Verschwörungstheorie 1: Die Flagge weht! Dabei gibt es auf dem Mond doch gar keine Luft und wo es keine Luft gibt, gibt es auch keinen Wind! Und wo es keinen Wind gibt, da kann auch keine Fahne wehen!
Falsche Schatten, wehende Fahnen
08:02 Minuten
Verschwörungstheorien haben Konjunktur: Die angeblich gefälschte Mondlandung ist eine der bekanntesten. Die vermeintlichen Indizien dafür sind leicht zu widerlegen – dennoch wird sie uns erhalten bleiben, sagt der Psychologe Sebastian Bartoschek.
Es ist der 9. September 2002, als Buzz Aldrin ein Hotel in Beverly Hills verlassen will. Doch leider lauert da dieser unangenehme Typ. Ein Typ der unbedingt will, dass Aldrin auf die Bibel schwört, dass er wirklich und ganz bestimmt auf dem Mond war. Bei der Nervensäge handelt es sich um Bart Sibrel. Der umstrittene US-Filmemacher glaubt, dass die Amerikaner nie auf dem Mond waren. Und damit logischerweise auch nicht Buzz Aldrin. Ein Wort gibt das andere.
Nun ist Buzz Aldrin eigentlich eine coole Wurst. Er bleibt cool, als er im Korea-Krieg 66 Einsätze fliegt. Er bleibt cool, als er 1966 zu seinem ersten Raumflug startet. Und Buzz Aldrin bleibt cool, als er als zweiter Mensch den Mond betritt. Doch jetzt an diesem schönen Septembertag, an dem die Weltraum-Legende von Bart Sibrel irgendwann als Feigling, als Lügner und als Dieb beschimpft wird, da bleibt Buzz Aldrin nicht mehr cool. Er ballt die Faust und schlägt zu.
Es ist ein kleiner Faustschlag für Buzz Aldrin, aber ein großer für die Menschheit. Zumindest für den Teil der Menschheit, der es satt hat. Der es satt hat, dass Leute wie Bart Sibel ihren Quatsch absondern.
Flaggen, Sterne und Schatten
Hier die Indizien der Mondlandungs-Verschwörungstheoretiker im Schnelldurchlauf und warum diese, nun ja, eben Quatsch sind.
Doch. Sie weht auch nicht, sondern sie bewegt sich. Denn die Fahne wurde an einer dünnen Aluminium-Stange angebracht. Und wenn man die in den Boden rammt, dann bewegt sich auch die Fahne.
Verschwörungstheorie 2: Keine Sterne! Warum sind da keine Sterne am Mondhimmel zu sehen!
Das liegt an der Belichtungszeit. Die Fotos wurden mit kurzer Belichtungszeit und kleiner Blende aufgenommen. Hätte man gewusst, dass Verschwörungstheoretiker deswegen irgendwann ein gewaltiges Alu-Fass aufmachen, hätte man vermutlich anderes Equipment benutzt.
Verschwörungstheorie 3: Die Schattenwürfe! Auf den Bildern sind deutlich mehrere Schatten zu sehen. Obwohl es nur eine Sonne gibt!
Stimmt, aber es gibt zwei Lichtquellen. Nämlich die Sonne und Mond, der das Sonnenlicht noch mal zurückstrahlt. Für alle, die es genau wissen möchten. Das Fachwort lautet "Albedo".
Ein Viertel glaubt nicht an die Mondlandung
Sogar die Sowjets haben bestätigt, dass die Amerikaner auf dem Mond waren. Und trotzdem gibt es genügen Leute da draußen, die es angeblich besser wissen. "Tatsächlich ist die Verschwörungstheorie um die angeblich gefälschte Mondlandung eine der bekanntesten", sagt Sebastian Bartoschek. Der Psychologe hat seine Doktorarbeit zum Thema "Bekanntheit von und Zustimmung zu Verschwörungstheorien" geschrieben.
Ein Ergebnis: Gut ein Viertel der Befragten glaubt, dass die US-Amerikaner nicht auf dem Mond waren, andere Untersuchungen stützen diese Zahl. Wobei es verschiedene Varianten dieser Verschwörungstheorie gibt. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass die Amerikaner zwar auf dem Mond waren, dort aber Außerirdische getroffen haben und diese Tatsache der Menschheit voreinhalten wollten, sodass man auf dem Boden die Mondlandung nachdrehte. Manche glauben, der Mond existiere gar nicht, sondern sei nur ein Hologramm.
Und dann gibt es natürlich noch David Icke. Er glaubt, dass der Mond eine gigantische Raumstation sei, von der aus die Menschen kontrolliert werden. Aber David Icke glaubt auch, dass Echsenmenschen, sogenannte "Reptiloide", die Welt beherrschen und hat es mit dieser These zu einer gewissen Prominenz gebracht.
Fehlendes Vorstellungsvermögen
Die Forschung zeigt: Glaubt man einer Verschwörungstheorie, dann glaubt man vielen. Der Fantasie sind dabei oft kaum Grenzen gesetzt. Umgekehrt reicht die Vorstellungskraft aber oft nicht aus, um sich komplexe Entwicklungen, Zufälle oder schlicht herausragende Leistungen vorstellen zu können, sagt Psychologe Bartoschek: "Aus heutiger Sicht finde ich es sehr beeindruckend, dass die Rechnerleistung damals für den Mondflug schlechter war, als jedes billige Handy."
Das zeige, wie verwöhnt die Gesellschaft inzwischen sei. Man könne sich nicht einmal vorstellen, dass man mit aus heutiger Sicht völlig unzureichenden technischen Mitteln es gewagt habe, diese Odyssee aufzunehmen. "Während man heute ohne Navi und Handy sich noch nicht einmal traut, zum Bäcker in der nächstgelegenen Stadt zu fahren."
Verschwörungstheorien als Lotse
Verschwörungstheorien sind selbst eine Art Navi, das einen bequem durch die immer komplexer werdende Welt hindurchnavigiert. Aber genau wie jüngst 100 Autofahrer im Schlamm gelandet sind, weil sie sich auf der Suche nach einer Abkürzung komplett auf Google Maps verlassen hatten, so führen auch Verschwörungstheorien ziemlich oft in einen Sumpf, genauer: in einen braunen Sumpf. Oft sollen hinter einer Verschwörung die Juden stehen oder sinistere Gruppen. Das ist dann nicht mehr lustig.
Am Ende stehen oft Tote, so wie dieses Jahr im März in Christchurch. Der Täter brachte in einer Moschee in Neuseeland 51 Menschen um, auch, weil er an die rechtsradikale Verschwörungstheorie vom sogenannten großen Austausch glaubte. Verschwörungstheorien haben sich in den letzten Jahren politisiert, man denke nur an die Reichsbürger-Bewegung.
Im Vergleich dazu versprüht die Verschwörungstheorie, wonach die Amerikaner nie auf dem Mond waren, fast schon konspirativen Retro-Charme. Vielleicht ist es also gar nicht so schlimm, dass uns diese Verschwörungstheorie erhalten bleiben wird. Denn das wird sie. Das ist so sicher wie, dass der Mond am Himmel bleibt, sagt Verschwörungstheorie-Experte Bartoschek: "Solange Mondreisen die Ausnahme sind, wird es für viele Menschen so unglaublich bleiben, dass sie es einfach nicht glauben wollen."