Mehr Platz zum Fahrradfahren in den Städten
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Die Coronamaßnahmen haben den Autoverkehr zeitweilig stillgelegt. Das droht nun, wieder ins Gegenteil umzuschlagen. Wie kann man gegensteuern und umweltfreundliche Konzepte für die Zukunft entwickeln - wir fragen zwei Experten.
Leere Straßen, ruhige Städte, gesunde Luft: Die Coronamaßnahmen hatten auch ihr Gutes. Viele Menschen haben gemerkt, wie stressreduzierend es sein kann, weniger Autos in den Innenstädten zu haben. Dadurch nimmt auch die Lebensqualität zu. Einige Städte haben sogar noch mehr Platz fürs Rad gemacht - Wien oder Brüssel zum Beispiel.
Greenpeace macht sich dennoch Sorgen: Die Umweltschutzorganisation geht davon aus, dass viele Menschen aus Angst vor einer Ansteckung öffentliche Verkehrsmittel lange meiden werden. Zurzeit fahren laut einer Studie von McKinsey 70 bis 90 Prozent weniger Personen mit dem ÖPNV. Viele steigen auf das Auto um, vor allem für Kurzstrecken.
Verkehrspolitiker und -experten sind sich uneinig, ob derzeit genug getan wird, um Anreize dafür zu schaffen, den Pkw zu Hause stehenzulassen oder gar dieses zugunsten von Bahn, Bus und Fahrrad ganz abzuschaffen. Für den CDU-Politiker Christoph Ploß, Mitglied des Verkehrsausschusses im Bundestag, taugen als Vorbild durchaus Städte wie Wien und Brüssel, die den Autoverkehr in der Innenstadt stark eingeschränkt haben.
Güter fallen nicht vom Himmel
Man müsse bei allem Interesse an einer autofreien Stadt jedoch bedenken, "dass wir auch Warenwirtschaftsverkehr in den Ballungsräumen brauchen. Die Güter in den Supermärkten fallen ja nicht vom Himmel, die müssen irgendwo hingebracht werden. Wir haben viele Industriezweige in unserem Land, die dafür sorgen, dass Steuereinnahmen erwirtschaftet werden. Dafür brauchen wir eine funktionierende Logistik." Es sei deshalb nicht sinnvoll, die wichtigsten Hauptverkehrsstraßen in den Städten "kaputtzumachen".
Anne Klein-Hitpaß, Verkehrsexpertin der Denkfabrik Agora Verkehrswende, hält viel davon, private Pkw möglichst nicht in den Innenstädten parken zu lassen, um so dort Raum für Radfahrer und Lieferanten zu lassen, die ihre Fahrzeuge oft verkehrswidrig in zweiter Reihe parkten, um Waren zustellen zu können. Beispielsweise habe Berlin die Coronakrise gut genutzt und an verschiedenen kritischen Verkehrspunkten sogenannte Pop-up-Radwege eingerichtet, die den Autoverkehr stark einschränken und für mehr Sicherheit sorgen sollen. Diese Linie müsse weiterhin verfolgt werden, sagt Klein-Hitpaß.
(mkn)