Verliebt in das Leben
Maziar Moradi war elf Jahre alt, als seine Mutter mit ihm den Iran verließ. In Hamburg wuchs er auf und studierte später Kommunikationsdesign und Fotografie. Für seine Arbeiten über das Leben im Iran wurde Moradi mit dem renommierten Otto-Steinert-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgezeichnet.
Maziar Moradi hat Kuchen gekauft und kocht Kaffee in der gemütlichen Küche einer Altbauwohnung im Bezirk Prenzlauer Berg, in der er mit seiner Frau und der kleinen Tochter wohnt. Moradi setzt sich an den Holztisch, klappt einen Laptop auf; öffnet die Datei mit seinen Fotos.
"Ja, das ist die Serie jetzt. ‚1979’, wofür ich auch den Preis gewonnen hab. Zu jedem Bild gibt’s ne Geschichte. und zwar ist das ne Geschichte aus dem Krieg: Das ist mein Onkel, er war sehr klein, als Bombardierung vom Irak aus anfing. Und die Eltern haben ihn dann nachts mitgenommen zu nem Onkel, der außerhalb der Stadt gewohnt hat und nen Riesengarten hatte. Der ist dann morgens – das war ein Sommertag – morgens in diesem Garten aufgewacht und hat gedacht, die Bombe hat ihn erwischt und er ist im Paradies."
Am linken Bildrand lodert im schattigen Teil des Gartens ein Feuer. Rechts liegt der Onkel, ganz in weiß, in einem Sonnenfleck im hohen Gras. Im Hintergrund Berge. Der Iran. Maziar Moradi wurde 1975 in Teheran geboren. Er war fünf Jahre alt, als der erste verlustreiche Golfkrieg zwischen Iran und Irak ausbrach, der bis 1988 andauern sollte. Kurz zuvor hatte Ayatollah Khomeini in Teheran die Macht übernommen: islamische Revolution. Die Moradis gingen ins Exil. Wie rund vier Millionen ihrer Landsleute. Etwa 100.000 landeten in Deutschland. Auch Maziar Moradi.
Den Otto-Steinert-Preis bekam der 32-Jährige mit den sanften, dunkelbraunen Augen für die Idee, die Erlebnisse seiner Verwandten in sorgsam inszenierten Bildern nachzuzeichnen. Mit den 5000 Euro Preisgeld finanzierte Moradi eine dreimonatige Reise in den Iran, wo er mit Familienmitgliedern die Erinnerungen an Revolution und Krieg in nachgestellten Schlüsselszenen bannte.
"Da habe ich alle im Iran angerufen und gesagt, die sollen mir Geschichten schicken. Am Anfang waren die ein bisschen zögerlich und es kamen nur lustige Geschichten, aber nach ner Zeit haben sie sich geöffnet und haben dann auch wirklich erzählt, was sie erlebt haben."
Die Gesichter auf Moradis kunstvoll ausgeleuchteten dokumentarischen Fotos sprechen Bände: Leid und Verlust haben bei Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten teils tiefe Spuren hinterlassen. Trotzdem war die Arbeit an der Bildserie eine fröhliche Zeit mit vielen Grillpartys, erzählt Moradi.
"Und ich find's toll, dass die ganze Familie so gut mitgemacht hat. Die haben alle diese ganze Zeit gut überwunden und sind jetzt auch wirklich optimistisch was das Leben angeht, deswegen konnte ich das auch machen. Also es war jetzt keine wunde Stelle, wo ich die ganze Zeit drauf gedrückt habe und gesagt habe ‚komm, wir machen diese Geschichte’ und ‚erzähl mir doch mal was da los ist’. Sondern die haben sehr offen drüber geredet und – ja, ist Vergangenheit eben."
Beide Eltern leben heute wieder im Iran. Sie sind dort glücklicher, sagt Maziar Moradi. Er selbst hat zwar einen iranischen Pass, fühlt sich aber in Deutschland zu Hause. Sie telefonieren fast jeden Tag und einmal im Jahr fliegt er in die alte Heimat, die nach wie vor von Mullahs beherrscht wird. Damit seine Frau Nina mitkommen kann, ohne dass es in Hotels Ärger gibt, haben die beiden in Deutschland bei einem Imam mit moslemischen Ritus geheiratet.
Maziar Moradi ist auf der Suche nach ersten Aufträgen. Eine renommierte Auszeichnung ist da natürlich hilfreich. Obwohl der Nachwuchsfotograf damit nicht hausieren gehen will.
"Ich lauf da jetzt nicht zu Redaktionen und sag ‚Ich bin der Otto-Steinert-Preisträger’. Das mach ich nicht. Ich zeige meine Arbeiten und ich denke, wenn die so gut sind, dass sie nen Preis gewonnen haben, dann würde man das auch den Arbeiten anschauen. So rum finde ich’s dezenter und auch spannender. Weil auch ne ehrliche Antwort gegenüber der Arbeit da rüber kommt."
Für den gleichaltrigen Hamburger Sänger, Tänzer und Dressman Firouz hat Maziar Moradi das Video zu dessen Song "Warchild" gedreht, in dem Firouz seinerseits Kriegserlebnisse seiner Kindheit in Iran verarbeitet. Ein zweites Musikvideo ist in Planung. Ursprünglich wollte Moradi mal zum Film, ist im Verlauf seines Studiums aber davon abgekommen:
"Ich war immer faul, was Geschichten schreiben angeht. Und das braucht man ja um einen Film zu drehen. Dialoge und all son Kram. Beim Film kommt ja sehr viel zusammen, Musik, Dialog, die Bilder. Bei Fotografie ist es aber nicht so, ich hab die Leute, die Kulisse, das such ich mir selber aus. Und wenn ich die Geschichte hab, dann brauch ich auch keinen Dialog und kein gar nichts mehr. Und da ich ein bisschen ungeduldig bin, muss ich auch ganz schnell sehen, was ich mache."
Musikvideos sind Okay, weil sich der Aufwand in Grenzen hält. Ansonsten will Moradi sich seinen Fotos widmen. Das beliebteste Motiv derzeit ist sechs Monate alt und heißt Marie.
"Das ist der Wahnsinn! Ist ne sehr Süße, entwickelt sich sehr gut. Tja, und das ist einfach ein Gefühl, das kann ich nicht beschreiben. Man wird auch viel gelassener. Also wenn ne Geschichte nicht klappt oder ich mit meinen Projekten jetzt gerade nicht so ganz voran komme, dann lächelt sie kurz und dann ist alles wieder vorbei. man ist – ja, neu verliebt im Leben."
"Ja, das ist die Serie jetzt. ‚1979’, wofür ich auch den Preis gewonnen hab. Zu jedem Bild gibt’s ne Geschichte. und zwar ist das ne Geschichte aus dem Krieg: Das ist mein Onkel, er war sehr klein, als Bombardierung vom Irak aus anfing. Und die Eltern haben ihn dann nachts mitgenommen zu nem Onkel, der außerhalb der Stadt gewohnt hat und nen Riesengarten hatte. Der ist dann morgens – das war ein Sommertag – morgens in diesem Garten aufgewacht und hat gedacht, die Bombe hat ihn erwischt und er ist im Paradies."
Am linken Bildrand lodert im schattigen Teil des Gartens ein Feuer. Rechts liegt der Onkel, ganz in weiß, in einem Sonnenfleck im hohen Gras. Im Hintergrund Berge. Der Iran. Maziar Moradi wurde 1975 in Teheran geboren. Er war fünf Jahre alt, als der erste verlustreiche Golfkrieg zwischen Iran und Irak ausbrach, der bis 1988 andauern sollte. Kurz zuvor hatte Ayatollah Khomeini in Teheran die Macht übernommen: islamische Revolution. Die Moradis gingen ins Exil. Wie rund vier Millionen ihrer Landsleute. Etwa 100.000 landeten in Deutschland. Auch Maziar Moradi.
Den Otto-Steinert-Preis bekam der 32-Jährige mit den sanften, dunkelbraunen Augen für die Idee, die Erlebnisse seiner Verwandten in sorgsam inszenierten Bildern nachzuzeichnen. Mit den 5000 Euro Preisgeld finanzierte Moradi eine dreimonatige Reise in den Iran, wo er mit Familienmitgliedern die Erinnerungen an Revolution und Krieg in nachgestellten Schlüsselszenen bannte.
"Da habe ich alle im Iran angerufen und gesagt, die sollen mir Geschichten schicken. Am Anfang waren die ein bisschen zögerlich und es kamen nur lustige Geschichten, aber nach ner Zeit haben sie sich geöffnet und haben dann auch wirklich erzählt, was sie erlebt haben."
Die Gesichter auf Moradis kunstvoll ausgeleuchteten dokumentarischen Fotos sprechen Bände: Leid und Verlust haben bei Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten teils tiefe Spuren hinterlassen. Trotzdem war die Arbeit an der Bildserie eine fröhliche Zeit mit vielen Grillpartys, erzählt Moradi.
"Und ich find's toll, dass die ganze Familie so gut mitgemacht hat. Die haben alle diese ganze Zeit gut überwunden und sind jetzt auch wirklich optimistisch was das Leben angeht, deswegen konnte ich das auch machen. Also es war jetzt keine wunde Stelle, wo ich die ganze Zeit drauf gedrückt habe und gesagt habe ‚komm, wir machen diese Geschichte’ und ‚erzähl mir doch mal was da los ist’. Sondern die haben sehr offen drüber geredet und – ja, ist Vergangenheit eben."
Beide Eltern leben heute wieder im Iran. Sie sind dort glücklicher, sagt Maziar Moradi. Er selbst hat zwar einen iranischen Pass, fühlt sich aber in Deutschland zu Hause. Sie telefonieren fast jeden Tag und einmal im Jahr fliegt er in die alte Heimat, die nach wie vor von Mullahs beherrscht wird. Damit seine Frau Nina mitkommen kann, ohne dass es in Hotels Ärger gibt, haben die beiden in Deutschland bei einem Imam mit moslemischen Ritus geheiratet.
Maziar Moradi ist auf der Suche nach ersten Aufträgen. Eine renommierte Auszeichnung ist da natürlich hilfreich. Obwohl der Nachwuchsfotograf damit nicht hausieren gehen will.
"Ich lauf da jetzt nicht zu Redaktionen und sag ‚Ich bin der Otto-Steinert-Preisträger’. Das mach ich nicht. Ich zeige meine Arbeiten und ich denke, wenn die so gut sind, dass sie nen Preis gewonnen haben, dann würde man das auch den Arbeiten anschauen. So rum finde ich’s dezenter und auch spannender. Weil auch ne ehrliche Antwort gegenüber der Arbeit da rüber kommt."
Für den gleichaltrigen Hamburger Sänger, Tänzer und Dressman Firouz hat Maziar Moradi das Video zu dessen Song "Warchild" gedreht, in dem Firouz seinerseits Kriegserlebnisse seiner Kindheit in Iran verarbeitet. Ein zweites Musikvideo ist in Planung. Ursprünglich wollte Moradi mal zum Film, ist im Verlauf seines Studiums aber davon abgekommen:
"Ich war immer faul, was Geschichten schreiben angeht. Und das braucht man ja um einen Film zu drehen. Dialoge und all son Kram. Beim Film kommt ja sehr viel zusammen, Musik, Dialog, die Bilder. Bei Fotografie ist es aber nicht so, ich hab die Leute, die Kulisse, das such ich mir selber aus. Und wenn ich die Geschichte hab, dann brauch ich auch keinen Dialog und kein gar nichts mehr. Und da ich ein bisschen ungeduldig bin, muss ich auch ganz schnell sehen, was ich mache."
Musikvideos sind Okay, weil sich der Aufwand in Grenzen hält. Ansonsten will Moradi sich seinen Fotos widmen. Das beliebteste Motiv derzeit ist sechs Monate alt und heißt Marie.
"Das ist der Wahnsinn! Ist ne sehr Süße, entwickelt sich sehr gut. Tja, und das ist einfach ein Gefühl, das kann ich nicht beschreiben. Man wird auch viel gelassener. Also wenn ne Geschichte nicht klappt oder ich mit meinen Projekten jetzt gerade nicht so ganz voran komme, dann lächelt sie kurz und dann ist alles wieder vorbei. man ist – ja, neu verliebt im Leben."