Preis mit Relevanz gesucht
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Der Preis für Popkultur sollte ein Gegenpol zu herkömmlichen Musikauszeichnungen sein: fair und transparent statt mit der Industrie verflochten. Jetzt wurde er erneut verliehen und unser Musikkritiker stellt fest: Der Anspruch ist gescheitert.
Seit vier Jahren gibt es den Preis für Popkultur. Im Berliner Tempodrom wurden die Auszeichnungen in zwölf Kategorien vergeben, darüber hinaus wurde noch ein Lifetime Achievement Award an den Label-Gründer Alfred Hilsberg verliehen.
Die Jury besteht aus über 800 Personen, Label-Managern, Musikschaffenden und Kritikern und doch meint unser Musikkritiker Christoph Möller, dass auch dieses Jahr wieder nicht die beste Musik aus Deutschland gewürdigt wurde: "Es wurde keine elektronische Musik ausgezeichnet, auch der junge deutsche Rap fehlt völlig, genauso wie der Indie-Bereich."
Solide, weiße Männlichkeit
Rammstein und die Beatsteaks seien jedes Jahr nominiert, berichtet Möller: "Also so eine solide, weiße Männlichkeit." So überrascht der Gewinner der Kategorie "Lieblings-Solokünstler" nicht wirklich. Dendemann gewinnt, und auch in der Kategorie "Lieblingsalbum" gewann der Wahl-Hamburger mit "da nich für".
Die meisten Auszeichnungen des Abends bekam die Spaß-Guerilla von Deichkind. Lieblingsband, Lieblingslied ("Richtig gutes Zeug") und Lieblingsvideo (auch "Richtig gutes Zeug") gingen an die Elektro-Hip-Hopper. Lieblingskünstlerin wurde Sophie Hunger.
Grundgesetz bei Popkultur-Gala
Die Gala bemühte sich politisch zu wirken, berichtet Möller: "Zu Beginn wurde gleich erstmal das Grundgesetz zitiert: 'Die Würde des Menschen ist unantastbar', als Beispiel dafür, Haltung zu zeigen. Und da wurde wirklich aus allem Haltung rausgequetscht, wo vielleicht gar nicht so viel Haltung drin ist."
Es gebe zwei Kategorien, wo gesellschaftskritische Aktionen ausgezeichnet werden, sagt Möller. Bei "Gelebte Popkultur" hat das "#wirsindmehr-Festival" in Chemnitz gewonnen und in der Rubrik "Spannendste Idee/ Kampagne" haben Joko&Klaas gewonnen, die ihre 15 Minuten Sendezeit bei ProSieben in den Dienst der Seenotretter im Mittelmeer gestellt haben.
Es war schon mal besser
Vor zwei Jahren sei die Verleihung besser choreografiert gewesen, meint Möller "mit Fans im Tempodrom" und natürlich sei es ehrenwert zu versuchen, Popmusik als preiswürdig darzustellen, aber abschließend ist sein Fazit doch recht ernüchternd: "Die Luft ist raus."
(beb)