Erniedrigung des Feindes durch Penetration
Im Bosnien-Krieg wurden auch Männer Opfer von Vergewaltigungen. Über diese Thematik ist bislang nur wenig bekannt, denn die Opfer können erst jetzt über das erfahrene Leid sprechen, hat Mechthild Müser bei ihrer Recherche erfahren.
In den meisten Konzentrationslagern wurden auch Männer vergewaltigt. Offenbar wurden sie gezielt herausgepickt, um sie zu erniedrigen. z.B. Wenn man Vater und Sohn zum Geschlechtsverkehr zwingt, oder zwei Brüder, dann geschieht das offensichtlich nur, um die Personen zu erniedrigen und sie psychisch zu zerstören."
Sagt Goran Simic. Er ist Direktor der Transitional Justice Association in Sarajewo, einer Vereinigung, die für mehr Menschlichkeit in der bosnischen Gesellschaft kämpft.
Menschlichkeit und Mitgefühl waren im Bosnienkrieg völlig abhanden gekommen. Die bosnischen Serben kämpften mit allen Mitteln für ein Großserbien. Gleich zum Beginn des Kriegs hatten sie in leer stehenden Fabriken und Sporthallen, auch in Schulen, über das Land verteilt große und kleine Lager eingerichtet, in denen sie ihre angeblichen Feinde, muslimische Bosniaken und bosnische Kroaten, gefangen hielten und brutal quälten, Männer wie Frauen. Schon Frauen fällt es schwer, über ihre Vergewaltigung zu reden, aber Männern noch mehr, berichtet Simic:
"Es ist sehr schwer, Menschen zu überreden, damit rauszukommen, besonders bei Männern. Wir hatten gerade neulich den Fall eines Mannes, der von einem – inzwischen angezeigten - Wachmann vergewaltigt wurde. Das Opfer hat jetzt zwei Kinder, ist verheiratet und lebt außerhalb von Bosnien-Herzegowina. Auch der Täter hat heute zwei kleine Kinder und eine Familie. Wir sind eine Gesellschaft, wo sexueller Missbrauch sehr beschämend ist für diese Person und die für Familie, für alle."
Für Männer noch beschämender als für Frauen. Die kanadische Wissenschaftlerin Elvan Isikozlu erforscht am BICC, dem Internationalen Konversionszentrum in Bonn, Vergewaltigung in Kriegen.
"Ich glaube, das ist ein Grund, warum Männer andere Männer vergewaltigen: Diese Männer machen sie zu Frauen, das sehen wir. Diese Dynamik, wenn man eine Person penetriert, das ist feminin. Wir machen einen Mann feminin, wenn wir ihn penetrieren können. Und diesen Grund haben wir in Bosnien gehört. Sie wollten die Männer schwach, als Frauen. Weil die Frauen nicht stark wie Männer sind, die sind schwach."
Für Männer noch beschämender als für Frauen. Die kanadische Wissenschaftlerin Elvan Isikozlu erforscht am BICC, dem Internationalen Konversionszentrum in Bonn, Vergewaltigung in Kriegen.
"Ich glaube, das ist ein Grund, warum Männer andere Männer vergewaltigen: Diese Männer machen sie zu Frauen, das sehen wir. Diese Dynamik, wenn man eine Person penetriert, das ist feminin. Wir machen einen Mann feminin, wenn wir ihn penetrieren können. Und diesen Grund haben wir in Bosnien gehört. Sie wollten die Männer schwach, als Frauen. Weil die Frauen nicht stark wie Männer sind, die sind schwach."
Endlich das Schweigen brechen
Es gibt eine Organisation in Sarajewo, wo sich Opfer sexueller Gewalt registrieren lassen können, bislang haben sich mehr als 700 Frauen gemeldet und etwa 10 Männer. Die Psychiaterin und Traumatherapeutin Amra Delic aus Sarajewo befürwortet diese Registrierung, weil die Betroffenen damit ihr Schweigen brechen. In ihrer Praxis hat sie Broschüren zu Kriegsvergewaltigung ausliegen.
"Einer meiner Patienten, der im Konzentrationslager war, hatte die Broschüre gesehen, er war geschlagen worden, ein Wirbel gebrochen, seine Nase gebrochen, er hatte viel über die körperlichen Symptome geklagt, und dann fragte er mich, ob er eine Broschüre mitnehmen könnte. Drei Tage später kam er und sagte, wissen Sie, Doktor, ich glaube, es ist höchste Zeit, dass Männer auch anfangen über sexuelle Gewalt zu reden. Und er erzählte, dass er und drei seiner Freunde auch Opfer sexueller Gewalt geworden wären im Konzentrationslager, wo sie während des Krieges eingesperrt waren. Ich sagte ihm, er könne zu dieser Opferorganisation gehen und gab ihm Kontakte. Aber er ging nicht hin."
"Einer meiner Patienten, der im Konzentrationslager war, hatte die Broschüre gesehen, er war geschlagen worden, ein Wirbel gebrochen, seine Nase gebrochen, er hatte viel über die körperlichen Symptome geklagt, und dann fragte er mich, ob er eine Broschüre mitnehmen könnte. Drei Tage später kam er und sagte, wissen Sie, Doktor, ich glaube, es ist höchste Zeit, dass Männer auch anfangen über sexuelle Gewalt zu reden. Und er erzählte, dass er und drei seiner Freunde auch Opfer sexueller Gewalt geworden wären im Konzentrationslager, wo sie während des Krieges eingesperrt waren. Ich sagte ihm, er könne zu dieser Opferorganisation gehen und gab ihm Kontakte. Aber er ging nicht hin."
"Die Übergriffe waren sehr brutal"
Doch dann wurde der Täter im Herbst 2014 wegen anderer Verbrechen festgenommen. Das änderte alles. Der vergewaltigte Mann meldete sich bei Gericht, um gegen seinen Peiniger auszusagen.
"Jetzt kennen wir weitere sieben Männer, die seit kurzem an Projekten der Hilfsorganisation Snaga Zene teilnehmen. Und wir planen ein Programm für Männer, die sexuell missbraucht wurden. Wir wissen, dass es für Frauen hart ist, darüber zu reden, aber für Männer noch mehr. Die Übergriffe auf Männer waren sehr brutal. Grausame Akte. Normalerweise werden Gegenstände benutzt, Waffen, Männer wurden auch zum gegenseitigen Oralsex gezwungen, dann Gegenstände für Analsex usw. De Täter drückten Zigarren an den Hoden ihrer Opfer aus. Männer erzählen sehr detailliert wie es war. Wenn sie sich öffnen, dann sind sie in der Lage, Details zu schildern. Sie reden nicht so emotional, sie verbergen ihre Emotionen, so sind sie aufgewachsen in unserer Tradition."
Auch sexuelle Verbrechen gegen Männer werden inzwischen vom Internationalen Strafgerichtshof geahndet. Er verurteilte einen bosnisch-serbischen Paramilitär1997 nicht nur wegen der Morde, die er begangen hatte, sondern explizit auch wegen sexueller Verstümmelung eines Mannes. Der Täter hatte sich gleich nach Auflösung der Lager in Bosnien nach Deutschland abgesetzt und war auf der Straße erkannt und angezeigt worden. Seit 2008 ist er wieder frei.
"Jetzt kennen wir weitere sieben Männer, die seit kurzem an Projekten der Hilfsorganisation Snaga Zene teilnehmen. Und wir planen ein Programm für Männer, die sexuell missbraucht wurden. Wir wissen, dass es für Frauen hart ist, darüber zu reden, aber für Männer noch mehr. Die Übergriffe auf Männer waren sehr brutal. Grausame Akte. Normalerweise werden Gegenstände benutzt, Waffen, Männer wurden auch zum gegenseitigen Oralsex gezwungen, dann Gegenstände für Analsex usw. De Täter drückten Zigarren an den Hoden ihrer Opfer aus. Männer erzählen sehr detailliert wie es war. Wenn sie sich öffnen, dann sind sie in der Lage, Details zu schildern. Sie reden nicht so emotional, sie verbergen ihre Emotionen, so sind sie aufgewachsen in unserer Tradition."
Auch sexuelle Verbrechen gegen Männer werden inzwischen vom Internationalen Strafgerichtshof geahndet. Er verurteilte einen bosnisch-serbischen Paramilitär1997 nicht nur wegen der Morde, die er begangen hatte, sondern explizit auch wegen sexueller Verstümmelung eines Mannes. Der Täter hatte sich gleich nach Auflösung der Lager in Bosnien nach Deutschland abgesetzt und war auf der Straße erkannt und angezeigt worden. Seit 2008 ist er wieder frei.