Verismo-Leidenschaft mit Anja Kampe

Mediterranes Feuerwerk

Da springen die Ohrwurm-Knallfrösche nur so im Saal umher: funkelnde Farben und zündende Rhythmen dominieren in den Orchesterbeiträgen des RSB, und als Krone setzt Anja Kampe ihre ebenso geschmeidige wie dramatikfähige Stimme obendrauf.
Inzwischen singt die Sopranistin längst gewichtige Wagner-Partien und hat damit bis nach Bayreuth hin bemerkenswerte Erfolge gefeiert, doch das tut ihrer Neigung zur italienischen Oper keinen Abbruch. Wenn die Sängerin jetzt in Berlin mit vier großen Verismo-Szenen aufwartet, kann sie diese Seite intensiv ausleben und ihre Erfahrungen im sogenannten "schweren Fach" gleich mit einbringen: denn die weit gespannten, hoch dramatischen Seelengemälde aus dem späten 19. Jahrhundert sind – egal, ob das ihre jeweiligen Komponisten selbst immer zugeben mochten – ohne Wagners neue Bühnenkonzeption und Gesangsbehandlung kaum denkbar.
Während es hier inhaltlich regelmäßig um Leben und Tod geht, könnte man sich von den helleren Tönen in den Suiten und Ballettmusiken von Bizet, Massenet oder Saint-Saens leicht aufs Glatteis führen lassen: die haben zwar fraglose Schlager-und Rauschqualitäten, spielen aber in ihren ursprünglichen Zusammenhängen trotzdem vor dunklen Hintergründen, die insofern bestens zu Anja Kampes Vokaldarbietungen passen: Lustgewinn und aggressive Lebenskraft als Beschwörung gegen die ständig drohenden existenziellen Bedrohungen.


Konzerthaus Berlin
Aufzeichnung vom 18.05.2017


Georges Bizet
Sinfonie Nr. 1 C-Dur
"L'Arlésienne"-Suite für Orchester Nr. 2
Francesco Cilea
"Io son l'umile ancella", Arie der Adriana aus "Adriana Lecouvreur"
Pietro Mascagni
"Voi lo sapete", Arie der Santuzza aus "Cavalleria rusticana"
Jules Massenet
"Meditation" für Orchester aus "Thais"
Arrigo Boito
"L'altra notte in fondo al mare", Arie der Margherita aus "Mefistofele"
Amilcare Ponchielli
"Suicidio", Arie der Gioconda aus "La Gioconda"
Camille Saint-Saens
"Bacchanale" für Orchester aus "Samson et Dalila"


Anja Kampe, Sopran
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Karel Mark Chichon