Tschüss Verbrenner!
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Der Berliner Senat hat die Klimanotlage ausgerufen und will von 2030 an keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr in die Innenstadt lassen. Die Opposition hält das für völlig unrealistisch.
"Ich habe eben gerade zu meinem Sohn gesagt: Hier müffelt’s. Irgendwas muss da getan werden." Eine Frau um die 50 aus Buxtehude ist gerade mit der Familie am Berliner Hauptbahnhof aus dem Zug gestiegen. Die Landluft sei doch besser, findet sie.
Den Gestank aus der Stadt vertreiben
Auch der Berliner Senat will den Gestank aus der Stadt vertreiben – und zugleich das Klima retten. Schon vor anderthalb Jahren stellte die Berliner Landesregierung eine "Klimanotlage" fest – und beschloss im Juni, im Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings, also in der erweiterten Innenstadt, "mittelfristig" Verbrennerautos zu verbieten. Da stimmt sogar der Berliner Taxifahrer zu: "Der ganze Trend geht da hin, und es gibt ja immer mehr Autos auf der Straße."
Laut früheren Papieren aus der grünen Senatsverwaltung für Verkehr soll 2030 der letzte Verbrenner aus der Innenstadt verschwinden, 2035 dann aus dem gesamten Stadtgebiet. Staatssekretär Ingmar Streese hält das für möglich:
"Es mag auf den ersten Blick utopisch erscheinen. Manche Umwälzung, manche Entwicklung kann aber schnell gehen, wenn wir an den Atomausstieg denken oder ähnliche Prozesse. Wir haben einfach eine große Notwendigkeit für Klimaschutz und Luftreinhaltung, insbesondere in den Städten. Und das heißt für Berlin, dass wir versuchen, so früh wie möglich Verbrennermotoren aus der Stadt herauszubekommen."
Umsteigen auf andere Verkehrsmittel
Die Opposition glaubt nicht, dass sich das Ziel bis 2030 erreichen lässt. Danny Freymark, umweltpolitischer Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, sagt, der rot-rot-grüne Senat solle zunächst die Voraussetzungen schaffen, damit seine Utopie wahr werden könne:
"Erst mal müsste man sicherstellen, dass das Umsteigen vom Auto auf andere Mobilitätsträger ohne Probleme gewährleistet ist. Das heißt, der ÖPNV muss ausgebaut werden, die Sharing-Angebote müssen verbessert werden. Wenn man das hinkommen würde, vielleicht sogar ein Umweltticket zu haben, wo vom Entleihen eines Fahrrades bis zu einer Parkplatznutzung alles drin ist – das wäre ein vernetzter Verkehr, der funktionieren könnte."
Und so schön das Ziel auch scheinen mag – mancher Taxifahrer kann es sich einfach nicht leisten, auf ein Elektroauto umzusteigen: "Ich habe mich schon interessiert, ich hätte gern einen Tesla gefahren. Aber ich kann das Geld nicht aufbringen, das geht nicht."
Das Land Berlin fördere ja gemeinsam mit dem Bund den Kauf von Elektrofahrzeugen, hält Staatssekretär Streese von der Verkehrsverwaltung dagegen. Bis 2030 will der Senat 1600 Elektrobusse anschaffen. 16 neue Straßenbahnstrecken sind geplant und hundert Kilometer Radschnellwege. Und Elektroautos dürfen ja auch im grünen Zukunfts-Berlin weiter durchs Zentrum fahren.
"Berlin ist bundesweit mit an der Spitze bei der Anzahl der Ladesäulen pro Elektrofahrzeug", sagt Streese: "Aber da die Anzahl der Elektrofahrzeuge zunimmt, werden wir weiter ausbauen. Wir haben zur Zeit 1760 Ladepunkte. So um die 10.000 bräuchten wir im Jahr 2030, um den erwarteten Aufwuchs abzudecken."
Jedes Jahr sollen tausend Ladepunkte hinzukommen. Das sollte reichen bis zum Jahr 2030, meint der Staatssekretär. Volkes Stimme zieht mit:
"Bin ich total dafür. Finde ich richtig gut."
"Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man Mobilität vor allem in den Städten neu denken muss, und das tut natürlich an manchen Stellen weh, aber ich glaube, dass das eine nötige Entwicklung ist."
"Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man Mobilität vor allem in den Städten neu denken muss, und das tut natürlich an manchen Stellen weh, aber ich glaube, dass das eine nötige Entwicklung ist."
Die Herausforderungen werden nicht weniger
"Wir können das schaffen, weil auch die Herausforderungen des Klimaschutzes wahrscheinlich nicht weniger werden", so Streese. "Wir haben Prognosen, dass die Berliner Sommer in zehn Jahren deutlich über 40 Grad sein können, was uns die Dimension der Aufgabe darlegt. Wir müssen einfach schnell sein."
"Unsozial, unrealistisch und unverantwortlich" nennt der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner hingegen das Ziel einer verbrennerlosen Innenstadt bis 2030. Vorsichtiger formuliert es der umweltpolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Danny Freymark: "Das mit einem Stichdatum zu versehen und damit die Leute zu verunsichern – das ist nicht unser Weg."
Aber Freymark weiß, dass sich die umweltpolitischen Ziele der CDU inzwischen gar nicht so sehr von denen der Grünen unterscheiden. Schließlich wird am 26. September auch in Berlin gewählt, und die Grünen könnten ein Koalitionspartner sein.