Verfassungsschützer in Aquarell

Dem Sicherheitsapparat ein Gesicht geben

09:03 Minuten
Ein großes Bürogebaude mit rot-brauner Fassade ist zu sehen. Zwei Überwachungskameras sind auf das Haus gerichtet. Es ist das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Abgeschirmt hinter und gut bewacht: Die Mitarbeiter des Verfassungsschutz sind nicht gern in der Öffentlichkeit, deswegen malt sie die Künstlerin Katharina Kohl. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
Katharina Kohl im Gespräch mit Max Oppel |
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Der Mord an Süleyman Taşköprü 2001 bildet für die Künstlerin Katharina Kohl den Ausgangspunkt ihrer Arbeiten zum NSU-Komplex. Sie erstellt Aquarellporträts von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes und holt sie damit aus der Anonymität.
Mit ihrem Werk möchte Katharina Kohl künstlerisch aufklären: Für ihr Projekt "Personal Befragung / Innere Sicherheit" malt sie Porträts von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden, die sonst der Öffentlichkeit kaum bekannt sind.
Die Aquarelle wären eigentlich zurzeit in einer Ausstellung auf Kampnagel in Hamburg zu sehen, doch wegen Corona ist diese geschlossen. Zu sehen sind sie aber auch in einem kürzlich erschienenen Bildband.

Geschichte ist nicht abgeschlossen

Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Arbeit zu dem Thema war der NSU-Mord an Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 in Hamburg und davon ausgehend der ganze NSU-Komplex, sagt Kohl. Sie wolle mit ihrer Arbeit dieses Thema für die Menschen greifbar machen, betont die Künstlerin. Denn die Geschichte sei nicht abgeschlossen, sondern knüpfe an jüngste faschistische und rassistische Gewalt in Deutschland an, wie die Anschläge in Hanau und Halle oder den Mord an Walter Lübcke.
Für ihre Porträts habe sie sich für 40 Männer aus den Börden entschieden, so Kohl. Aus 120 habe sie auswählen können. "Wer arbeitet da eigentlich", habe sie sich gefragt. Immerhin sollen die Leute dort für die allgemeine Sicherheit sorgen.
Doch gibt es auch Zweifel: "Kann ich mich auf die verlassen?" Eine Frage, die sich alle stellen sollten, so die Malerin.
Über Jahre habe sie sich anhand von öffentlichen Quellen und bei Besuchen der Sitzungen von Untersuchungsausschüssen selbst ein Bild der Behördenmitarbeiter gemacht – und dieses dann als Aquarell aufs Papier gebracht.
Diese Maltechnik habe sie bewusst gewählt. Zwar benötige sie gute Vorbereitung, aber sie lasse auch Spontaneität zu: "Entsprechend kommt dann ein Ergebnis heraus, das mich im besten Fall selber überrascht", sagt Kohl.

Bewusst auf Fritsche einlassen

Ein Beispiel sei der ehemalige Vizepräsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und Koordinator der Nachrichtendienste des Bundes, Klaus-Dieter Fritsche. Sie habe eine "furchtbare Abwehr" dagegen gehabt, diesen zu malen. "Weil der so wahnsinnig langweilig aussieht, wie eine Büroklammer", erläutert Kohl.
Aber als sie Fritsche schließlich malte, habe ihr "ganz schnell ein Gesicht entgegen geschaut, das ich wahnsinnig gehorsam fand; wo ich mich richtig erschreckt habe", beschreibt die Künstlerin ihren Schaffensprozess. "Das ist ein Bild, das sehr blass ist", erklärt Kohl, doch gerade auch deswegen müssen man sich diesem bewusst nähern "und auf sich wirken lassen".
(rzr)
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