Verkehrssteuerung

Weniger Stau, Staub und Sprit

Rot an der Ampel? - Bordcomputer im Auto erkennen künftig, wann man am besten anhält oder losfährt
Rot an der Ampel? - Bordcomputer im Auto erkennen künftig, wann man am besten anhält oder losfährt © picture alliance / dpa / Gero Breloer
Von Michael Engel |
Verkehrsforscher versprechen sich weniger Stau, weniger Staub und besseren Spritverbrauch, wenn die Ampeln erst einmal sprechen können. Technisch geht das auch schon, doch an der Abstimmung muss noch gefeilt werden.
Gerald Temme gibt Gas. Allerdings ohne sich dabei von der Stelle zu bewegen. Der Mitarbeiter vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sitzt in einem Simulator: Das Fahrgeräusch kommt aus dem Kopfhörer, ein Monitor ersetzt die Windschutzscheibe.
Gerald Temme: "... so dass man die verschiedenen Situationen, die man auch so vom Straßenverkehr kennt, auch hier erlebt hat in diesem Szenario."
Das "Szenario" - von dem der DLR-Techniker spricht - ist schon sehr speziell. Vor ihm - sichtbar auf dem Monitor - fährt ein schwarzer Golf - ziemlich sonderbar. Das Auto rollt nur langsam an eine rote Ampel heran und stoppt dann sogar zehn Meter vor der Haltelinie. Dabei ist vor dem Auto alles frei.
"Das Fahrzeug wusste, dass sie rot ist und hat deswegen schon relativ frühzeitig angefangen herunter zu bremsen bzw. auszurollen, weil bremsen ist ja immer ein Energieverlust. Und es ist jetzt auch nicht bis direkt an die Haltelinie heran gefahren, sondern gut zehn Meter davor stehen geblieben und jetzt auch gerade bei rot schon losgefahren, wo wir denken, warum fährt der denn jetzt eigentlich los? Aber nein, der wusste, dass die Ampel in eineinhalb Sekunden schaltet und ist dann genau bei Grün auf die Kreuzung eingefahren, so dass er effizient die Grünphase der Ampel nutzen konnte."
Bis zur Ampel hin ausrollen? Und zehn Meter vorher stehen bleiben? Aus energetischer oder verkehrsdynamischer Sicht sind das sicher gute Gründe. Aber was würden die Autofahrer dazu sagen.
Effizienz oder Raumverschwendung?
Ein Autofahrer: "Wenn ein Auto zehn Meter vor Ampel anhält, dann ist ja da eine Riesenlücken. Da würde ich, denke ich, direkt reinfahren, um einfach, wenn es grün wird, schneller losfahren zu können, als erster."
Eine Autofahrerin: "Also wenn ich mir überlege: Alle haben es total eilig und dann einfach ausrollen bis zur Ampel: Das geht gar nicht."
Eine zweite Autofahrerin: "Viele finden das nicht gut. Die ziehen dann bis zur Ampel einfach vorbei."
Was passiert eigentlich, wenn manche Autos mit einem Ampelassistenten an Bord schon zehn Meter vor der Kreuzung halten? Die anderen Fahrer aber nicht wissen, warum, wieso, weshalb? Um das herauszufinden, wurden im Simulationslabor der DLR Braunschweig 32 Autofahrer getestet. Studienleiterin ist die Verkehrspsychologin Dr. Caroline Schießl:
" ... und was uns jetzt dabei sehr stark interessiert, ist eben zu schauen: Wie reagieren die anderen Fahrer, die eben nicht dieses Assistenz haben, aber diese Assistenz durchaus erleben auf dieses Fahrzeug. Finden sie das irritierend? Finden sie das toll? Lassen sie sich mitziehen? Also was passiert da einfach?"
Versuchspersonen waren Studenten, Rentner, Fahranfänger, Routiniers - ein Querschnitt durch die Bevölkerung.
Prof. Karsten Lemmer, Direktor des DLR-Instituts für Verkehrssystemtechnik, mit dem Ergebnis: "Also, es gab halt schon Situationen, insbesondere wenn man eine zweispurige Straße hat, dass möglicherweise der Fahrer dann drängelt oder vielleicht sogar rechts überholt. Das wären dann potentiell Verkehrszustände, die wir nicht wollen, weil die natürlich auch ein Risikopotential bergen, und deshalb muss man dann halt schauen, wie man halt dort einen schlauen Kompromiss findet."
Mit dem Assistenten fahren, heißt Sprit sparen
Das Ergebnis ist sicher nicht überraschend. Dabei waren nur vier Autos unterwegs. Nicht auszudenken, wenn Fahrzeuge mit Ampelassistenz in der hektischen Rush-Hour fahren würden. Die in Braunschweig getestete Version eines "Ampelassistenten" ist spritsparend und effizient, funktioniert wohl aber nur, wenn der Faktor Mensch keine Rolle spielt.
Stellt sich die Frage, wo überhaupt noch der Fahrspaß bleibt, wenn immer mehr Fahrassistenten ins Rollen kommen. Dazu noch einmal Caroline Schießl: "Ganz generell kann man eben sagen, dass die Affinität zu solch neuen Technologien bei der jüngeren Generation einfach ein bisschen mehr noch da ist als bei den Älteren. Und auf der anderen Seite haben wir aber das "Problem" - in Anführungsstrichen - dass gerade die Älteren eigentlich diejenigen sind, die sich die Fahrzeuge mit den vielen Funktionen tatsächlich auch leisten können. Ob das jetzt wirklich ein Fahrspaß ist, weiß ich jetzt nicht."
Noch gibt es keine Autos mit Ampelassistenz. Alle großen Hersteller arbeiten daran und sind frei dabei, das Feature zu konfigurieren. Denkbar sind grüne LED-Balken oder Ampel-Piktogramme neben dem Tacho, die anzeigen, wann die nächste Ampel umschaltet. Ob das in Braunschweig getestete System eine Chance hat, ist eher fraglich. Außerdem fehlt noch die Elektronik in den Ampeln, die solche Signale senden können. Die klammen Kassen in den Städten lassen vermuten, dass für eine flächendeckende Umrüstung sicher noch Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte ins Land gehen werden.
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