Kommt das Abkommen?
Vor einem Jahr hatte Barack Obama es angekündigt und Millionen Jobs versprochen. Doch die Skepsis gegenüber dem transatlantischen Freihandelsabkommen ist groß. In Brüssel warben der US-Präsident und EU-Spitzenvertreter heute für das Vorhaben.
Fast schon gerät das Thema angesichts von Ukraine-Krise, dem Umgang mit Russland und der NSA-Abhöraffäre in den Hintergrund: Bei dem Besuch Barack Obamas anlässlich eines Gipfeltreffens in Brüssel ging es heute auch um das geplante transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa.
Das geplante Abkommen berge große Chancen für Wachstum, Innovationen und Arbeitsplätze, sagte Obama nach einem Treffen mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel. Die Bürger auf beiden Seiten hätten "legitime Fragen" zu dem geplanten Vertragswerk, räumte Obama ein. Er habe jedoch "kein Interesse daran, ein Handelsabkommen zu unterschreiben, das Umweltstandards schwächt". Ebenso habe er während seiner gesamten politischen Karriere für eine Stärkung des Verbraucherschutzes gearbeitet, unterstrich Obama. Barroso zeigte sich überzeugt, dass das Abkommen eine Partnerschaft "zwischen Gleichen" sei. Es werde zudem von "gewaltiger Dimension" sein, sagte Barroso.
Trotz der Widerstände gegen das Abkommen, könne es bei Erfolg "große Wachstumsimpulse und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks" mit sich bringen, so Ruprecht Polenz im Interview mit Deutschlandradio Kultur. Der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der deutsch-amerikanischen Freundschaft sagte, trotz des angespannten transatlantische Verhältnisses zeigten die Bemühungen um das Abkommen, "dass man einen neuen Impuls setzen will, wenn auch auf einem schwierigen Feld".
"Honeymoon-Phase ist vorbei"
Die Verhandlungen hatte Obama vor einem Jahr angekündigt und dabei von Millionen Arbeitsplätzen für die US-Bürger gesprochen. Die Ankündigung des Freihandelsabkommen zwischen einer Vielzahl von Staaten Europas und Nordamerikas, kurz TTIP, wurde bejubelt, doch aus Sicht der Geschäftsführerin der Bertelsmann Stiftung in Washington D.C., Annette Heuser, hat sich der Applaus mittlerweile gelegt – auf beiden Seiten des Atlantiks. "Die Honeymoon-Phase ist vorbei", so Heuser. Aus Sicht der Deutschen trug dazu nicht zuletzt der NSA-Skandal bei. Dennoch gehen Experten davon aus, dass das Abkommen kommt.
Die Sorge vieler Verbraucher ist auf beiden Seiten groß. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sagte, es sei wichtig dass das TTIP nicht an den "bewährten europäischen Standards bei Verbraucher- und Umweltschutz rüttelt." Vor allem gentechnisch veränderte Lebensmittel oder mit Chlor desinfizierte Hühnchen schrecken die Europäer ab, doch Ruprecht Polenz ist sich sicher: "Natürlich sollen Europäer nicht irgendetwas essen, was sie nicht wollen, und deshalb wird sicherlich über Deklarierungspflichten dafür Sorge getragen, dass man beispielsweise genau weiß, welche Standards bei der Produktion hergestellt worden sind."
Die Sorge vieler Verbraucher ist auf beiden Seiten groß. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sagte, es sei wichtig dass das TTIP nicht an den "bewährten europäischen Standards bei Verbraucher- und Umweltschutz rüttelt." Vor allem gentechnisch veränderte Lebensmittel oder mit Chlor desinfizierte Hühnchen schrecken die Europäer ab, doch Ruprecht Polenz ist sich sicher: "Natürlich sollen Europäer nicht irgendetwas essen, was sie nicht wollen, und deshalb wird sicherlich über Deklarierungspflichten dafür Sorge getragen, dass man beispielsweise genau weiß, welche Standards bei der Produktion hergestellt worden sind."
Deutsche Unternehmen halten TTIP für wichtig
Die Zustimmung aus der Wirtschaft ist groß: Nach Angaben des DIHK unterstützt eine große Mehrheit der deutschen Unternehmen ein transatlantisches Freihandelsabkommen. DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte der "Welt": "Über 60 Prozent der deutschen Unternehmen, die international aufgestellt sind, halten das geplante Abkommen laut einer DIHK-Umfrage für wichtig bzw. sehr wichtig."
Dabei sei die gegenseitige Anerkennung von Normen und Standards von besonderem Nutzen, so Schweitzer. Die Vizepräsidentin des Atlantic Council, Frances Burwell, sieht in der Regulierung der Industrieproduktion ebenfalls Chancen, zum Beispiel beim Thema Crash-Tests für Autos: "Wenn wir anerkennen, dass wir beide gute Sicherheitsstandards haben, dann sparen die Autoproduzenten und die Autokäufer viel Geld. Außerdem stellen wir damit einen Standard für den größten Markt der Welt her. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass unsere Standards dann zu globalen Standards werden."
Burwell geht davon aus, dass noch vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 ein Grundsatzabkommen steht und man sich unter anderem auf eine weitgehende Abschaffung der Zölle und einige Punkte bei den Industrie-Regulierungen geeinigt habe. Kompliziertere Themen wie etwa Agrarfragen, Datensicherheit und die Angleichung der Finanzmarktregulierung müsse man jedoch vermutlich zunächst ausklammern.
bre mit Informationen von Marcus Pindur
Programmtipp: Mehr zum transatlantischen Freihandelsabkommen hören Sie in unseren "Ortszeit"-Sendungen um 17.07 Uhr.