Auf arabischen Intellektuellen lastet enormer Druck
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Trotz der arabisch-israelischen Annäherung hetzten arabische Intellektuelle immer noch gegen Israel, klagt Najem Wali in der FAZ. Der Islamwissenschaftler Stefan Weidner unterscheidet zwischen Intellektuellen und Propagandisten und nimmt erstere in Schutz.
Das Jahr 2021 könnte das Jahr der israelisch-arabischen Annäherung werden. Seit einer Woche gibt es in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine israelische Botschaft. Bald soll das Gegenstück in Tel Aviv eröffnet werden. Außerdem hat Israel die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Bahrain, Sudan und Marokko erreicht.
Doch der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali trübt die Stimmung. In einem Essay für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt er, zahlreiche arabische Intellektuelle hetzten weiterhin gegen Israel und könnten den Annäherungsprozess bremsen oder gar verhindern. Es könne keine Annäherung geben, solange die Mehrheit der arabischen Intellektuellen ihre "sture Antinormalisierungshaltung gegenüber Israel nicht aufgibt", meint Wali.
Erzwungene Distanz
"Wer ein ernst zu nehmender Intellektueller ist, der ist kein Antisemit", entgegnet der Islamwissenschaftler und Übersetzer Stefan Weidner. Viele arabische Intellektuelle arbeiteten sehr intensiv mit jüdischen Kolleginnen und Kollegen zusammen, könnten das aber oft nicht öffentlich machen.
"Wenn sie zum Beispiel eine libanesische Staatsbürgerschaft haben oder im Libanon leben, können sie dafür, dass sie mit Israelis Kontakt haben, vor Gericht kommen, eingesperrt und verhaftet werden", sagt Weidner. Vor diesem Hintergrund müssten arabische Intellektuelle oft nach außen hin Distanz wahren. "Das heißt aber nicht, dass sie nicht im privaten Rahmen sehr viele jüdische Freundinnen und Freunde haben und sich die Leute treffen."
"Stimmung der Denunziation"
Was Wali in seinem "FAZ"-Beitrag beschreibe, sei "eine Stimmung der Denunziation gegen Autoren, Intellektuelle oder einfach Bürger, die für eine Normalisierung mit Israel eintreten", so Weidner. Diese Intellektuellen sprächen sich nicht prinzipiell gegen Frieden mit Israel aus, sondern "gegen einen Frieden von oben, einen Frieden, der von den Regierungen ausgeht, die selber die Intellektuellen unterdrücken".
Weidner plädiert deshalb für eine Unterscheidung von Intellektuellen und Propagandisten. Letztere verfolgten eine eigene Agenda, indem sie sich beispielsweise für den radikalen Islam einsetzten und deswegen gegen Israel seien. Oder indem sie im Auftrag einer Regierung Druck auf kritische Intellektuelle ausübten. "Die benutzen Israel oft, um kritische Intellektuelle auszuschalten. So ist es Najem Wali selbst ergangen, der in Israel war, ein Buch darüber geschrieben und für eine Versöhnung plädiert hat."
Auf arabischen Intellektuellen laste ein enormer Druck, sagt Weidner. Sie befänden sich in einer Zwickmühle zwischen Islamisten, despotischen Regierungen und Militärregimen. Sie müssten eine eigene Stimme finden.
(ckr)