Verlegerin Mishchenko zum Ukraine-Konflikt
"Die Rolle der Kultur nicht überschätzen"
Die Angst in der Ukraine vor einem Krieg ist groß. Die ukrainische Verlegerin Kateryna Mishchenko berichtet von unruhigen Zeiten in Kiew. Sie sagt, Kultur könne immerhin Hoffnung geben.
In der Krise zwischen westlichen Staaten und Russland zeichnet sich bislang keine Entspannung ab. Auch wenn Vertreter aus Deutschland und den USA, wie unlängst Annalena Baerbock oder Antony Blinken, in Kiew Station machen, sei dies für die Ukrainer kein Grund, ruhig zu sein, sagt Kateryna Mishchenko. „Wir warten immer auf eine Lösung der Situation, und die kommt nicht.“
Westliche Sanktionsdrohungen "kein Trost"
Die Verlegerin und Essayistin lebt in Kiew. Für sie seien auch die westlichen Sanktionsdrohungen gegenüber Moskau kein Trost. Vielmehr handele es sich dabei um ein „brutales Spiel“. Denn es werde von Russland keine Alternative gefordert.
Sie habe die Befürchtung, so Mishchenko, dass der post-sowjetische Raum „neu formatiert“ werde. Sie blicke deswegen mit Besorgnis, aber auch mit Empathie und Solidarität auf die Ereignisse in Belarus und Kasachstan. Doch habe sie den Eindruck, dass Bürgerproteste nicht mehr zugelassen würden.
Zwar glaube sie, dass Kultur Hoffnung geben könne, doch dürfe man deren Rolle auch nicht überschätzen. „Wenn Waffen, Truppen und große ökonomische Interessen da sind, dann kann die Kultur nicht viel machen“, so die Verlegerin.
Russischsprachige Kultur profitiert
Sie selbst sei nicht nationalistisch und betrachte auch Kultur nicht in einem ethnischen Sinne. Doch begrüße sie die „Stärkung ukrainischsprachiger Kultur“. Denn früher habe es „eine Dominanz der russischen Massenkultur“ gegeben, so Mishchenko. Doch nun entstünden Arbeitsplätze für ukrainischsprachige Künstler.
Wahrscheinlich, vermutet die Essayistin, seien russischsprachige Ukrainer freier als russischsprachige Russen, weil sie in einer Demokratie lebten. Erste könnten so „die Sachen sagen oder schreiben, die sie in Russland wahrscheinlich nicht mehr schreiben können“. Deswegen würde die russischsprachige Kulturwelt in der Ukraine davon profitieren, wenn das Land „friedlich bleibt, wenn wir auch stärker werden und die Kultur mehr gefördert wird“.
(rzr)