Versorgung von Flüchtlingen

Hamburger Tafel schickt keinen Hilfesuchenden weg

Großer Andrang in Hamburg in einem Ausgaberaum der Hamburger Tafel
Der Service der Hamburger Tafeln ist gefragt - von Einheimischen und von Flüchtlingen. Auch künftig will der Verein allen helfen, egal, woher sie stammen. © dpa/Markus Scholz
Von Axel Schröder |
Dass mehr Flüchtlinge als vorher ins Land kommen, merkt auch die Hamburger Tafel. Der Verein, der Bedürftige mit gespendeten Lebensmitteln versorgt, muss immer mehr Menschen bedienen. Während andernorts keine Flüchtlinge mehr versorgt werden sollen, bleiben die Hamburger aber gelassen.
Morgens um neun Uhr werden die ersten Waren bei der Hamburger Tafel angeliefert. Ein LKW steht an der Rampe zum Lager, mit einem Hubwagen zieht der Fahrer zwei Paletten aus dem Laster und übergibt sie an Reinhard Gibbe. Er kümmert sich bei der Hamburger Tafel um das Lager. Neben ihm stehen Paletten mit Cornflakes, mit Dosen-Champignons und H-Milch. Ein kleiner Teil des Angebots:
"Wir haben hier einmal Konserven mit Suppen oder Eintopf. Dann haben wir zur Zeit sehr viel Rotkohl. Dann haben wir Champignons bekommen. Tee können wir anbieten, Nudeln. Das ist im Moment das, was wir auf Lager haben."
... und dazu kommt noch die Ware in den vier Kühlräumen. Was fehlt, sind Süßigkeiten. Die Firma, die damit bislang die Hamburger Tafel versorgt hat, hat ihre kostenlose Lieferung eingestellt. 20 Stützpunkte in allen Teilen der Stadt werden vom Lager der Tafel aus versorgt, erzählt der erste Vorsitzende des Vereins Jens Wrage:
"Wir versorgen ja nicht nur die Ausgabestellen, sondern auch die kleineren Tafeln aus dem Umland. Wenn wir größere Mengen haben, die wir einlagern können - das können viele andere Tafeln nicht - versorgen wir dann mit. Rufen wir an: 'Könnt Ihr das gebrauchen?' Und die kommen gerne und holen sich das ab."
Immer mehr Menschen kommen zu den Hamburger Tafeln
Dass seit rund einem Jahr die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland und Hamburg steigt, bekommt auch der Verein zu spüren. Zum einen, erklärt Jens Wrage, weil die Konkurrenz um Spendengelder, auf die auch die Tafel angewiesen ist, seitdem zunimmt. Schließlich bräuchten die vielen ehrenamtlichen Helfer auch Unterstützung, so Wrage. Aber auch die Nachfrage nach kostenlosen Lebensmitteln in den 20 Ausgabestellen sei seitdem gewachsen:
"Das merken wir an den Ausgabestellen natürlich! Und da gibt es auch Situationen, wo schon ein ziemlich großer Andrang ist und die Damen und Herren sich bemühen müssen, das vernünftig zu regulieren. Und wir müssen dafür sorgen, dass wir ausreichend Ware haben. Dieser Ansturm wird aber noch erheblich anwachsen. Und das heißt: Die Anforderungen an uns und auch an die Ausgabestellen werden deutlich größer werden."
Von heute auf morgen könne die Hamburger Tafel ihr Angebot nicht ausbauen, so Wrage. Immerhin werden die angebotenen Waren nicht selbst produziert oder eingekauft. Sondern von bereitwilligen Spendern zur Verfügung gestellt. Dazu kommt: Schon heute sucht die Tafel nach zusätzlichen Fahrern, die ehrenamtlich die Nudeln, Kartoffeln oder Konserven im Hamburger Stadtgebiet verteilen.
Tafel-Verein will noch mehr Spenden einwerben als bisher
Erschwert wird die Situation auch dadurch, dass die Supermärkte ihre Verkaufspolitik für die Waren verändert haben, die früher an die Tafeln abgegeben wurden: für Lebensmitteln, die nur noch ein paar Tage haltbar sind.
Wrage: "Jetzt fangen die Supermärkte auch schon an und haben vor der Kasse nochmal so einen Tisch stehen, wo draufsteht: nur noch 30 Prozent des Ursprungspreises, denn übermorgen läuft das ab. Alles das sind Dinge, die wissen wir. Alles das sind Dinge, mit denen müssen wir umgehen. Wie ein guter Kaufmann, der sich drauf einstellen muss, wenn sich Rahmenbedingen ändern. So müssen wir von der Tafel uns auch einstellen und sagen: wenn sich Dinge verändern, müssen wir nicht 'Hurra' schreien, sondern müssen sagen: Was müssen wir tun, um die Situation in dem Sinne der Bedürftigen, die wir versorgen, in den Griff zu kriegen? Und ich bin sicher: Das schaffen wir!"
Davon, dass die Dachauer Tafel angekündigt hat, keine Lebensmittel mehr an Flüchtlinge auszugeben, hält Jens Wrage gar nichts:
"Ich verstehe aus der Sicht einiger Betroffener, dass sie Angst haben, dass eine Konkurrenz entstehen könnte. Für uns entsteht sie nicht! Wer zu uns kommt und bedürftig ist und gleich, aus welcher Ecke - den werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten mit versorgen."
Und gleichzeitig will sich Jens Wrage darum kümmern, dass die anderen Bedürftigen sich gar nicht erst Gedanken darüber machen, dass sie in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen weniger bekommen könnten. Sein Ziel ist: mehr gespendete Ware einzuwerben. Und das, so Wrage, werde man schaffen.
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