Verschieden glauben, gemeinsam leben (Teil VI)
Der Dialog zwischen den Religionen gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Im sechsten Teil der Reihe "Verschieden glauben, gemeinsam leben" geht es nach Nordrhein-Westfalen, zum landesweiten Projekt "Dialogbereit".
Eröffnung der Wanderausstellung "Dialogbereit – jugendliche Muslime und Christen im Gespräch" in Sendenhorst in der Nähe von Münster. Zahlreiche Gäste sind in das St.-Josef-Stift gekommen, um die rund 25 "Dialog-Kunstwerke" anzuschauen, die verschiedene Jugendgruppen und Schulklassen gestalteten. Insgesamt beteiligten sich bisher etwa 500 Jugendliche und 40 Jugendleiter und Lehrer aus zehn Städten in Nordrhein Westfalen an dem landesweiten Projekt.
Georg Bienemann: "Das ist auch so ein interessantes Teil, es sind an mehreren Stellen schwarz-weiß zu sehen. Eine schwarze und eine weiße Hand. Diese Figur ist anlässlich der Fußballweltmeisterschaft entstanden, nämlich deutlich zu machen, wir Menschen, wir sind unterschiedlich, wie schwarz und weiß. Aber uns verbindet der Gedanke des Friedens. Darum mittendrin die Friedenstaube."
Georg Bienemann, Projektleiter und Geschäftsführer der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NW, ist begeistert. Nicht nur weil viele der Arbeiten ausdrücken, wie wichtig Jugendlichen das friedliche Miteinander ist. Die "Dialog-Kunstwerke" sind auch ungemein vielseitig. Zu sehen sind Skulpturen, filigrane Modelle aus Papier von Kirche und Moschee, Bilder und – ein kleines Holzhaus mit aufklappbaren Fenstern.
Georg Bienemann: "Diese Arbeit – da habe ich besonders Freude dran, weil ich das selbst mit einer Gruppe zusammen gebastelt habe. Das ist das örtliche Jugendzentrum und das Haus sieht auch so aus. Es hat viele Fenster und die Jugendlichen haben in ihr Haus hinein gemacht, was ihnen wichtig ist. Also uns ist die Gemeinschaft wichtig, uns ist das gemeinsame Essen wichtig und so weiter und so weiter."
Angelika Bedakuvic: "Also - ich find´s wunderschön, mir fehlt die Sprache. Besser könnte es nicht laufen."
Die 15 Jahre alte Angelika Bedakuvic aus Sendenhorst hat mitgebastelt. Regelmäßig traf sich die junge Katholikin über Monate mit sechs anderen christlichen und muslimischen Jungen und Mädchen im Jugendzentrum "hotspot" in ihrer Heimatstadt.
Angelika Bedakuvic: "Das Gute, was mir an der Sache gefällt, dass wir so gut zusammengearbeitet haben. Dann haben wir das besprochen und dann gebaut und angemalt. Das Schöne ist, dass alle sich gut verstehen und keiner irgendwas Schlechtes über den anderen denkt, dass sich auch keiner beleidigt oder ausgesetzt fühlt."
Feride Dogan: "Ich wollte auch den anderen kennenlernen, wie ihr Glaube ist. Das hat mich neugierig gemacht. Wie sie fasten, beten, taufen. Da hat uns auch Herr Bienemann was erzählt in (der) Kirche und da hat er uns am Taufbecken erklärt, wann das Kind getauft wird und wie das gemacht wird."
Feride Dogan ist Praktikantin im Jugendzentrum "hotspot". Ganz bewusst entschied sich die 20-jährige Muslima, bei dem interreligiösen Projekt mitzumachen:
"Ich bin Alevitin und überall kann ich nicht frei sagen, und meine Meinung frei äußern kann ich auch nicht in der Türkei. Aber hier weiß ich, wenn ich das mache, dass ich respektiert werde. Das ist das Wichtigste."
Die Idee des Projekts: Jungen Christen und Muslimen Raum zu geben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Denn wer mehr vom anderen weiß, begegnet diesem mit weniger Vorurteilen. Davon ist auch Rajaa Chehab von der Muslimischen Jugend in Deutschland überzeugt. Die Jugendorganisation unterstützt das Dialogprojekt.
"Ich habe Gott sei Dank sehr viele positive Erfahrungen gesammelt, auch als ich mein Kopftuch getragen habe, die Reaktionen meiner Mitschüler und Mitschülerinnen. Und ich wollte einfach diese positiven Erfahrungen anderen Jugendlichen mitgeben, auch ein gewisses Maß an Optimismus.
Dass man auch Verständnis haben sollte für Jugendliche, die keine Erfahrungen haben, die eventuell kritische Fragen haben. Und ich möchte den Schwerpunkt auf die persönliche Erfahrung setzen, und das ist viel mehr wert als das, was man hört oder liest."
Georg Bienemann: "Die erste Methode hieß, rausgehen an die Orte, wo Religion stattfindet und neugierig werden. Das zweite war die Frage, was haben wir für Werte? Was ist uns wichtig?"
Das Projektteam brauchte einen langen Atem, um Gruppen und Schulklassen zu überzeugen, mitzumachen.
Georg Bienemann: "Das hat mich schon verwundert, bis ich gemerkt habe, ja, das Projekt ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Reaktion auf eine andere fremde Religiosität. Also - Angst vor dem Islam. Angst wohlgemerkt. Muss man sich dann wundern, dass diese Menschen Nein sagen, wir haben an einem solchen Projekt gar kein Interesse? Eigentlich heißt das ja, wir haben Angst, einzusteigen."
Stephanie Herrera-Riekens: "Ich glaube, dass viele denken, das Thema ist durch die Kirche besetzt. Oder die in der Moschee tätig sind, dass die sich um so was kümmern. Und es kostet Zeit. Und wenn man dann selber mit dem Thema gar nichts zu tun hat, nicht nur, weil man die Kirche nicht gut findet, ich bin wirklich Atheistin, dann ist man einfach nicht bereit, sich mit so einem Thema freiwillig auseinanderzusetzen."
Die Pädagogin Stephanie Herrera-Riekens entschied sich dann doch, gemeinsam mit Georg Bienemann das Projekt im Jugendzentrum "hotspot" in Sendenhorst zu begleiten:
"Wo für mich noch 'ne Motivation war, hier mitzumachen, dass ich selber von der muslimischen Religion wenig weiß, aber auch gemerkt habe, dass die muslimischen Kinder und Jugendlichen wenig wissen. Es wird oft relativ stereotyp benutzt, ich bin Moslem und deshalb darf ich kein Schweinefleisch essen. Wenn wir grillen, ist das immer ein Riesenthema. Da achten wir natürlich drauf und das wird auch berücksichtigt. Aber oft wissen die gar nicht, warum ist das denn so. Das gilt sicherlich für die christlichen Jugendlichen auch, nur da konnte ich viele Fragen beantworten, weil ich mal katholisch war."
Sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen, war für die Jugendlichen nichts Neues. Doch in den vergangenen Monaten sind sie einen weiteren wichtigen Schritt aufeinander zugegangen. Sie wissen nun nicht nur mehr über Christentum und Islam, sie respektieren auch die Unterschiede.
Angelika Bedakuvic: "Ich hab viel gelernt. In der letzten Zeit, in der ich dieses Projekt mitgemacht habe, bin ich sehr offen geworden."
Stephanie Herrera-Riekens: "Es geht nicht nur darum, jetzt zu machen, du machst Ramadan und ich mach Fasten in der christlichen Religion, und das ist beides okay. Sondern auch zum Beispiel, wenn jemand so ein Haus baut und der malt zum Beispiel mal über den Strich, dass nicht alle sofort ausflippen und sagen, du kannst das ja gar nicht. Sondern dass gesagt wird, komm, dass bessern wir mal wieder aus. Dass man einfach entspannt bleibt, nicht sofort an die Kehle geht, wenn was schiefgeht. Das ist eigentlich das, was da eben auch passiert ist."
"Dialogbereit" soll auch ein Beitrag zur Gewaltprävention sein. Inwieweit das tatsächlich möglich ist, bleibt offen. Das Projekt wird derzeit von einem Sozialwissenschaftler ausgewertet.
Georg Bienemann: "Wir wünschen uns das. Und wir werden bei der Untersuchung vielleicht ein paar harte Ergebnisse herausfiltern können. Aber im Moment bleibe ich beim Wunsch."
Stephanie Herrera-Riekens: "Unwissenheit macht immer aggressiv. Nicht nur die Unwissenheit über die anderen Religionen macht intolerant, sondern auch die Unwissenheit über die eigene Religion. Wenn man sich in seiner Religion sicher fühlt, erst mal fühlt man sich dann sicher, die nach außen zu vertreten vielleicht im Gespräch und nicht du hast meinen Gott beleidigt, wuff, sondern dann vielleicht in den Dialog treten zu können, wenn man mal mit jemandem aneinandergerät. Das war bei unseren Jugendlichen auch noch mal wichtig, dass sie das mitkriegen. Also dass sie mit ihrer Religion da sein können, dass sie nicht radikal sein müssen, damit man sie hört."
Rajaa Chehab: "Wenn ich meinen Mitmenschen respektiere aufgrund seines Glaubens und gewisse Werte auch mit mir trage, dann werde ich die Gewalt als allerletzte, wenn überhaupt, oder als gar keine Maßnahme in Anspruch nehmen."
Der Kooperationspartner, die Organisation "Muslimische Jugend in Deutschland", ist umstritten und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Der katholische Theologe Georg Bienemann kann das nicht nachvollziehen.
Georg Bienemann: "Wir haben eine fantastische Zusammenarbeit auf der Trägerebene gehabt. Ich hatte früher keinen Kontakt zur Muslimischen Jugend und habe ihn bekommen und bin sehr dankbar dafür, weil ich hier positive Erfahrungen machen konnte und weil das ein Stück Aufbau von Demokratie in unserem Land bedeutet."
Eines ist sicher: Das Projekt "Dialogbereit" ist ein gutes Beispiel, wie man mit wenig Geld und großem ehrenamtlichen Engagement viel bewegen kann. Mit einem Nachschlagewerk zum Thema ging es vor ein paar Jahren los. Arbeitshilfen für Pädagogen in der Jugendarbeit und ein professionell gestalteter Internetauftritt entstanden. Prominente Projektpaten, wie zum Beispiel Jürgen Klopp, Cheftrainer von Borussia Dortmund, konnten gewonnen werden. Vor Kurzem war Georg Bienemann in einem Pfadfinderlager. Da hat er wieder einmal erlebt, dass sich etwas getan hat im interreligiösen Alltag.
Georg Bienemann; "Zu diesen Gruppen gehörten junge Muslime wie mit Selbstverständlichkeit dazu. Und die auch in der Lage waren, ihre eigene Religiosität in einem katholischen Pfadfinderverband zu leben.
Es muss nicht immer ein Projekt 'Dialogbereit' sein, sondern es bedarf wirklich Erwachsener, Gruppenleiterinnen, Lehrpersonen, die in der Lage sind, Kinder mit ihrem Glauben und ihren Gefühlen ernst zu nehmen. Und wenn sie das tun, sind sie mitten in dem Thema Religion drin. Das ist nicht mehr zu verhindern dann. Dann kommen nämlich auch die Fragen – spätestens am Lagerfeuer abends."
Zum Thema:
"Dialogbereit – jugendliche Christen und Muslime im Gespräch" - bis zum 6. September 2010 ist die Wanderausstellung noch im St.-Josef-Stift in Sendenhorst bei Münster zu sehen. Ab dem 29. September wird sie im Landtag in Düsseldorf gezeigt. Weitere Informationen zum Projekt auf der "Dialogbereit"-Homepage.
Georg Bienemann: "Das ist auch so ein interessantes Teil, es sind an mehreren Stellen schwarz-weiß zu sehen. Eine schwarze und eine weiße Hand. Diese Figur ist anlässlich der Fußballweltmeisterschaft entstanden, nämlich deutlich zu machen, wir Menschen, wir sind unterschiedlich, wie schwarz und weiß. Aber uns verbindet der Gedanke des Friedens. Darum mittendrin die Friedenstaube."
Georg Bienemann, Projektleiter und Geschäftsführer der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NW, ist begeistert. Nicht nur weil viele der Arbeiten ausdrücken, wie wichtig Jugendlichen das friedliche Miteinander ist. Die "Dialog-Kunstwerke" sind auch ungemein vielseitig. Zu sehen sind Skulpturen, filigrane Modelle aus Papier von Kirche und Moschee, Bilder und – ein kleines Holzhaus mit aufklappbaren Fenstern.
Georg Bienemann: "Diese Arbeit – da habe ich besonders Freude dran, weil ich das selbst mit einer Gruppe zusammen gebastelt habe. Das ist das örtliche Jugendzentrum und das Haus sieht auch so aus. Es hat viele Fenster und die Jugendlichen haben in ihr Haus hinein gemacht, was ihnen wichtig ist. Also uns ist die Gemeinschaft wichtig, uns ist das gemeinsame Essen wichtig und so weiter und so weiter."
Angelika Bedakuvic: "Also - ich find´s wunderschön, mir fehlt die Sprache. Besser könnte es nicht laufen."
Die 15 Jahre alte Angelika Bedakuvic aus Sendenhorst hat mitgebastelt. Regelmäßig traf sich die junge Katholikin über Monate mit sechs anderen christlichen und muslimischen Jungen und Mädchen im Jugendzentrum "hotspot" in ihrer Heimatstadt.
Angelika Bedakuvic: "Das Gute, was mir an der Sache gefällt, dass wir so gut zusammengearbeitet haben. Dann haben wir das besprochen und dann gebaut und angemalt. Das Schöne ist, dass alle sich gut verstehen und keiner irgendwas Schlechtes über den anderen denkt, dass sich auch keiner beleidigt oder ausgesetzt fühlt."
Feride Dogan: "Ich wollte auch den anderen kennenlernen, wie ihr Glaube ist. Das hat mich neugierig gemacht. Wie sie fasten, beten, taufen. Da hat uns auch Herr Bienemann was erzählt in (der) Kirche und da hat er uns am Taufbecken erklärt, wann das Kind getauft wird und wie das gemacht wird."
Feride Dogan ist Praktikantin im Jugendzentrum "hotspot". Ganz bewusst entschied sich die 20-jährige Muslima, bei dem interreligiösen Projekt mitzumachen:
"Ich bin Alevitin und überall kann ich nicht frei sagen, und meine Meinung frei äußern kann ich auch nicht in der Türkei. Aber hier weiß ich, wenn ich das mache, dass ich respektiert werde. Das ist das Wichtigste."
Die Idee des Projekts: Jungen Christen und Muslimen Raum zu geben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Denn wer mehr vom anderen weiß, begegnet diesem mit weniger Vorurteilen. Davon ist auch Rajaa Chehab von der Muslimischen Jugend in Deutschland überzeugt. Die Jugendorganisation unterstützt das Dialogprojekt.
"Ich habe Gott sei Dank sehr viele positive Erfahrungen gesammelt, auch als ich mein Kopftuch getragen habe, die Reaktionen meiner Mitschüler und Mitschülerinnen. Und ich wollte einfach diese positiven Erfahrungen anderen Jugendlichen mitgeben, auch ein gewisses Maß an Optimismus.
Dass man auch Verständnis haben sollte für Jugendliche, die keine Erfahrungen haben, die eventuell kritische Fragen haben. Und ich möchte den Schwerpunkt auf die persönliche Erfahrung setzen, und das ist viel mehr wert als das, was man hört oder liest."
Georg Bienemann: "Die erste Methode hieß, rausgehen an die Orte, wo Religion stattfindet und neugierig werden. Das zweite war die Frage, was haben wir für Werte? Was ist uns wichtig?"
Das Projektteam brauchte einen langen Atem, um Gruppen und Schulklassen zu überzeugen, mitzumachen.
Georg Bienemann: "Das hat mich schon verwundert, bis ich gemerkt habe, ja, das Projekt ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Reaktion auf eine andere fremde Religiosität. Also - Angst vor dem Islam. Angst wohlgemerkt. Muss man sich dann wundern, dass diese Menschen Nein sagen, wir haben an einem solchen Projekt gar kein Interesse? Eigentlich heißt das ja, wir haben Angst, einzusteigen."
Stephanie Herrera-Riekens: "Ich glaube, dass viele denken, das Thema ist durch die Kirche besetzt. Oder die in der Moschee tätig sind, dass die sich um so was kümmern. Und es kostet Zeit. Und wenn man dann selber mit dem Thema gar nichts zu tun hat, nicht nur, weil man die Kirche nicht gut findet, ich bin wirklich Atheistin, dann ist man einfach nicht bereit, sich mit so einem Thema freiwillig auseinanderzusetzen."
Die Pädagogin Stephanie Herrera-Riekens entschied sich dann doch, gemeinsam mit Georg Bienemann das Projekt im Jugendzentrum "hotspot" in Sendenhorst zu begleiten:
"Wo für mich noch 'ne Motivation war, hier mitzumachen, dass ich selber von der muslimischen Religion wenig weiß, aber auch gemerkt habe, dass die muslimischen Kinder und Jugendlichen wenig wissen. Es wird oft relativ stereotyp benutzt, ich bin Moslem und deshalb darf ich kein Schweinefleisch essen. Wenn wir grillen, ist das immer ein Riesenthema. Da achten wir natürlich drauf und das wird auch berücksichtigt. Aber oft wissen die gar nicht, warum ist das denn so. Das gilt sicherlich für die christlichen Jugendlichen auch, nur da konnte ich viele Fragen beantworten, weil ich mal katholisch war."
Sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen, war für die Jugendlichen nichts Neues. Doch in den vergangenen Monaten sind sie einen weiteren wichtigen Schritt aufeinander zugegangen. Sie wissen nun nicht nur mehr über Christentum und Islam, sie respektieren auch die Unterschiede.
Angelika Bedakuvic: "Ich hab viel gelernt. In der letzten Zeit, in der ich dieses Projekt mitgemacht habe, bin ich sehr offen geworden."
Stephanie Herrera-Riekens: "Es geht nicht nur darum, jetzt zu machen, du machst Ramadan und ich mach Fasten in der christlichen Religion, und das ist beides okay. Sondern auch zum Beispiel, wenn jemand so ein Haus baut und der malt zum Beispiel mal über den Strich, dass nicht alle sofort ausflippen und sagen, du kannst das ja gar nicht. Sondern dass gesagt wird, komm, dass bessern wir mal wieder aus. Dass man einfach entspannt bleibt, nicht sofort an die Kehle geht, wenn was schiefgeht. Das ist eigentlich das, was da eben auch passiert ist."
"Dialogbereit" soll auch ein Beitrag zur Gewaltprävention sein. Inwieweit das tatsächlich möglich ist, bleibt offen. Das Projekt wird derzeit von einem Sozialwissenschaftler ausgewertet.
Georg Bienemann: "Wir wünschen uns das. Und wir werden bei der Untersuchung vielleicht ein paar harte Ergebnisse herausfiltern können. Aber im Moment bleibe ich beim Wunsch."
Stephanie Herrera-Riekens: "Unwissenheit macht immer aggressiv. Nicht nur die Unwissenheit über die anderen Religionen macht intolerant, sondern auch die Unwissenheit über die eigene Religion. Wenn man sich in seiner Religion sicher fühlt, erst mal fühlt man sich dann sicher, die nach außen zu vertreten vielleicht im Gespräch und nicht du hast meinen Gott beleidigt, wuff, sondern dann vielleicht in den Dialog treten zu können, wenn man mal mit jemandem aneinandergerät. Das war bei unseren Jugendlichen auch noch mal wichtig, dass sie das mitkriegen. Also dass sie mit ihrer Religion da sein können, dass sie nicht radikal sein müssen, damit man sie hört."
Rajaa Chehab: "Wenn ich meinen Mitmenschen respektiere aufgrund seines Glaubens und gewisse Werte auch mit mir trage, dann werde ich die Gewalt als allerletzte, wenn überhaupt, oder als gar keine Maßnahme in Anspruch nehmen."
Der Kooperationspartner, die Organisation "Muslimische Jugend in Deutschland", ist umstritten und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Der katholische Theologe Georg Bienemann kann das nicht nachvollziehen.
Georg Bienemann: "Wir haben eine fantastische Zusammenarbeit auf der Trägerebene gehabt. Ich hatte früher keinen Kontakt zur Muslimischen Jugend und habe ihn bekommen und bin sehr dankbar dafür, weil ich hier positive Erfahrungen machen konnte und weil das ein Stück Aufbau von Demokratie in unserem Land bedeutet."
Eines ist sicher: Das Projekt "Dialogbereit" ist ein gutes Beispiel, wie man mit wenig Geld und großem ehrenamtlichen Engagement viel bewegen kann. Mit einem Nachschlagewerk zum Thema ging es vor ein paar Jahren los. Arbeitshilfen für Pädagogen in der Jugendarbeit und ein professionell gestalteter Internetauftritt entstanden. Prominente Projektpaten, wie zum Beispiel Jürgen Klopp, Cheftrainer von Borussia Dortmund, konnten gewonnen werden. Vor Kurzem war Georg Bienemann in einem Pfadfinderlager. Da hat er wieder einmal erlebt, dass sich etwas getan hat im interreligiösen Alltag.
Georg Bienemann; "Zu diesen Gruppen gehörten junge Muslime wie mit Selbstverständlichkeit dazu. Und die auch in der Lage waren, ihre eigene Religiosität in einem katholischen Pfadfinderverband zu leben.
Es muss nicht immer ein Projekt 'Dialogbereit' sein, sondern es bedarf wirklich Erwachsener, Gruppenleiterinnen, Lehrpersonen, die in der Lage sind, Kinder mit ihrem Glauben und ihren Gefühlen ernst zu nehmen. Und wenn sie das tun, sind sie mitten in dem Thema Religion drin. Das ist nicht mehr zu verhindern dann. Dann kommen nämlich auch die Fragen – spätestens am Lagerfeuer abends."
Zum Thema:
"Dialogbereit – jugendliche Christen und Muslime im Gespräch" - bis zum 6. September 2010 ist die Wanderausstellung noch im St.-Josef-Stift in Sendenhorst bei Münster zu sehen. Ab dem 29. September wird sie im Landtag in Düsseldorf gezeigt. Weitere Informationen zum Projekt auf der "Dialogbereit"-Homepage.