Polen hat von Ungarn gelernt
Polens Regierung fällt – aus demokratischer Sicht – fragwürdige Entscheidungen: erst die Entmachtung des Verfassungsgerichts, jetzt der Eingriff in die öffentlich-rechtlichen Medien. Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers beschreibt die EU als weitgehend hilflos in ihrem Versuch, solche Tendenzen zu ahnden.
Die rechtskonservative polnische PiS hat von Victor Orban und seiner Politik in Ungarn gelernt. Man habe sich ganz genau angeguckt, wie die ungarischen Rechtspopulisten vorgegangen seien und wie die Europäische Union darauf reagiert habe, sagte der Verfassungsrechtler Christoph Möllers von der Humboldt-Universität in Berlin im Deutschlandradio Kultur.
Die Mitgliedsstaaten im Rat seien beim Kampf gegen antidemokratische Tendenzen immer sehr vorsichtig, sagte Möllers. Wer ein Land dort wegen fehlender Rechtsstaatlichkeit an den Pranger stellte, müsse damit rechnen, selbst der Nächste sein, der dran sei. Deswegen würden solche Fragen auf Rats-Ebene nur ungern problematisiert.
Die EU-Kommission: Munterer als der Rat, aber machtlos
Die Kommission sei da "etwas munterer", habe aber keine echten Kompetenzen und kein politisches Gewicht. Der neue Rechtsstaat-Mechanismus sei "Ausdruck der Machtlosigkeit der Kommission", so der Verfassungsrechtler. Die Kommission wolle natürlich, dass alle Mitgliedsländer rechtsstaatliche Demokratien sein – "aber sie kann eigentlich wenig machen".
Der Mechanismus führe im schlimmsten Fall zu einer Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, sich mit Polen im Rat zu beschäftigen. Dort könnten dann in einem zweiten Verfahren Sanktionen verhängt werden – harte allerdings wie beispielsweise der Entzug des Stimmrechts nur einstimmig. Insofern sei der Mechanismus lediglich eine Art "Verfahrensvorspiel", mit der die Kommission zum Ausdruck bringen könne, dass sie besorgt sei, betonte Möllers. Mehr nicht.