Mit dem Flugtaxi zum nächsten Termin
Wie bewegen wir uns in Zukunft durch die Stadt? Angesichts ständig verstopfter Straßen bleibt eigentlich nur das Lufttaxi. Marius Bebesel ist bei Airbus für ein solches Flugobjekt zuständig.
Liane von Billerbeck: Aus "James Bond" kennt man das ja: Da hat sich – nein, nicht Bonds Aston Martin - sondern der AMC Matador Coupé des diensthabenden Bösewichts mit wenigen Handgriffen in ein Flugzeug verwandeln lassen und davonfliegen können. Derlei soll nun gar nicht mehr so ferne Zukunftsmusik sein, denn vielerorts in der Welt und auch in Deutschland werden solche fliegenden Autos entwickelt.
Künftig soll man nur noch das Smartphone aus der Tasche ziehen, ein Flugtaxi ordern, das von alternativen Energien angetrieben wird, und dann auch damit davonschweben können. Auf der Internationalen Luftfahrtschau in Berlin wird heute das Lufttaxi von Airbus vorgestellt, und Marius Bebesel leitet das Projekt "CityAirbus". Jetzt ist er am Telefon. Schönen guten Morgen!
Marius Bebesel: Guten Morgen!
von Billerbeck: Wie weit sind Sie denn bitteschön bei der Entwicklung Ihres Lufttaxis?
Bebesel: Wir sind ganz schön weit. Das heißt, wir sind gerade dabei, einen Demonstrator fertigzustellen, und wir planen, diesen ersten Demonstrator ... das wird ein voll skalierter Hubschrauber sein, der die Möglichkeit hat, bis zu vier Passagiere zu transportieren. Wir werden diesen Demonstrator fertigstellen, und Ende des Jahres werden wir den Erstflug haben.
von Billerbeck: Demonstrator – da hätte ich schon fast gedacht, das ist nur so ein Modell, das nur so tut, als ob es fliegt. Aber beschreiben Sie uns doch mal bitte, wie Ihr Flugobjekt aussieht.
Die Lautstärke ist entscheidend für die Akzeptanz
Bebesel: Es erinnert ein bisschen an die kleinen Drohnen, die wir alle kennen. Und in der Tat, wir haben in dem Fall nicht wie bei einem Hubschrauber einen großen Rotor, sondern wir haben insgesamt acht Propeller. Das heißt, wir haben dadurch die Möglichkeit, dieses Vehikel ganz genau auf die Bedürfnisse einer Stadt und den Transport von Passagieren in der Stadt auszulegen.
Das heißt, wir können es, indem wir es auch vollelektrisch betreiben, das emissionsfrei machen. Zumindest lokal sind keine Emissionen da. Und wir können durch diese neue Architektur tatsächlich auch diese Art von Vehikel sehr leise machen. Das ist natürlich entscheidend für den Betrieb in der Stadt dann, für die Akzeptanz in der Stadt.
von Billerbeck: Sehr leise heißt wie laut?
Bebesel: Es muss sich eigentlich in den Geräuschpegel einer Stadt sozusagen einblenden, ohne groß aufzufallen.
von Billerbeck: Da gibt es auch Flugzeuge.
Bebesel: Ich weiß. Es ist etwas, wo wir im Bereich von 70 dB, das heißt, wir wollen in etwa so laut sein oder etwas leiser, wenn es geht, als der Autoverkehr in der Stadt. Also, es soll nicht auffallen, es soll nicht stören.
von Billerbeck: Ich glaube, das ist doppelt so viel wie ein Kühlschrank. Wo fehlt es denn bitteschön noch, Ihr Demonstrator? Wo sind noch dessen Defizite oder Kinderkrankheiten – wenn Sie bereit sind, darüber zu sprechen?
Bebesel: Ich denke, die Technologien sind da. Natürlich setzen wir auf Batterien und Batterietechnologie. Aber wir denken, dass wir diese Missionen, die in der Stadt üblich sind, das sind so etwa 15 Minuten bis zu maximal 30 Kilometer, die können wir auch machen mit der heutigen Batterietechnologie. Und die wird sich sicherlich verbessern.
Eine Bodenstation soll den Flug überwachen
Die anderen Punkte sind auf jeden Fall die Zulassung. Das heißt, wir müssen mit den Zulassungsbehörden einen Weg finden, wie wir diese neuartigen elektrischen Hubschrauber zulassen können. Und das ist jetzt nicht nur die Zulassung des Hubschraubers selbst, sondern es geht wirklich um den Betrieb eines solchen CityAirbus in der Stadt. Weil wir werden so was wie ein Air-Traffic-Managementsystem haben, das heißt, das ist eine Bodenstation, die den Verkehr der CityAirbusse überwacht. Und am Ende werden wir auch diese CityAirbusse autonom betreiben, das heißt, es wird kein Pilot mehr an Bord sein, sondern die CityAirbusse werden autonom fliegen. Und bis dato ist kein Regelwerk da, und das müssen wir natürlich mit den Zulassungsbehörden zusammen entwickeln.
von Billerbeck: In der Antwort haben sich bei mir eine Menge Fragen aufgebaut, sofort. Klar, die Vorstellung, in so ein Teil zu steigen, und das schwebt dann mit mir morgens, 3:15 Uhr hier prima zum Sender, landet vielleicht auf dem Dach des Hörspielstudios – tolle Aussichten.
Andererseits, wenn das ganz viele tun, dann wird es ja gefährlich, und Sie haben ja gesagt, da gibt es noch keine Regelungen. Was meinen Sie denn, wann wird man denn die realen Flüge sehen, wie lange wird denn das Verfahren der Regelung, der rechtlichen Regelung dauern? Wir wissen ja, in Deutschland kann so was seine Zeit brauchen.
Bebesel: Das wird seine Zeit brauchen. Aber wir werden Schritt für Schritt einsteigen. Unser nächstes Ziel nach dem CityAirbus-Demonstrator ist tatsächlich, in etwa drei bis vier Jahren ein Pilotprojekt in einer der großen Städte der Welt tatsächlich auch zu machen. In dem Fall würden wir tatsächlich einen CityAirbus oder mehrere CityAirbusse für den Passagierbetrieb freigeben.
Das Ganze würde noch unter der Möglichkeit einer vorläufigen Zulassung passieren, und ich glaube, wenn wir diesen großen, entscheidenden Schritt auch gegangen sind, dann haben wir genügend Erfahrung und auch, ich würde sagen, genügend Zeit, um dieses Regelwerk anzupassen und dann tatsächlich wirklich in eine volle Zulassung und in einen vollen Betrieb in der Stadt zu gehen.
von Billerbeck: Von der Reichweite haben Sie schon gesprochen, also 15 Minuten 30 Kilometer etwa. Damit könnte man ja in der Stadt hin- und herfliegen. Aber interessant wird es ja auch, wenn man nicht bloß Passagiere, sondern auch Lasten damit transportieren könnte. Wie sieht es denn damit aus?
Auch Lasten könnten transportiert werden
Bebesel: Das ist durchaus möglich. Das, was wir natürlich mit einem CityAirbus erreichen müssen, ist, die Betriebskosten zu senken gegenüber einem konventionellen Hubschrauber, um überhaupt auch attraktive Preise anzubieten für solche Flüge in der Stadt. Und dadurch, dass dann die fliegende Plattform im Betrieb sehr sicher, aber auch sehr günstig ist, bietet sie sich natürlich an für verschiedene andere Möglichkeiten. Man könnte tatsächlich Lasten transportieren. Es könnte auch in Richtung Notfalldienste gehen. Es gibt eine ganze Reihe an Anwendungen, die denkbar wären und die mit dieser Plattform, die modular genug ist, auch gemacht werden können.
von Billerbeck: Als Entwickler sind Sie da natürlich immer begeistert und euphorisch. Trotzdem noch mal die Frage Autopilot – was mache ich denn, wenn ich mir so ein Taxi geordert habe – angenommen, wir haben alle anderen Hürden weggeräumt –, dann fliegt das Ding los, und irgendwann will er nicht mehr. Was kann ich denn da tun? Mit meiner App in der Tasche werde ich ihn kaum fliegen können.
Bebesel: Wir werden uns Stück für Stück der Sache nähern. Das heißt, am Anfang werden die Flüge automatisch passieren, aber es wird immer noch ein Pilot an Bord sein. Das heißt, das Starten und das Landen …
von Billerbeck: Wie schön! Morgens um drei nicht mehr allein im Helikopter.
Bebesel: Und ich glaube, die Frage ist auf jeden Fall wichtig. Und dann, bis zur vollen Autonomie, da ist noch ein Weg hin. Aber Sie sehen, die Digitalisierung schreitet in großen Schritten voran, und diese autonomen Systeme werden immer mehr Realität und immer sicherer.
Das heißt, wir können eigentlich – oder wenn wir sie zulassen und in Betrieb nehmen, können wir eigentlich Sicherheitsbedenken ausschließen. Wir sind auch Airbus. Wir haben eine Tradition für Sicherheit, für sicheres Transportieren von Passagieren. Und deshalb würden wir auch an der Stelle keine Kompromisse machen.
von Billerbeck: Das war jetzt der Werbeblock von Marius Bebesel. Letzte Frage zum Schluss: Ist das ein Gerät nur für Millionäre, oder können das auch normale Menschen fliegen, mitfliegen?
Das Flugtaxi soll nicht mehr kosten als ein normales Taxi
Bebesel: Nein. Es ist eigentlich ein Gerät, das, wenn es mal in Betrieb ist, zu einem ähnlichen Preis angeboten werden kann wie ein Taxi. Das heißt, wenn ich zum Beispiel einen Flug vom Flughafen zum Zentrum der Stadt mache, sollte dieser Flug pro Person nicht wesentlich teurer sein als wenn ich ein Taxi nehmen würde – nur mit dem Taxi natürlich im Stau stehe und gestresst in der City ankomme.
von Billerbeck: Marius Bebesel, wir werden Sie beim Wort nehmen dann in fünf bis zehn Jahren, wenn es so weit ist. Entwickler des Projekts CityAirbus, hier im "Studio 9" von Deutschlandfunk Kultur. Ich danke Ihnen für das Gespräch!
Bebesel: Ich danke Ihnen!
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