Verlangen nach Geborgenheit und Beständigkeit
Mit "Heimat-Fragmente - Die Frauen" schließt Edgar Reitz sein Heimat-Epos ab. Als er vor 25 Jahren mit der Arbeit daran begann, so der Filmregisseur, war der Begriff ein Tabuthema. Auch durch den Film sei eine Diskussion darüber entstanden, was Heimat bedeute, sagte Reitz. Heimat beinhalte auch immer das Verlangen nach Geborgenheit und Beständigkeit.
Jürgen König: "Heimat-Fragmente", Untertitel: "Die Frauen", so heißt der neue Film von Edgar Reitz. Morgen wird er ihn bei der Biennale in Venedig vorstellen, heute ist er bei uns. Guten Tag, Herr Reitz.
Edgar Reitz: Guten Tag.
König: Im Mittelpunkt dieses neuen Films steht Lulu, die 35 Jahre alte Tochter des Musikers Hermann Simon. Sie hält Rückschau auf ihr Leben, das Leben in jenem fiktiven Hunsrückdorf Schabbach überhaupt. Eigentlich ist doch diese "Heimat Trilogie" abgeschlossen. Und auch dieser Film, so liest man, führt die Geschichte nicht fort. Warum dennoch dieser Film?
Reitz: Sie müssen sich vorstellen, dass ich über 25 Jahre lang an diesem Werk gearbeitet habe. In dieser Zeit dringt man so tief ein in diese fiktive Welt, dass viele von diesen Figuren einem manchmal realer erscheinen als manches, was reales Leben ist. Und von so etwas Abschied zu nehmen, ist nicht so ganz einfach. Man kann da nicht sagen: Damit ist jetzt die Trilogie vollendet. Sondern da sind noch so viele Empfindungen ungelöst, so viele Fragen in der Luft.
König: Also ist "Heimat-Fragmente" auch ein Film über die Zeit und wie wir uns in ihr bewegen und uns verändern?
Reitz: Lulu, die ja die fragende Figur am Ende von "Heimat 3" ist, ist natürlich als junge Frau unserer Zeit ganz besonders daran interessiert, auch zu spüren und zu erfahren, wie sich die Rolle der Frau und ihr eigenes Lebensbild verändert haben. Und aus dieser Fragestellung heraus blättern wir dieses Material auf. Es sind ungefähr 40 Szenen, die aus "Heimat 1", "2" und "3" stammen, nie veröffentlicht wurden und die in dieser Weise so korrespondieren mit den inneren Fragen, die Lulu sich stellt: Wie funktioniert Erinnerung eigentlich? Was ist das, wenn wir uns erinnern? Das ist aus meiner Sicht auch etwas sehr Filmisches. Denn der Film ist auch eine Art, wie wir uns heute erinnern. Ich glaube, wir können uns gar nicht mehr vorstellen, wie die Menschheit mit ihrer eigenen Geschichte umgegangen ist, ehe es den Film gab.
König: Ohne Film, ja.
Reitz: Ja.
König: Was war Heimat für Sie, als Sie damals, 1979, anfingen mit diesem Filmprojekt und wie würden Sie diesen Begriff heute verstehen, 30 Filme und 27 Jahre später?
Reitz: Das war ja ein Tabuthema. Also Heimat war in den 80er Jahren, als wir damals anfingen, noch so belastet von Blut-und-Boden-Ideologien, von pseudofolkloristischer Tourismusindustrie und was es so gab, dass man diesen Begriff eigentlich nicht anfassen wollte. Es war auch eigentlich schwierig, diesen Titel durchzubringen, denn in der ARD war man da noch sehr zurückhaltend. Dann hat aber die "Heimat 1", wie wir heute sagen, hat da eine Tür aufgemacht. Und die Diskussion über das Thema Heimat ist durch den Film angestoßen worden - auch für mich, muss ich ehrlich sagen, denn das war ja nicht ursprünglich meine Absicht, nun einen Film zu machen, der diesen Begriff unterfüttert und nur eigentlich das erläutert, was Heimat sei. Es ist einfach ein Titel, der eine große Familiensaga bezeichnet. Aber im Laufe …
König: … der ja aber auch schon einen Nerv getroffen hat, nicht? Also plötzlich war ja da auch dieser Begriff Heimat in aller Munde. Und man fing ja auch nicht zuletzt wegen dieses Films wirklich an, darüber nachzudenken, was ist uns Heimat und warum sollen wir das nur, ja, wie man damals sagte: den Reaktionären überlassen?
Reitz: Ja. Und wir sahen dann auch, da der Film ja großen, weltweiten Erfolg hatte, sahen wir, dass dieses Wort in anderen Sprachen nicht vorkommt, also nicht adäquat übersetzbar ist. So fing man dann an, dieses deutsche Wort wie ein Lehnwort in andere Sprachen hinüberzutragen und dabei reflektiert man: Was ist das eigentlich? Wir Deutschen haben ein Wort für ein Gefühl und einen Zustand und eine Erfahrung, die alle Menschen der Welt kennen, die aber demgegenüber in einer gewissen Weise sprachlos sind, weil sie dieses Wort nicht haben. Das hat mich eigentlich am allerweitesten gebracht: Der Vergleich dieser deutschen Empfindung, der deutschen Sprache mit den Empfindungen anderer Völker und anderer Menschen und ihrer anderen Sprachen.
König: Haben wir Deutschen damit auch ein anderes Verhältnis zu Heimat, heimatlich, Heimatliebe als vielleicht Polen, Franzosen, Italiener, Tschechen?
Reitz: Also man kann nicht einfach alle Sprachen aufzählen. In den slawischen Sprachen, zum Beispiel im Russischen, gibt es ein Äquivalent. Es gibt auch in den nordischen Sprachen so etwas. Aber immerhin in so wichtigen, für uns wichtigen Ländern wie England, USA, Frankreich, Italien gibt es das nicht.
König: Home? Ist das nicht ein ähnlicher Wortstamm?
Reitz: Ja, das hat eine ganz andere Aura. Auch im Französischen, da hat man versucht, das zu übersetzen mit "mon pays" oder so was; im Italienischen gibt es "patria" und …
König: … aber es gibt Heimatliebe dort?
Reitz: Es gibt Heimatliebe und es gibt die Gefühle, die wir beschreiben. Und dann ist aber doch eine kleine Unterscheidung: In dem deutschen Wort schwingt immer eine gewisse Melancholie mit. Also Heimat ist immer auch etwas Verlorenes, etwas, was man irgendwann im Leben glaubt, verloren zu haben, und es enthält ein Element der Erinnerung und der Sehnsucht oder des Verlustes. Das haben die anderen nicht in ihrer Übersetzung drin. Da geht man realistischer mit den Dingen um.
König: Wie erleben Sie die derzeitigen, ja, ziemlich angespannten öffentlichen Debatten um die Erinnerung, um Vertreibung, um Heimatverlust?
Reitz: Ich bin ja nie systematisch an dieses Wort herangegangen. Es ist mir auch ein bisschen unheimlich geworden in den letzten Jahren bei dieser Diskussion, weil alle spüren natürlich, dass sie in eine Welt hineinwachsen, die diese Form des Geborgenseins und vor allem auch der Permanenz, des Beständigen nicht mehr gibt. Und das Verlangen, dass etwas in unserem Leben Bestand haben möge, dass man etwas haben möge, was man als guten Hort oder Besitz durch sein Leben tragen kann, dieses Verlangen ist sehr, sehr groß. Und das kontrastiert natürlich mit der täglichen Erfahrung, wo man ununterbrochen irgendwie um Verluste bangt - den Job zu verlieren, den Aufenthaltsort ewig wechseln zu müssen, auch die Instabilität der Familie und so weiter. Das ist natürlich die Realität, die man mit dieser Sehnsucht versucht zu beantworten.
König: "Heimat", "Die Zweite Heimat", "Heimat 3", das sind 30 Filme, 54 Stunden lang. Sind Sie nicht manchmal selber beeindruckt von der Monumentalität dieses Projekts?
Reitz: Bei Schriftstellern geht das mir auch immer so. Wenn ich so ein dickes Buch sehe, denke ich: Mein Gott, das hat er alles geschrieben! Aber wenn man das mal so verteilt, so auf fünf Seiten pro Tag, und merkt, dass im Laufe eines Jahres dann doch auch ein riesendickes Buch zustande kommt … Es ist Kleinarbeit, es hat in der Arbeit niemals irgendwie dieses gigantische Format und am Ende ist es dann doch eine Menge. Ja, natürlich. Ich bin glücklich darüber, dass es mir gelungen ist, das mit Konsequenz durchzuziehen. Es war ja nicht immer einfach. Und die Zeiten waren immer weniger eigentlich auf der Seite eines solchen Unternehmens. Man arbeitete zuletzt dann auch sehr gegen den Strom, gegen die Gewohnheiten der Medien.
König: Sie haben diesen neuen Film "Heimat-Fragmente - Die Frauen" weitgehend privat finanziert. Wollten die Filmförderer und die Fernsehanstalten Sie nicht mehr oder wollten Sie nicht mehr?
Reitz: Ach nein. Ich wollte es mir einfach mal leicht machen. Also immer dieses Anträgestellen und diese vielen, vielen Diskussionen, bevor man überhaupt weiß, was man will, da hat man schon die Lust verloren. Also ich wollte einfach mal mir das persönliche Vergnügen gönnen, einen Film zu machen, bei dem ich keinen Menschen fragen muss.
König: Dabei wurde doch das Projekt anfangs wirklich von der ARD sehr mitgetragen. Haben die Fernsehanstalten sich da so verändert, dass das jetzt nicht mehr möglich ist?
Reitz: Nein. Das ist ein ganz natürlicher Prozess, wenn man ein großes Projekt macht. Sie dürfen aber nicht vergessen, "Heimat-Fragmente" ist ein kleiner Film.
König: Na gut, aber auch 140 Minuten.
Reitz: Ja, ja. Aber der profitiert natürlich von der Freiheit, die ich früher auch hatte, in seinem Material.
König: Was werden Sie danach machen?
Reitz: Ich habe jetzt …
König: Ist das nicht oder - Entschuldigung, darf ich … Ist das nicht ein schreckliches Gefühl, jetzt, wo nun wirklich auch der Abschied von Heimat geschehen ist? Was werden Sie jetzt machen?
Reitz: Ich habe mir damit natürlich auch selber eine Schranke gesetzt: Bis hierher und nicht weiter, was Heimat angeht. Aber es gibt ein Projekt für das kommende Jahr, das hat nichts mit Heimat zu tun und es ist ein Spielfilm.
König: Der Filmregisseur Edgar Reitz. Seinen neuen Film "Heimat-Fragmente - Die Frauen" wird er morgen bei der Biennale in Venedig vorstellen. Im Spätherbst wird der Film bei ARTHAUS Kinowelt als DVD erscheinen und auch in einigen ausgewählten Kinos zu sehen sein.
Edgar Reitz: Guten Tag.
König: Im Mittelpunkt dieses neuen Films steht Lulu, die 35 Jahre alte Tochter des Musikers Hermann Simon. Sie hält Rückschau auf ihr Leben, das Leben in jenem fiktiven Hunsrückdorf Schabbach überhaupt. Eigentlich ist doch diese "Heimat Trilogie" abgeschlossen. Und auch dieser Film, so liest man, führt die Geschichte nicht fort. Warum dennoch dieser Film?
Reitz: Sie müssen sich vorstellen, dass ich über 25 Jahre lang an diesem Werk gearbeitet habe. In dieser Zeit dringt man so tief ein in diese fiktive Welt, dass viele von diesen Figuren einem manchmal realer erscheinen als manches, was reales Leben ist. Und von so etwas Abschied zu nehmen, ist nicht so ganz einfach. Man kann da nicht sagen: Damit ist jetzt die Trilogie vollendet. Sondern da sind noch so viele Empfindungen ungelöst, so viele Fragen in der Luft.
König: Also ist "Heimat-Fragmente" auch ein Film über die Zeit und wie wir uns in ihr bewegen und uns verändern?
Reitz: Lulu, die ja die fragende Figur am Ende von "Heimat 3" ist, ist natürlich als junge Frau unserer Zeit ganz besonders daran interessiert, auch zu spüren und zu erfahren, wie sich die Rolle der Frau und ihr eigenes Lebensbild verändert haben. Und aus dieser Fragestellung heraus blättern wir dieses Material auf. Es sind ungefähr 40 Szenen, die aus "Heimat 1", "2" und "3" stammen, nie veröffentlicht wurden und die in dieser Weise so korrespondieren mit den inneren Fragen, die Lulu sich stellt: Wie funktioniert Erinnerung eigentlich? Was ist das, wenn wir uns erinnern? Das ist aus meiner Sicht auch etwas sehr Filmisches. Denn der Film ist auch eine Art, wie wir uns heute erinnern. Ich glaube, wir können uns gar nicht mehr vorstellen, wie die Menschheit mit ihrer eigenen Geschichte umgegangen ist, ehe es den Film gab.
König: Ohne Film, ja.
Reitz: Ja.
König: Was war Heimat für Sie, als Sie damals, 1979, anfingen mit diesem Filmprojekt und wie würden Sie diesen Begriff heute verstehen, 30 Filme und 27 Jahre später?
Reitz: Das war ja ein Tabuthema. Also Heimat war in den 80er Jahren, als wir damals anfingen, noch so belastet von Blut-und-Boden-Ideologien, von pseudofolkloristischer Tourismusindustrie und was es so gab, dass man diesen Begriff eigentlich nicht anfassen wollte. Es war auch eigentlich schwierig, diesen Titel durchzubringen, denn in der ARD war man da noch sehr zurückhaltend. Dann hat aber die "Heimat 1", wie wir heute sagen, hat da eine Tür aufgemacht. Und die Diskussion über das Thema Heimat ist durch den Film angestoßen worden - auch für mich, muss ich ehrlich sagen, denn das war ja nicht ursprünglich meine Absicht, nun einen Film zu machen, der diesen Begriff unterfüttert und nur eigentlich das erläutert, was Heimat sei. Es ist einfach ein Titel, der eine große Familiensaga bezeichnet. Aber im Laufe …
König: … der ja aber auch schon einen Nerv getroffen hat, nicht? Also plötzlich war ja da auch dieser Begriff Heimat in aller Munde. Und man fing ja auch nicht zuletzt wegen dieses Films wirklich an, darüber nachzudenken, was ist uns Heimat und warum sollen wir das nur, ja, wie man damals sagte: den Reaktionären überlassen?
Reitz: Ja. Und wir sahen dann auch, da der Film ja großen, weltweiten Erfolg hatte, sahen wir, dass dieses Wort in anderen Sprachen nicht vorkommt, also nicht adäquat übersetzbar ist. So fing man dann an, dieses deutsche Wort wie ein Lehnwort in andere Sprachen hinüberzutragen und dabei reflektiert man: Was ist das eigentlich? Wir Deutschen haben ein Wort für ein Gefühl und einen Zustand und eine Erfahrung, die alle Menschen der Welt kennen, die aber demgegenüber in einer gewissen Weise sprachlos sind, weil sie dieses Wort nicht haben. Das hat mich eigentlich am allerweitesten gebracht: Der Vergleich dieser deutschen Empfindung, der deutschen Sprache mit den Empfindungen anderer Völker und anderer Menschen und ihrer anderen Sprachen.
König: Haben wir Deutschen damit auch ein anderes Verhältnis zu Heimat, heimatlich, Heimatliebe als vielleicht Polen, Franzosen, Italiener, Tschechen?
Reitz: Also man kann nicht einfach alle Sprachen aufzählen. In den slawischen Sprachen, zum Beispiel im Russischen, gibt es ein Äquivalent. Es gibt auch in den nordischen Sprachen so etwas. Aber immerhin in so wichtigen, für uns wichtigen Ländern wie England, USA, Frankreich, Italien gibt es das nicht.
König: Home? Ist das nicht ein ähnlicher Wortstamm?
Reitz: Ja, das hat eine ganz andere Aura. Auch im Französischen, da hat man versucht, das zu übersetzen mit "mon pays" oder so was; im Italienischen gibt es "patria" und …
König: … aber es gibt Heimatliebe dort?
Reitz: Es gibt Heimatliebe und es gibt die Gefühle, die wir beschreiben. Und dann ist aber doch eine kleine Unterscheidung: In dem deutschen Wort schwingt immer eine gewisse Melancholie mit. Also Heimat ist immer auch etwas Verlorenes, etwas, was man irgendwann im Leben glaubt, verloren zu haben, und es enthält ein Element der Erinnerung und der Sehnsucht oder des Verlustes. Das haben die anderen nicht in ihrer Übersetzung drin. Da geht man realistischer mit den Dingen um.
König: Wie erleben Sie die derzeitigen, ja, ziemlich angespannten öffentlichen Debatten um die Erinnerung, um Vertreibung, um Heimatverlust?
Reitz: Ich bin ja nie systematisch an dieses Wort herangegangen. Es ist mir auch ein bisschen unheimlich geworden in den letzten Jahren bei dieser Diskussion, weil alle spüren natürlich, dass sie in eine Welt hineinwachsen, die diese Form des Geborgenseins und vor allem auch der Permanenz, des Beständigen nicht mehr gibt. Und das Verlangen, dass etwas in unserem Leben Bestand haben möge, dass man etwas haben möge, was man als guten Hort oder Besitz durch sein Leben tragen kann, dieses Verlangen ist sehr, sehr groß. Und das kontrastiert natürlich mit der täglichen Erfahrung, wo man ununterbrochen irgendwie um Verluste bangt - den Job zu verlieren, den Aufenthaltsort ewig wechseln zu müssen, auch die Instabilität der Familie und so weiter. Das ist natürlich die Realität, die man mit dieser Sehnsucht versucht zu beantworten.
König: "Heimat", "Die Zweite Heimat", "Heimat 3", das sind 30 Filme, 54 Stunden lang. Sind Sie nicht manchmal selber beeindruckt von der Monumentalität dieses Projekts?
Reitz: Bei Schriftstellern geht das mir auch immer so. Wenn ich so ein dickes Buch sehe, denke ich: Mein Gott, das hat er alles geschrieben! Aber wenn man das mal so verteilt, so auf fünf Seiten pro Tag, und merkt, dass im Laufe eines Jahres dann doch auch ein riesendickes Buch zustande kommt … Es ist Kleinarbeit, es hat in der Arbeit niemals irgendwie dieses gigantische Format und am Ende ist es dann doch eine Menge. Ja, natürlich. Ich bin glücklich darüber, dass es mir gelungen ist, das mit Konsequenz durchzuziehen. Es war ja nicht immer einfach. Und die Zeiten waren immer weniger eigentlich auf der Seite eines solchen Unternehmens. Man arbeitete zuletzt dann auch sehr gegen den Strom, gegen die Gewohnheiten der Medien.
König: Sie haben diesen neuen Film "Heimat-Fragmente - Die Frauen" weitgehend privat finanziert. Wollten die Filmförderer und die Fernsehanstalten Sie nicht mehr oder wollten Sie nicht mehr?
Reitz: Ach nein. Ich wollte es mir einfach mal leicht machen. Also immer dieses Anträgestellen und diese vielen, vielen Diskussionen, bevor man überhaupt weiß, was man will, da hat man schon die Lust verloren. Also ich wollte einfach mal mir das persönliche Vergnügen gönnen, einen Film zu machen, bei dem ich keinen Menschen fragen muss.
König: Dabei wurde doch das Projekt anfangs wirklich von der ARD sehr mitgetragen. Haben die Fernsehanstalten sich da so verändert, dass das jetzt nicht mehr möglich ist?
Reitz: Nein. Das ist ein ganz natürlicher Prozess, wenn man ein großes Projekt macht. Sie dürfen aber nicht vergessen, "Heimat-Fragmente" ist ein kleiner Film.
König: Na gut, aber auch 140 Minuten.
Reitz: Ja, ja. Aber der profitiert natürlich von der Freiheit, die ich früher auch hatte, in seinem Material.
König: Was werden Sie danach machen?
Reitz: Ich habe jetzt …
König: Ist das nicht oder - Entschuldigung, darf ich … Ist das nicht ein schreckliches Gefühl, jetzt, wo nun wirklich auch der Abschied von Heimat geschehen ist? Was werden Sie jetzt machen?
Reitz: Ich habe mir damit natürlich auch selber eine Schranke gesetzt: Bis hierher und nicht weiter, was Heimat angeht. Aber es gibt ein Projekt für das kommende Jahr, das hat nichts mit Heimat zu tun und es ist ein Spielfilm.
König: Der Filmregisseur Edgar Reitz. Seinen neuen Film "Heimat-Fragmente - Die Frauen" wird er morgen bei der Biennale in Venedig vorstellen. Im Spätherbst wird der Film bei ARTHAUS Kinowelt als DVD erscheinen und auch in einigen ausgewählten Kinos zu sehen sein.