Verfall und Zerstörung
In der Sonderausstellung "Fire Beats" im Dresdner Schloss sind Werke des sächsischen Künstlers Markus Draper zu sehen. Die Ausstellung bietet erstmals einen Überblick über eine Schaffensphase von zehn Jahren. Bis zum 30. September werden Papierarbeiten, Malereien und Skulpturen des gebürtigen Görlitzers gezeigt.
Markus Draper hat sich mit seinen Arbeiten für die Dauer der Ausstellung in eine ganz ungewöhnliche Förderkoje eingenischt: Im Schlafgemach und in den Thronräumen Augusts des Starken im Dresdner Residenzschloss. Die Räume liegen im zweiten Stock Schlosses und gleichen derzeit einer Baustelle. Der berühmte Grüne Salon ein Stockwerk tiefer und das Kupferstichkabinett ein Stockwerk darüber sind bereits vollständig restauriert, erläutert Ulrich Bischoff, der Direktor der Galerie Neue Meister:
"Wir hatten (...) die Chance, dass diese Räume quasi das letzte Mal leerstehen. Hinterher wird hier nämlich Rekonstruktion: Hier wird das Schlafgemach, hier wird das Umkleidezimmer, wird hier wieder in barocker Pracht sozusagen ausgekleidet, und bevor das geschieht, ist hier der Künstler reingerutscht."
Dieser Ort, das Herz der Rekonstruktionsbemühungen der Dresdner, könnte nicht passender sein für eine Präsentation von Markus Drapers Werk. In seinen Collagen, Gemälden und Installationen setzt sich der Künstler, der in der DDR aufgewachsen ist, seit zehn Jahren kritisch mit Architektur auseinander. Markus Draper, interessiert allerdings weniger das intakte, pinselsanierte Gebäude, das als schützende Behausung oder für Repräsentationszwecke taugt. Leitmotiv ist für Markus Draper vielmehr das versehrte Haus, die bedrohlich wirkende Ruine.
"Die Ruine ist eigentlich ja das, was man gerade auch verdrängt, als der Schandfleck oder vielleicht das Bedrohliche an sich, nur weil es eine kaputte Ruine ist und nachts komisch aussieht, beziehungsweise auch diese Idee des Hauses, dass es ja eigentlich auch was Beschützendes ist, ins Negative zieht. Weil dort ist ein Beschützten nicht mehr möglich und man spricht es eigentlich mehr der dunklen, der negativen Seite zu."
Mit künstlerischen Mitteln, mal plakativ, mal subtil und anspielungreich, zerrt Markus Draper das Verdrängte wieder ins Licht des Bewußtseins: Gleich im ersten der vier Räume stößt der Besucher auf ein aus Sperrholz gefertigtes Haus mit aufgemalten Fenstern, in das klaffende Löcher hineingesägt sind.
Durch den groben Durchgang in der entkleideten Ziegelsteinmauer der improvisierten Ausstellungsflächen im Schloss hindurch sieht man im nächsten Raum eine weitere Skulptur: "Berliner Hütte" ist ihr Titel. Gezeigt wird allerdings keine Schutzhütte in idyllischer Berglandschaft, sondern der künstlerische Nachbau einer Bahndammruine in Berlin Friedrichshain. Graffiti-Sprayer hatten sie mit Flagge und Turm zu einer romantisiernden Burgruine umgestaltet.
Dieses Motiv der städtischen Ruine findet sich auch als Bestanteil einer Collage Drapers wieder: Ins Bild montiert auf dem Hintergrund eines mächtigen Gebirges. Berge fungieren als große Tröster in Markus Drapers zerstückelten Kulturlandschaften und kehren auf vielen seiner Ölgemälde wieder, als:
"Das Sehnsuchtsmoment, um eben nicht in so eine absolute Düsternis abzugleiten, vielleicht auch wieder so eine Form des Kitsches, dass da am Horizont irgend etwas blau leuchtet und dann auch wieder das klassische Sehnuchtsmotiv ist, das man dahin ja auch gerne möchte aber vielleicht auch, weil die Berge dann so ziemlich das letzte sind, was noch stehen bleibt, wenn alles andere weggefegt ist."
In die Niederungen des Grauens dagegen führt die spektakulärste Arbeit der Dresdner Überblicksschau. "Skulpturenkino: House of Darkness" ist das Werk betitelt, das alle Genregrenzen sprengt. Anders als die meisten andren von Drapers Arbeiten geht "House of Darkness" einer ganz konkreten Geschichte aus, über die in den Medien viel berichtet wurde:
"Dieses Haus wurde als House of Horrors in England berühmt-berüchtigt, weil es eben das Wohnhaus war der Familie Fred und Rosemarie West, die dort mehrere junge Frauen umgebracht haben und weil ich dieses Zeitungschema von 95 und auch die Notizen und Nachrichten, dass es dann bei mir im Hefter, weil mich halt immer Häuser interessiert haben, und ich dann versucht habe, mich an diese medial aufgeladene Geschichte heranzuarbeiten."
Ein meterhohes Holzhaus mit abgedichteten Fenstern zieht den Besucher magisch an und schreckt zugleich ab – mit unheimlichen Geräuschen, die nach draußen dringen. Wer eintritt, blickt auf einen Bildschirm. Der Protagonist des gezeigten Films ist ein weißes, perspektivisch verschobenes Modell des Hauses, in dem sich die Verbrechen abgespielt haben. Rote Farbe dringt aus den Fenstern, bald ist das Haus, ist die Fläche des Bildschirms mit Farbe überströmt. Eine präzise komponierte Filmskulptur, die den Maler hinter dem Kunstwerk verrät:
"Ich hab ja Malerei studiert und in der Malerei gibt es ja nun diesen Begriff: Die Malerei, das Fenster in die andere Welt. (...) und das ist vielleicht auch immer so eine ironische Rückbesinnung von wo ich komme."
Diese transponiert Markus Draper im letzten Ausstellungsraum von der Welt und Ästhetik des Horrorfilms in die Realität: Die Fenster des Eckparadesaals, von dem aus sich sonst ein Rundblick auf die Semperoper und über die Elbe bietet, hat Markus Draper mit Holzplatten abgedunkelt. Eine konsequente letzte Geste in dieser lohnenden Werkschau, in der sich Malerei, Skulptur, Architektur und Ausstellungsarchitektur beständig durchdringen, bis die Räume schließlich selbst zur Skulptur erklärt werden.
"Wir hatten (...) die Chance, dass diese Räume quasi das letzte Mal leerstehen. Hinterher wird hier nämlich Rekonstruktion: Hier wird das Schlafgemach, hier wird das Umkleidezimmer, wird hier wieder in barocker Pracht sozusagen ausgekleidet, und bevor das geschieht, ist hier der Künstler reingerutscht."
Dieser Ort, das Herz der Rekonstruktionsbemühungen der Dresdner, könnte nicht passender sein für eine Präsentation von Markus Drapers Werk. In seinen Collagen, Gemälden und Installationen setzt sich der Künstler, der in der DDR aufgewachsen ist, seit zehn Jahren kritisch mit Architektur auseinander. Markus Draper, interessiert allerdings weniger das intakte, pinselsanierte Gebäude, das als schützende Behausung oder für Repräsentationszwecke taugt. Leitmotiv ist für Markus Draper vielmehr das versehrte Haus, die bedrohlich wirkende Ruine.
"Die Ruine ist eigentlich ja das, was man gerade auch verdrängt, als der Schandfleck oder vielleicht das Bedrohliche an sich, nur weil es eine kaputte Ruine ist und nachts komisch aussieht, beziehungsweise auch diese Idee des Hauses, dass es ja eigentlich auch was Beschützendes ist, ins Negative zieht. Weil dort ist ein Beschützten nicht mehr möglich und man spricht es eigentlich mehr der dunklen, der negativen Seite zu."
Mit künstlerischen Mitteln, mal plakativ, mal subtil und anspielungreich, zerrt Markus Draper das Verdrängte wieder ins Licht des Bewußtseins: Gleich im ersten der vier Räume stößt der Besucher auf ein aus Sperrholz gefertigtes Haus mit aufgemalten Fenstern, in das klaffende Löcher hineingesägt sind.
Durch den groben Durchgang in der entkleideten Ziegelsteinmauer der improvisierten Ausstellungsflächen im Schloss hindurch sieht man im nächsten Raum eine weitere Skulptur: "Berliner Hütte" ist ihr Titel. Gezeigt wird allerdings keine Schutzhütte in idyllischer Berglandschaft, sondern der künstlerische Nachbau einer Bahndammruine in Berlin Friedrichshain. Graffiti-Sprayer hatten sie mit Flagge und Turm zu einer romantisiernden Burgruine umgestaltet.
Dieses Motiv der städtischen Ruine findet sich auch als Bestanteil einer Collage Drapers wieder: Ins Bild montiert auf dem Hintergrund eines mächtigen Gebirges. Berge fungieren als große Tröster in Markus Drapers zerstückelten Kulturlandschaften und kehren auf vielen seiner Ölgemälde wieder, als:
"Das Sehnsuchtsmoment, um eben nicht in so eine absolute Düsternis abzugleiten, vielleicht auch wieder so eine Form des Kitsches, dass da am Horizont irgend etwas blau leuchtet und dann auch wieder das klassische Sehnuchtsmotiv ist, das man dahin ja auch gerne möchte aber vielleicht auch, weil die Berge dann so ziemlich das letzte sind, was noch stehen bleibt, wenn alles andere weggefegt ist."
In die Niederungen des Grauens dagegen führt die spektakulärste Arbeit der Dresdner Überblicksschau. "Skulpturenkino: House of Darkness" ist das Werk betitelt, das alle Genregrenzen sprengt. Anders als die meisten andren von Drapers Arbeiten geht "House of Darkness" einer ganz konkreten Geschichte aus, über die in den Medien viel berichtet wurde:
"Dieses Haus wurde als House of Horrors in England berühmt-berüchtigt, weil es eben das Wohnhaus war der Familie Fred und Rosemarie West, die dort mehrere junge Frauen umgebracht haben und weil ich dieses Zeitungschema von 95 und auch die Notizen und Nachrichten, dass es dann bei mir im Hefter, weil mich halt immer Häuser interessiert haben, und ich dann versucht habe, mich an diese medial aufgeladene Geschichte heranzuarbeiten."
Ein meterhohes Holzhaus mit abgedichteten Fenstern zieht den Besucher magisch an und schreckt zugleich ab – mit unheimlichen Geräuschen, die nach draußen dringen. Wer eintritt, blickt auf einen Bildschirm. Der Protagonist des gezeigten Films ist ein weißes, perspektivisch verschobenes Modell des Hauses, in dem sich die Verbrechen abgespielt haben. Rote Farbe dringt aus den Fenstern, bald ist das Haus, ist die Fläche des Bildschirms mit Farbe überströmt. Eine präzise komponierte Filmskulptur, die den Maler hinter dem Kunstwerk verrät:
"Ich hab ja Malerei studiert und in der Malerei gibt es ja nun diesen Begriff: Die Malerei, das Fenster in die andere Welt. (...) und das ist vielleicht auch immer so eine ironische Rückbesinnung von wo ich komme."
Diese transponiert Markus Draper im letzten Ausstellungsraum von der Welt und Ästhetik des Horrorfilms in die Realität: Die Fenster des Eckparadesaals, von dem aus sich sonst ein Rundblick auf die Semperoper und über die Elbe bietet, hat Markus Draper mit Holzplatten abgedunkelt. Eine konsequente letzte Geste in dieser lohnenden Werkschau, in der sich Malerei, Skulptur, Architektur und Ausstellungsarchitektur beständig durchdringen, bis die Räume schließlich selbst zur Skulptur erklärt werden.