Wagenbach-Verlegerin zum Papiermangel
Bücher bestehen aus Papier – das zu organisieren, wurde zuletzt immer schwieriger und teurer. Verlegerin Susanne Schüssler kann davon ein Lied singen. © picture alliance / dpa / Jonas Güttler
"Die Buchpreise werden in der nächsten Zeit explodieren"
08:44 Minuten
Jüngst klagten Krankenkassen über Papiernot, weshalb die Impfpflicht nicht eingeführt werden könne. Für Verlage ist die Papiernot erst recht ein Problem, wie Susanne Schüssler erklärt. Die Wagenbach-Verlegerin bereitet auf eine Preisexplosion vor.
Die Lage auf dem Papiermarkt wird immer schwieriger, denn überall auf der Welt sei Zellstoff inzwischen knapp, sagt Verlegerin Susanne Schüssler. Dieses Grundproblem stellt Buchverlage nun vor verschiedene Herausforderung: erstens bei der Beschaffung an sich und zweitens durch die gestiegenen Preise.
Bis zu 25.000 Buchexemplare hätten sie drucken lassen wollen, erklärt Susanne Schüssler. Dafür hätten sie bereits im letzten September das Papier bestellt, um es für den Februar zu bekommen.
"Die Druckerei teilte mir mit, vor März könne man nicht liefern. Das heißt: Es gibt über ein halbes Jahr Lieferzeiten, die dann aber trotzdem nicht eingehalten werden können."
Im letzten Jahr habe sie mühsam für eine Nachauflage eines umfangreichen Buches – Horst Bredekamps Monografie zu Michelangelo, 800 Seiten, Großformat – Papier organisiert, berichtet die Verlegerin. "Dann sagt die Druckerei: Das ist schön, dass wir jetzt das Papier haben. Aber leider gibt es keine Graupappe für den Umschlag.“
Kostensteigerungen in der Buchproduktion
Die angespannte Lage auf dem Papiermarkt führe auch zu höheren Produktionskosten, insbesondere bei Verlagen, die wie Wagenbach Wert auf Qualität legten. „Die Preise müssten so extrem steigen, um das aufzufangen. Das ist gar nicht möglich.“
Alle müssten sich damit vertraut machen, "dass die Preise in der nächsten Zeit explodieren werden – es kann nicht anders sein". Die Verlegerin schränkt aber auch ein: „Aber wir müssen gucken, was der Markt verträgt.“
Das Problem sei, dass vom Verkaufspreis nur wenig beim Verlag ankomme: „Wenn ich jetzt sage, das Buch hat vorher 18 Euro gekostet, ich gehe jetzt auf 22 Euro hoch, dann bleibt von diesen vier Euro nur ganz wenig für die Produktionskosten“, rechnet Schüssler vor. Vom Verkaufspreis blieben grob 50 Prozent im Buchhandel und grob 50 Prozent gingen an den Verlag.
„Von diesen 50 Prozent, die an den Verlag gehen, gehen das Autorenhonorar runter, dann gehen die Produktionskosten runter, dann der Vertrieb und all diese einzelnen Posten. Wenn der Ladenpreis höher wird, bekommt auch der Autor mehr, bekommt auch der Vertrieb mehr und so weiter.“
Am Schluss bleibe also bei jeder Preiserhöhung nur ein kleiner Prozentsatz des Zusatzbetrags wirklich für die Produktionskosten übrig.
Konsequenzen für das Programm
Letztlich habe der Anstieg dieser Kosten Konsequenzen für die Auswahl der Bücher, die man produziere: "Damit werden Programmentscheidungen getroffen, die bestimmte, schwierige, interessante, aber eben nicht so gut verkäufliche Titel verschwinden lassen", sagt Susanne Schüssler.
"Das ist das Tragische an der Entwicklung, dass es inhaltliche Konsequenzen haben wird."
(mfu)