Verkauf der Sachsen LB

Von Michael Braun |
Die Gerüchte von Freitag haben sich also bestätigt. Die Risiken der Sächsischen Landesbank sind offenbar größer, als dass sie mit dem vor einer Woche gewährten Kreditrahmen der Sparkassengruppe von gut 17 Milliarden Euro hätten aufgefangen werden können. Es haben sich offenbar neue Risken aufgetan, die direkt auf die Bilanz der Sächsischen Landesbank durchschlugen und ihr Eigenkapital von zuletzt rund 1,5 Milliarden Euro stark beeinträchtigten.
Damit drohte die Eigenkapitalunterlegung der Kredite und damit die Existenzfähigkeit der Bank zu schwinden – kein Wunder, dass die Bankenaufsicht Druck gemacht hat. Deshalb der Notverkauf übers Wochenende. Die Risiken sind freilich nicht weg, sie liegen jetzt bei Landesbank Baden-Württemberg. Und die hat sich, wenn es ganz schlimm kommen sollte, ein Hintertürchen offen gehalten. Sie würde die Sachsen LB dann wieder zurückgeben. Letztlich lägen die Risiken dann bei den Steuerzahlern. Deren Repräsentanten, der Sächsische Landtag, wurde gar nicht befragt. Er darf dann im Zweifel später die Verluste abnicken und so sein vermeintlich wichtigstes Recht, das Etatrecht, wahrnehmen.

Trotz des massivem Drucks: Zumindest nach außen hin hat sich die Bankenaufsicht bisher nicht profiliert. Denn bis vor kurzem hat zumindest die Bundesbank als Teil der Bankenaufsicht immer noch argumentiert, der Fall der beinahe zahlungsunfähigen Mittelstandsbank IKB sei ganz anders gelagert als der der Sachsen LB, deren Kerngeschäft und Kernkapital keineswegs bedroht sei. Wusste sie es nicht besser? Fehlte der Durchblick? Wurde sie getäuscht? Oder war Beruhigung statt Information angesagt?

Gemauert wird derzeit jedenfalls kräftig. Der Bundesverband deutscher Banken – die Lobby der privaten Banken – hat sich darauf verständigt, "sich mit öffentlichen Aussagen zur allgemeinen Marktsituation derzeit zurückzuhalten". Allen Ernstes behaupten die Geschäftsbanken, sie wollten damit, so wörtlich, "konstruktiv zur weiteren Beruhigung der Märkte beitragen". Die Gefahr ist groß, dass das Gegenteil geschieht, dass Misstrauen wächst.

Zur Beruhigung sei freilich gesagt: Es gibt keinen Anlass, die Sparkassen und Banken zu stürmen, um sein Geld abzuziehen. Spar-, Fest- und Tagesgelder sind durch Einlagensicherungssysteme gesichert, Wertpapierdepots gehören dem Anleger, die Bank verwaltet sie nur, und Fondsanteile sind ein Sondervermögen, das auch im Falle einer Insolvenz unangetastet bliebe.

Dennoch kann man über den Notverkauf der Sachsen LB nicht hinwegsehen. Er hat eine strukturpolitische und darüber hinaus eine finanzpolitische Dimension.

Die bankpolitische Dimension liegt darin, dass mit der IKB eine halb-öffentliche und mit der Sachsen LB eine öffentliche Bank von der aktuellen Krise besonders betroffen wurden. Entweder fehlte es ihnen an Sachverstand oder – was wahrscheinlicher scheint -, sie standen unter solchem Renditedruck, dass sie unkalkulierbare Risiken eingegangen sind. Hier stimmt was nicht. Elf Landesbanken sind zuviel. Und der mit niedrigen Bankgebühren in Deutschland verwöhnte Kunde kann nur hoffen, dass es genügt, die Zahl der Landesbanken zu vermindern, um der Probleme im Sparkassensektor Herr zu werden. Wenn nicht, müssten private Banken Sparkassen übernehmen dürfen, was den Wettbewerb sicher einschränkte. Im Dienste der Stabilität des Bankensystems sollte darüber nach der Krise neu nachgedacht werden.

Die Regierungen in Gemeinden, Ländern und vor allem im Bund, können auch aus der Bankenkrise lernen: Als die nun problematischen Geschäfte noch liefen, haben die Landesbanken ihre Gewinne fröhlich ausgeschüttet. Und die Städte und Länder haben das Geld gern genommen und ausgegeben. An Rücklagen, an Schuldentilgung, dachte niemand, vor allem auf Bundesebene nicht. Sollte die Finanzkrise, was niemand wünschen kann, doch auf die Realwirtschaft durchschlagen, auf die Investitionen und die Konjunktur, dann ist Schluss mit den sprudelnden Steuerquellen. Vielleicht kommt die Finanzkrise ja noch rechtzeitig, um namentlich den Bund von seinen teuren Ausgabenprogrammen abzubringen. Nicht das im nächsten Abschwung noch eine Schuldenkrise kommt.