Verena Rossbacher: "Mon Chéri und unsere demolierten Seelen"
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022
512 Seiten, 24 Euro
Verena Rossbachers Midlife-Krisen-Buch
Die Autorin Verena Rossbacher beschreibt eine Mittvierzigerin in der Midlife-Crisis und einen ungewöhnlichen Ausweg daraus. © imago / Sven Simon
Gelungene Familienaufstellung
12:02 Minuten
Charly Benz ist 43 und fühlt sich wie ein gestrandeter Wal. Einsam, ausgebrannt, verbittert, verängstigt – so beschreibt ihre Schwester sie. Und damit Charly endlich aus ihrem Tief herauskommt, macht ihre Schwester ihr ein ungewöhnliches Geschenk.
Die Erzählerin in Verena Rossbachers Buch fühlt sich – in ihren eigenen Worten – wie ein gestrandeter Wal. Charly Benz ist 43 und nutzt ihre Schwester gerne als Klagemauer. So beschreibt Verena Rossbacher, geboren 1979, die Hauptfigur ihres vierten Romans „Mon Chéri und unsere demolierten Seelen“.
„Sie jammert einfach viel, sie ist auch sehr selbstmitleidig“, sagt die Autorin über die Figur Charly Benz, die eigentlich „die weitesten Teile ihres Lebens ganz gut klargekommen ist mit sich und der Welt“. Aber in den letzten Jahren hat das Leben an Schwung und Energie verloren, so die Ausgangssituation.
Das Geschenk der Familienaufstellung
Im Gegensatz dazu ist ihre Schwester Sybille eine totale Anpackerin. „Sie ist eher eine, die sich immer groß ‚Entwicklung‘ auf die Stirn geschrieben hat, die vorwärts und weitergehen will und was Neues machen und lernen will“, so Rossbacher zur Figur der Schwester.
Sybille, esoterisch angehaucht wie auch eine weitere Figur mit Einfluss auf die Protagonistin, hat Ideen, wie Charly ihre Probleme angehen könnte: Sie schenkt ihr eine Familienaufstellung.
„Man geht dorthin, um seine Probleme zu lösen, anhand von Stellvertretern, die man im Raum verteilt. Und dann sollte alles Mögliche in die Gänge kommen und sich verändern“, beschreibt die Schriftstellerin die Idee. Charly lehnt zwar zunächst ab, nimmt das Geschenk dann aber doch an: Was kann man schon groß verlieren?
Verena Rossbacher hat selbst schon einmal eine Familienaufstellung gemacht. Das habe etwas in ihr ausgelöst und "große Dinge in Bewegung gebracht", erzählt sie. Von dieser Erfahrung sei auch viel in das Buch eingeflossen: „Das ist nicht an den Haaren herbeigezogen, was Charlie Benz da erlebt“, so viel verrät Rossbacher, ohne ins Detail zu gehen.
Das Prinzip Hoffnung
Im Buch heißt das: Charlys Beziehungsleben, das zuvor darin bestand, dass es nicht vorhanden war, ändert sich. Und das ist nur eine Neuerung im Leben der Mittvierzigerin. Der Roman macht Lust aufs und Mut zum Leben.
„Das war meine Hoffnung, dass das funktioniert“, sagt Rossbacher und nennt noch ein zweites Anliegen: Dass das Buch auch Mut mache, "dem Sterben offen entgegenzusehen, es als Teil des Lebens zu integrieren und zu akzeptieren.“
(mfu)