Verfahren gegen WikiLeaks-Gründer

"Lasst Assange frei!"

08:31 Minuten
WikiLeaks-Gründer Julian Assange - fotografiert durch Autofensterscheibe
WikiLeaks-Gründer Julian Assange drohen in den USA bis zu 175 Jahren Haft. © picture alliance / empics | Victoria Jones
Herta Däubler-Gmelin im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Ein Gericht in London hat die Auslieferung von Julian Assange an die USA abgelehnt. Für Herta Däubler-Gmelin ist der Fall eine Tragödie. Weder Deutschland noch die EU hätten sich gerührt, was ein "großer Fehler" sei.
Seit April 2019 sitzt Julian Assange in London in Haft. Zuvor hatte sich der WikiLeaks-Gründer mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in der britischen Hauptstadt verschanzt.

Lesen Sie hier die aktuellen Informationen zur Gerichtsentscheidung in London.

Weil er auf der Plattform WikiLeaks geheimes Material von amerikanischen Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hat, drohen Assange in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Ein Gericht in London hat die Auslieferung von Julian Assange an die USA am heutigen Montag abgelehnt.

Grausamkeit der Haftbedingungen unvorstellbar

Der ganze Fall sei eine Tragödie, meint die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Selbst wenn das Gericht die Entscheidung heute noch einmal hinauszögern sollte, würde das für Assange bedeuten, "dass er in einem Hochsicherheitsgefängnis in Einzelhaft sitzt und dass die Haftbedingungen, die wir uns in dieser Grausamkeit gar nicht vorstellen können, weitergehen - und das alles, weil er es gewagt hat, Kriegsverbrechen der Amerikaner in Afghanistan und dem Irak, die er von Whistleblowern bekommen hat, auf WikiLeaks zu veröffentlichen."

Briten hätten Assange längst frei lassen müssen

Assange gehe es aktuell sehr schlecht, weil er medizinisch nicht ausreichend betreut werde, so Däubler-Gmelin. Dabei könnte die britische Justiz den WikiLeaks Gründer theoretisch auch freilassen. Die Briten hätten nämlich lediglich einen einzigen Rechtsgrund gehabt, gegen Assange vorzugehen: dass er sich der Justiz durch seine Flucht in die ecuadorianische Botschaft entzogen habe.
"Dafür haben sie ihn zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Die ist längst abgesessen. Sie hätten also schon die Möglichkeit zu sagen, wir lassen ihn frei. Das ist eigentlich das, was sie hätten längst tun müssen."

Deutschland und die EU haben nichts getan

Leider hätten sich weder Deutschland noch die EU zu dem Fall gerührt, "was ein großer Fehler ist". Es gehe nämlich nicht nur um die Frage, was die Menschen über ihre Mächtigen und deren mögliche Verstöße wissen sollen sowie um die Frage, wie Journalisten mit brisanten Informationen von Whistleblowern umgehen dürfen.
Es gehe auch um die Werte der Europäer, "die auf diese Weise des Nichtstuns auch verletzt werden". Däubler-Gmelin fordert daher dasselbe wie schon in der Vergangenheit: "Lasst Assange frei! Kümmert Euch um ihn! Auch Deutschland und die EU müssen aktiver werden und müssen ihm zur Not Asyl anbieten."
(cmk)
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