung von anderen Sprachen und Kulturen nutzen oder wenn sie auf andere Weise den Zielen des Vereins zuwiderhandeln.“
Zuvor hatte Krämer mehrere Interviewanfragen des Deutschlandfunks abgelehnt. Auch Interviewanfragen an mehrere Vorstandsmitglieder blieben entweder unbeantwortet oder wurden mit einem Hinweis auf die Stellungnahme auf der Webseite des Vereins abgelehnt.

Wie sind die Reaktionen prominenter VDS-Mitglieder?

Mitglieder des Vereins haben schneller reagiert – darunter der Philosoph Peter Sloterdijk. Auf Anfrage des Deutschlandfunks reagierte er umgehend: Er trat aus dem Verein aus und untersagte ihm die Nutzung seines Namens in jeglicher Hinsicht.

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Der Schauspieler Dieter Hallervorden distanzierte sich nach einer Dlf-Anfrage sehr deutlich von Silke Schröders Verhalten: „Ich bin entsetzt – und die Frau muss diesen Verein schnellstens verlassen“, sagte er. „Wenn sie das unter Umständen sogar mit Wissen der anderen Vorstandsmitglieder gemacht haben sollte, dann sind ganz andere Konsequenzen zu ziehen.“
Hallervorden bleibt zumindest vorerst weiter Mitglied – aber er hat Fragen an den Verein: „Ich würde erst mal dagegen vorgehen, indem ich Gespräche führe – in dem Versuch zu eruieren: Wo liegen eigentlich die Wurzeln? Ist das tief verankert in diesem Verein?“

Bestseller-Autor Bastian Sick sieht keinen Handlungsbedarf

Auch andere Prominente bleiben zunächst weiter Mitglied des Vereins, distanzieren sich dabei aber deutlich zurückhaltender als Hallervorden. Der Bestseller-Autor Bastian Sick schreibt auf Dlf-Anfrage:

“Menschen mit rechtsextremen Standpunkten sind mir im VDS bisher nie begegnet. Das Vorstandsmitglied Silke Schröder kenne ich gar nicht. Ich weiß, dass der VDS darunter leidet, von den Medien nur allzu leichtfertig in eine rechte Ecke geschoben zu werden. Vorfälle wie dieser sind da natürlich nicht gerade hilfreich. Ich sehe für mich in Bezug auf meine Ehrenmitgliedschaft jedoch keinen Handlungsbedarf. Konsequenzen aus dem Verhalten seines Vorstandsmitglieds wird der VDS selbst ziehen.“

Bastian Sick, Bestseller-Autor

Auch der Historiker Michael Wolffsohn reagiert – und bleibt. Er pflege die deutsche Sprache, schreibt er dem Deutschlandfunk auf Anfrage. Für ihn als Jude sei dies nichts Völkisches, sondern Kulturgut. Das gelte auch vor dem Hintergrund als Angehöriger von Holocaust-Überlebenden. Und er schreibt weiter:

„Dass ein Vorstandsmitglied des Vereins an jenem unsäglichen Treffen teilnahm, erfuhr ich aus der Presse. Ich kenne jene Frau nicht und habe trotzdem sofort über Konsequenzen nachgedacht. Ich las aber auf der Webseite des Vereins die klare Distanzierung. Ich vertraue darauf, dass der Verein die richtigen Konsequenzen zieht.“

Michael Wolffsohn, Historiker

Weitere prominente Mitglieder haben auf Anfragen nicht reagiert und werden weiter vom Verein Deutsche Sprache als Unterstützer geführt. Dazu gehören der Entertainer Jürgen von der Lippe, der Autor Peter Hahne und der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU).
Die Filmproduktionsfirma X-Filme steht zwar mit dem VDS nicht in Verbindung, kündigte aber ebenfalls Konsequenzen an. Denn: Die Potsdamer Villa, in der das Treffen Ende November stattfand, war zuvor Drehort für die Serie „Babylon Berlin“. Auf Anfrage des Deutschlandfunks teilte die Firma X-Filme mit, sie habe nicht gewusst, dass diese Villa – die früher der Adlon-Familie gehörte – schon seit Langem Ort rechter Vernetzungstreffen ist. Andernfalls wäre dort nicht gedreht worden. Für die Zukunft schloss X-Filme jeden weiteren Dreh dort aus.

Vladimir Balzer, abr
*Wir haben eine fehlerhafte Angabe über den Mitgesellschafter von „Hans im Glück“ entfernt.