Verschieden glauben, gemeinsam leben
Sankt Egidio ist eine katholische Laiengemeinschaft, besteht also aus Frauen und Männern, die in Familien leben und ihren Berufen nachgehen. In Antwerpen ist die Gemeinschaft besonders groß und setzt sich für ein besseres, friedliches Zusammenleben der Kulturen ein.
Das Gotteslob beim Abendgebet der Sankt Egidio-Gemeinde in Antwerpen singen an diesem Abend nicht nur belgische Christen. Die katholische Laiengemeinschaft hat auch Flüchtlinge und Einwanderer in die kleine Kirche eingeladen, um für ihren Schutz und eine bessere Integration zu bitten.
Hendrik Hoet (flämisch): "Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Religionen und Völkern. Aber die halten uns nicht davon ab, Freunde zu sein und als Brüder und Schwestern zusammen zu leben. Wir sind schließlich alle Kinder Gottes","
sagt der bischöfliche Vikar für interreligiösen Dialog, Hendrik Hoet, selbst Mitglied von Sankt Egidio. In Antwerpen ist die in Italien gegründete Gemeinschaft besonders groß, hat mehrere Tausend Mitglieder. Und alle sehen es als ihre Aufgabe, ein friedliches Zusammenleben in der flämischen Stadt zu ermöglichen.
Und das hat Antwerpen bitter nötig. In der Stadt leben Menschen aus unzähligen Kulturen und Ländern. Die jüdische Gemeinde zum Beispiel ist eine der größten in Europa. Weshalb Antwerpen hier auch gern "Jerusalem des Nordens" genannt wird. Gleichzeitig sind auch immer mehr Einwanderer muslimischen Glaubens in die Stadt gekommen. Ein Schmelztiegel der Kulturen und ein Pulverfass, sagt Hendrik Hoet:
""Wir spüren hier die Konflikte aus aller Welt. Hier kracht es, wenn in Israel etwas passiert. Wir haben Ausschreitungen wegen der Kriege in Afghanistan und im Irak oder Proteste gegen die Entscheidung der Schweizer, Minarette zu verbieten."
Deshalb hat die katholische Laiengemeinschaft Sankt-Egidio bereits vor einigen Jahren einen außergewöhnlichen Versöhnungskreis gegründet: Mindestens einmal im Monat trifft sich Hendrik Hoet mit einem Rabbi und einem Imam. Die drei diskutieren über die Unterschiede und die Gemeinsamkeit ihrer Religionen – immer mit dem Ziel, das Zusammenleben in der Stadt zu verbessern, erklärt der Rabbiner Aharon Malinsky:
"Sonst macht jede Religionsgemeinschaft ihr Ding. Jede hat ihre Organisationen, ihre Gottesdienste. Das gilt für die Juden, die Christen und auch für die Muslime. Aber es gibt kaum eine Verbindung zwischen den drei. Es gibt zwar Diskussionen auf hoher Ebene, aber auf der Straße fehlt die Begegnung zwischen den Religionen."
Deshalb gehen Aharon Malinsky und seine beiden Gesprächspartner regelmäßig in Schulen, Sportvereine oder andere Jugendorganisationen, um über Vorurteile zu sprechen, die vor allem die jungen Menschen in Antwerpen mit sich herum tragen. Die Fortschritte seien direkt greifbar, sagt der Rabbi:
"Die Jugendlichen können uns Fragen stellen und wir versuchen, so genau und ernst zu antworten wie möglich. Es ist unglaublich, aber wir können die Veränderung von Minute zu Minute beobachten. Die meisten von ihnen haben noch nie einen Juden gesehen in ihrem Leben. Ich bin der erste, dem sie Fragen stellen können. Da bewegt sich so einiges und das ist der Anfang einer besseren Zukunft."
Hendrik Hoet (flämisch): "Die Religionen werden heutzutage oft beschuldigt, kriegstreibend oder fundamentalistisch zu sein. Wir wollen zeigen, dass die Religionen nicht für den Krieg sind, sondern dass wir uns für den Frieden einsetzen. Das wollen wir der Öffentlichkeit zeigen."
Aber der Dialog zwischen den Religionsführern ist nicht die einzige Initiative der Sankt-Egidio-Gemeinschaft, um das Zusammenleben in Antwerpen zu verbessern.
Ganz konkret wird der Austausch zwischen Belgiern und Einwanderern, zwischen Christen und Muslimen, im Altenheim von Sankt-Egidio, das gleich neben der Kirche untergebracht ist. Hier leben zurzeit zehn betagte Belgierinnen in einer Wohngemeinschaft.
Junge Einwanderer helfen bei ihrer Betreuung – eingeteilt in Schichtdienste, sieben Tage die Woche. Die Senioren leben hier fast wie Zuhause. Und das ist nur dem Engagement der Freiwilligen zu verdanken, weiß auch die 93-jährige Stefanie De Backer, selbst überzeugte Katholikin:
"Sie sind freundlich, immer für uns da. Ich kann mich nicht beklagen."
Patrick Miruho und Leila Dallagi sind schon seit ein paar Jahren dabei. Beide sind Moslems. Probleme haben sie keine, sagt Patrick, der 24 Jahre alt ist und sonst Wirtschaftswissenschaften studiert:
"Die Senioren sind es gewöhnt. Es kommen viele Schwarze oder Muslime helfen. Es gibt keine Probleme. Das Projekt ist ein wichtiges Beispiel für ein gelungenes Zusammenleben. Schließlich müssen wir auch in unserer Stadt friedlich zusammenleben – ganz egal, welcher Religion wir angehören."
Leila Dallagi kommt jeden Sonntag, hilft bei der Zubereitung des Mittagessen, geht mit den älteren Frauen spazieren oder hört ihnen einfach nur zu, wenn sie ihre Lebensgeschichte erzählen. In der Küche des Altenheims verschwinden so die Unterschiede zwischen Moslem und Christ, Schwarz und Weiß.
Und ganz nebenbei lernen die Alten und die Jungen voneinander. Leila Dallagi hilft zwar beim Kochen, aber isst nicht immer mit. Während des Ramadans fastet sie und auch Fleisch ist tabu, wenn es nicht nach den Regeln des Islam zubereitet worden ist.
"Die Frauen fragen mich immer zuerst, ob ich auf Diät bin. Ich verneine das und erkläre ihnen unsere Regeln. Das verstehen sie dann auch. Auf der anderen Seite habe ich viel über die belgische Küche gelernt. Mit Kohl habe ich vorher nie gekocht. Aber Stefanie hat mir viele Rezepte beigebracht, die ich jetzt auch Zuhause ausprobiere."
Das ist die Losung der Sankt-Egidio-Gemeinschaft in Antwerpen: Gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten. Die Grundlage ist dabei der christliche Glaube. Ihre Botschaft verbreiten Sankt-Egidio-Gemeinschaften überall in der Welt. Und zumindest in ihrer Kirche in Antwerpen funktioniert der Traum: Ein friedliches Zusammensein aller Religionen und Kulturen.
Hendrik Hoet (flämisch): "Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Religionen und Völkern. Aber die halten uns nicht davon ab, Freunde zu sein und als Brüder und Schwestern zusammen zu leben. Wir sind schließlich alle Kinder Gottes","
sagt der bischöfliche Vikar für interreligiösen Dialog, Hendrik Hoet, selbst Mitglied von Sankt Egidio. In Antwerpen ist die in Italien gegründete Gemeinschaft besonders groß, hat mehrere Tausend Mitglieder. Und alle sehen es als ihre Aufgabe, ein friedliches Zusammenleben in der flämischen Stadt zu ermöglichen.
Und das hat Antwerpen bitter nötig. In der Stadt leben Menschen aus unzähligen Kulturen und Ländern. Die jüdische Gemeinde zum Beispiel ist eine der größten in Europa. Weshalb Antwerpen hier auch gern "Jerusalem des Nordens" genannt wird. Gleichzeitig sind auch immer mehr Einwanderer muslimischen Glaubens in die Stadt gekommen. Ein Schmelztiegel der Kulturen und ein Pulverfass, sagt Hendrik Hoet:
""Wir spüren hier die Konflikte aus aller Welt. Hier kracht es, wenn in Israel etwas passiert. Wir haben Ausschreitungen wegen der Kriege in Afghanistan und im Irak oder Proteste gegen die Entscheidung der Schweizer, Minarette zu verbieten."
Deshalb hat die katholische Laiengemeinschaft Sankt-Egidio bereits vor einigen Jahren einen außergewöhnlichen Versöhnungskreis gegründet: Mindestens einmal im Monat trifft sich Hendrik Hoet mit einem Rabbi und einem Imam. Die drei diskutieren über die Unterschiede und die Gemeinsamkeit ihrer Religionen – immer mit dem Ziel, das Zusammenleben in der Stadt zu verbessern, erklärt der Rabbiner Aharon Malinsky:
"Sonst macht jede Religionsgemeinschaft ihr Ding. Jede hat ihre Organisationen, ihre Gottesdienste. Das gilt für die Juden, die Christen und auch für die Muslime. Aber es gibt kaum eine Verbindung zwischen den drei. Es gibt zwar Diskussionen auf hoher Ebene, aber auf der Straße fehlt die Begegnung zwischen den Religionen."
Deshalb gehen Aharon Malinsky und seine beiden Gesprächspartner regelmäßig in Schulen, Sportvereine oder andere Jugendorganisationen, um über Vorurteile zu sprechen, die vor allem die jungen Menschen in Antwerpen mit sich herum tragen. Die Fortschritte seien direkt greifbar, sagt der Rabbi:
"Die Jugendlichen können uns Fragen stellen und wir versuchen, so genau und ernst zu antworten wie möglich. Es ist unglaublich, aber wir können die Veränderung von Minute zu Minute beobachten. Die meisten von ihnen haben noch nie einen Juden gesehen in ihrem Leben. Ich bin der erste, dem sie Fragen stellen können. Da bewegt sich so einiges und das ist der Anfang einer besseren Zukunft."
Hendrik Hoet (flämisch): "Die Religionen werden heutzutage oft beschuldigt, kriegstreibend oder fundamentalistisch zu sein. Wir wollen zeigen, dass die Religionen nicht für den Krieg sind, sondern dass wir uns für den Frieden einsetzen. Das wollen wir der Öffentlichkeit zeigen."
Aber der Dialog zwischen den Religionsführern ist nicht die einzige Initiative der Sankt-Egidio-Gemeinschaft, um das Zusammenleben in Antwerpen zu verbessern.
Ganz konkret wird der Austausch zwischen Belgiern und Einwanderern, zwischen Christen und Muslimen, im Altenheim von Sankt-Egidio, das gleich neben der Kirche untergebracht ist. Hier leben zurzeit zehn betagte Belgierinnen in einer Wohngemeinschaft.
Junge Einwanderer helfen bei ihrer Betreuung – eingeteilt in Schichtdienste, sieben Tage die Woche. Die Senioren leben hier fast wie Zuhause. Und das ist nur dem Engagement der Freiwilligen zu verdanken, weiß auch die 93-jährige Stefanie De Backer, selbst überzeugte Katholikin:
"Sie sind freundlich, immer für uns da. Ich kann mich nicht beklagen."
Patrick Miruho und Leila Dallagi sind schon seit ein paar Jahren dabei. Beide sind Moslems. Probleme haben sie keine, sagt Patrick, der 24 Jahre alt ist und sonst Wirtschaftswissenschaften studiert:
"Die Senioren sind es gewöhnt. Es kommen viele Schwarze oder Muslime helfen. Es gibt keine Probleme. Das Projekt ist ein wichtiges Beispiel für ein gelungenes Zusammenleben. Schließlich müssen wir auch in unserer Stadt friedlich zusammenleben – ganz egal, welcher Religion wir angehören."
Leila Dallagi kommt jeden Sonntag, hilft bei der Zubereitung des Mittagessen, geht mit den älteren Frauen spazieren oder hört ihnen einfach nur zu, wenn sie ihre Lebensgeschichte erzählen. In der Küche des Altenheims verschwinden so die Unterschiede zwischen Moslem und Christ, Schwarz und Weiß.
Und ganz nebenbei lernen die Alten und die Jungen voneinander. Leila Dallagi hilft zwar beim Kochen, aber isst nicht immer mit. Während des Ramadans fastet sie und auch Fleisch ist tabu, wenn es nicht nach den Regeln des Islam zubereitet worden ist.
"Die Frauen fragen mich immer zuerst, ob ich auf Diät bin. Ich verneine das und erkläre ihnen unsere Regeln. Das verstehen sie dann auch. Auf der anderen Seite habe ich viel über die belgische Küche gelernt. Mit Kohl habe ich vorher nie gekocht. Aber Stefanie hat mir viele Rezepte beigebracht, die ich jetzt auch Zuhause ausprobiere."
Das ist die Losung der Sankt-Egidio-Gemeinschaft in Antwerpen: Gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten. Die Grundlage ist dabei der christliche Glaube. Ihre Botschaft verbreiten Sankt-Egidio-Gemeinschaften überall in der Welt. Und zumindest in ihrer Kirche in Antwerpen funktioniert der Traum: Ein friedliches Zusammensein aller Religionen und Kulturen.