Pippi Langstrumpf - Heldin, Ikone, Freundin
Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2020
236 Seiten, 30 Euro
"Ich wäre gerne die kleine Nachbarstochter Annika gewesen"
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Schon als Kind begegnete die Verlegerin Silke Weitendorf der Schriftstellerin Astrid Lindgren und gibt heute in Deutschland ihre Werke heraus. Sie war die erste deutsche Leserin einer Pippi-Geschichte.
Schweden feiert in diesem Jahr 75 Jahre Pippi Langstrumpf, denn die Autorin Astrid Lindgren veröffentlichte 1945 ihr erstes Pippi-Buch. Zum Jubiläum gibt der Verlag Friedrich Oetinger, in dem alle Werke auf Deutsch erscheinen, ein Jubiläumswerk heraus. Die Verlagsleiterin Silke Weitendorf war einst das erste deutsche Kind, das eine Geschichte zu lesen bekam und ist Lindgren später mehrfach begegnet.
Sie sei damals im Alter von acht Jahren von dieser andersartigen Person Pippi Langstrumpf gleich fasziniert gewesen, sagt Weitendorf. "Diese kleine Pippi, die so mutig war, die so einfallsreich war, die so überraschende Einfälle hatte und als Spielkameradin so fantastisch sein musste."
Pippis Einfluss auf die Erziehung
Sie wäre gerne die kleine Nachbarstochter Annika gewesen und hätte auch gerne so eine Spielkameradin gehabt. So wie Annika sei sie damals auch eher die Brave gewesen, sagt Weitendorf. "Der Stoff färbt letztlich doch nicht so ab, wie es damals eben auch viele Pädagogen befürchtet haben, weshalb dann Pippi auch in die Kritik geriet." Aber vielleicht habe man als Kind dennoch gewisse Stärken von Pippi unterbewusst verinnerlicht.
Pippi gelte als erstes antiautoritäres Kinderbuch, sagt Weitendorf. Diese freiheitliche Erziehung und der Gedanke der Rebellion seien dann erst nach 1968 richtig entstanden. "Ich könnte mir schon denken, dass die Pippi viel beeinflusst hat."
Die Autorin Astrid Lindgren habe sie schon als 11-jähriges Kind bei deren ersten Lesungen in Deutschland kennengelernt und später mehrfach erlebt, erzählt die Verlegerin. "Ich kannte sie schon recht gut." Lindgren sei eine ganz besonders nette Frau gewesen, sie habe sich für Menschen sehr interessiert und sich ihnen zugewandt.
Besondere Verbindung zu Kindern
Als Kind habe man in der damaligen Zeit keine besonders große Rolle gespielt, erinnert sich Weitendorf. "Sie war sehr außergewöhnlich und wollte von mir Dinge wissen, die ich sonst nie gefragt wurde, zum Beispiel, ob ich ein glückliches Kind sei und was ich für Gedanken hätte." Vor allem habe Lindgren immer kleine Witze und Späße gemacht und damit Kinder immer sofort auf ihre Seite gezogen.
Später als Erwachsene im schwedischen Verlag habe sie Lindgren als sehr konzentriert und organisiert erlebt. Die Autorin habe am frühen Morgen schon sitzend in ihrem Bett ihre eigenen Geschichten stenografiert und später mit der Schreibmaschine abgetippt. Mittags um 12 Uhr sei sie dann im Verlag erschienen, wo sie eine leitende Position hatte.
Sie habe damals im Büro neben Lindgren gesessen, sagt Weitendorf. Dort habe es zunächst viele Gespräche bei viel Kaffee gegeben, wie schon damals in Schweden üblich. Dann habe sich Lindgren in ihr Büro zurückgezogen, um mit Autoren und Autorinnen zu sprechen, mit Illustratoren oder dem Verlagsleiter. Als Autorität habe sie über allem geschwebt.
(gem)