"Versprechen sind dazu da, dass man sie hält"
Die designierte Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler geht von einer Erhöhung des Kulturetats aus. Eine entsprechende Anhebung sei ihr zugesagt worden und werde vermutlich auch von der Bürgerschaft akzeptiert werden.
Anke Schaefer: Die Chefin der Berliner Senatskanzlei, Barbara Kisseler, wird neue Kultursenatorin in Hamburg. Der designierte neue Erste Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz, hat sie berufen. Sie soll der Kulturpolitik in der Hansestadt eine Neuausrichtung geben. Barbara Kisseler kommt aus Nordrhein-Westfalen, sie ist Germanistin, Theater- und Filmwissenschaftlerin und sie arbeitet schon sehr lange in der Kulturpolitik. Ich habe heute mit ihr sprechen können und sie gefragt, ob sie denn angesichts des Scherbenhaufens - den die im Herbst abgewählte schwarz-grüne Regierung an der Elbe ja hinterlassen hat - "oh toll, diesen Job will ich unbedingt, da gibt es richtig was zu tun"?
Barbara Kisseler: Es wird Sie jetzt ein wenig überraschen, aber genau das habe ich gedacht.
Schaefer: Und haben Sie denn dieses Angebot auf sich zukommen sehen?
Kisseler: Ich kenne Olaf Scholz ja aus unserer gemeinsamen Zeit zum Einen im Kompetenzteam von Frank Steinmeier, und wir kennen uns auch aus seiner Zeit als Arbeitsminister, als er mit den Ländern – und da habe ich ja für das Land Berlin für die Senatskanzlei arbeiten müssen auch –, in denen wir auch diverse Berührungspunkte hatten. Also insofern war das keine neue Begegnung.
Schaefer: Und Sie werden Ihr Amt in der zweiten Märzhälfte antreten. Was wird Ihre erste Amtshandlung sein?
Kisseler: Also ich glaube, es wird ganz schnell darum gehen, das merke ich auch an den Reaktionen der Hamburger Kulturszene, die mich erreichen, dass man den Dialog mit den Künstlern, mit den Institutionen in einer konstruktiven und in einer sensiblen Art und Weise wieder aufnimmt und versucht, doch deutlich zu machen, dass man dieser Klientel ernsthaften Respekt und Wertschätzung entgegenbringt und das auch praktisch werden lässt. Und deswegen werde ich viele Gespräche führen, einzelne genau so wie in größerem Kontext. Und ich glaube, das wird das Erste sein, was nottut.
Schaefer: Nun hat die alte Regierung ja wirklich für sehr viel Ärger gesorgt. 6,2 Millionen Euro wollte man einsparen, vor allem bei drei Hamburger Kulturinstitutionen – bei dem Altonaer Museum, bei den Bücherhallen und beim Schauspielhaus –, dann hat es Kritik gehagelt und inzwischen sind diese Kürzungen teilweise zurückgenommen worden.
Außerdem hat vor einiger Zeit Intendantin Karin Beier aus Köln zugesagt, nach Hamburg ans Schauspielhaus zu kommen. Das heißt, die Situation ist ja nicht mehr ganz so verfahren, wie sie Ende letzten Jahres noch war, und dennoch - Sie möchten den Dialog aufnehmen, weil man das im Moment auch wirklich tun muss, weil einfach viel Porzellan zerbrochen ist?
Kisseler: Ich glaube, das ist die Prämisse, auf der wir uns dann in den nächsten Jahren auch bewegen werden, dass wir deutlich machen als Kultursenat, also ich auch als Person, dass die Künstler in mir ein verlässliches Gegenüber haben, dass sich als Anwältin für ihre Interessen versteht, nicht für die irgendwelcher anderen Politikfelder. Und da wird sicher – da bin ich auch mit Olaf Scholz einig, da haben wir vorher auch konkret drüber gesprochen –, da wird sicherlich auch innerhalb des Haushaltes es Bewegung geben müssen – nach oben selbstverständlich.
Und, zum Beispiel, Sie nannten gerade die Historischen Museen, deren Situation, die ja wirklich bedenklichst unterfinanziert ist, die natürlich wieder auf ein akzeptables Maß zurückzuführen beziehungsweise einfach Arbeitsbedingungen zu schaffen, die als solche bezeichnet werden können. Das Gleiche gilt fürs Schauspielhaus, und Karin Beier hat – und das ist von Olaf Scholz ja auch mitgetragen worden –, hat natürlich auch eine Verbesserung ihrer Arbeitssituation am Haus durchgesetzt. Denn sie hat ja ähnlich traurige Erfahrungen in Köln machen müssen, wo die Stadt ja auch nicht wegen ihrer besonderen Sensibilität aus dieser Diskussion berühmt geworden ist.
Schaefer: Aber ist Ihnen denn tatsächlich mehr Geld für die Kultur zugesagt worden?
Kisseler: Ja, das ist es.
Schaefer: Wie viel?
Kisseler: Das werde ich Ihnen jetzt nicht verraten und ich bitte da um Verständnis für, weil es gibt eine gute parlamentarische Gepflogenheit, dass die Bürgerschaft der Souverän über den Haushalt ist. Und das wird bei dem Doppelhaushalt jetzt, also für 2011, was da noch verändert werden muss, und 2012, auch so sein, aber ich gehe davon aus, dass die Steigerung des Kulturetats von der Bürgerschaft auch akzeptiert wird.
Schaefer: Und wird dann zum Beispiel die Schließung des Altonaer Museums nicht stattfinden, können Sie es retten?
Kisseler: Das möchte ich und ich bin sicher, dass mir das gelingt.
Schaefer: Stichwort Elbphilharmonie, der Eröffnungstermin wird da ja immer weiter verschoben, die Baukosten haben sich zuletzt auf 323 Millionen Euro verdreifacht, auch dieses Prestigeobjekt sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen. Was werden Sie da tun wollen?
Kisseler: Also ich glaube, man muss zum Thema Elbphilharmonie noch einmal ganz, ganz deutlich sagen, dass die Steigerungen, die es da in der Tat – Sie haben sie ja gerade genannt – gegeben hat, dass die jetzt doch eine Höhe erreicht haben, wo man sagen muss, jetzt ist mal gut. Also das kann man einfach auch nicht mehr verantworten, denke ich.
Und was für mich aber besonders wichtig ist, dass man noch mal an das Versprechen erinnert, das auch ein früherer Senat dazu gegeben hat, nämlich: Bau und Betrieb der Elbphilharmonie werden, was die Kosten angeht, nicht zulasten der übrigen Kultur gehen. Und ich finde, Versprechen sind dazu da, dass man sie hält. Und deswegen werden wir, denke ich – wenn ich wir sage, meine ich jetzt Olaf Scholz und ich, da sind wir einer Meinung –, werden wir dafür Sorge tragen müssen, dass nicht die übrige Kulturszene den Bau der Elbphilharmonie durch Kürzungen mitfinanzieren muss.
Schaefer: Welches, denken Sie, Ihrer Talente werden Sie am meisten brauchen in der nächsten Zeit: Verhandlungsgeschick, Härte?
Kisseler: Ich glaube, eine ausgewogene Balance von beidem, und im Übrigen bei einigen Gesprächspartnern an Marcel Duchamps erinnern: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Und das ist bei einigen vielleicht auch nötig.
Schaefer: Vielen Dank, das war die Chefin der Berliner Senatskanzlei, Barbara Kisseler. Sie wird die neue Kultursenatorin in Hamburg und wird ihr Amt dort in der zweiten Märzhälfte antreten.
Barbara Kisseler: Es wird Sie jetzt ein wenig überraschen, aber genau das habe ich gedacht.
Schaefer: Und haben Sie denn dieses Angebot auf sich zukommen sehen?
Kisseler: Ich kenne Olaf Scholz ja aus unserer gemeinsamen Zeit zum Einen im Kompetenzteam von Frank Steinmeier, und wir kennen uns auch aus seiner Zeit als Arbeitsminister, als er mit den Ländern – und da habe ich ja für das Land Berlin für die Senatskanzlei arbeiten müssen auch –, in denen wir auch diverse Berührungspunkte hatten. Also insofern war das keine neue Begegnung.
Schaefer: Und Sie werden Ihr Amt in der zweiten Märzhälfte antreten. Was wird Ihre erste Amtshandlung sein?
Kisseler: Also ich glaube, es wird ganz schnell darum gehen, das merke ich auch an den Reaktionen der Hamburger Kulturszene, die mich erreichen, dass man den Dialog mit den Künstlern, mit den Institutionen in einer konstruktiven und in einer sensiblen Art und Weise wieder aufnimmt und versucht, doch deutlich zu machen, dass man dieser Klientel ernsthaften Respekt und Wertschätzung entgegenbringt und das auch praktisch werden lässt. Und deswegen werde ich viele Gespräche führen, einzelne genau so wie in größerem Kontext. Und ich glaube, das wird das Erste sein, was nottut.
Schaefer: Nun hat die alte Regierung ja wirklich für sehr viel Ärger gesorgt. 6,2 Millionen Euro wollte man einsparen, vor allem bei drei Hamburger Kulturinstitutionen – bei dem Altonaer Museum, bei den Bücherhallen und beim Schauspielhaus –, dann hat es Kritik gehagelt und inzwischen sind diese Kürzungen teilweise zurückgenommen worden.
Außerdem hat vor einiger Zeit Intendantin Karin Beier aus Köln zugesagt, nach Hamburg ans Schauspielhaus zu kommen. Das heißt, die Situation ist ja nicht mehr ganz so verfahren, wie sie Ende letzten Jahres noch war, und dennoch - Sie möchten den Dialog aufnehmen, weil man das im Moment auch wirklich tun muss, weil einfach viel Porzellan zerbrochen ist?
Kisseler: Ich glaube, das ist die Prämisse, auf der wir uns dann in den nächsten Jahren auch bewegen werden, dass wir deutlich machen als Kultursenat, also ich auch als Person, dass die Künstler in mir ein verlässliches Gegenüber haben, dass sich als Anwältin für ihre Interessen versteht, nicht für die irgendwelcher anderen Politikfelder. Und da wird sicher – da bin ich auch mit Olaf Scholz einig, da haben wir vorher auch konkret drüber gesprochen –, da wird sicherlich auch innerhalb des Haushaltes es Bewegung geben müssen – nach oben selbstverständlich.
Und, zum Beispiel, Sie nannten gerade die Historischen Museen, deren Situation, die ja wirklich bedenklichst unterfinanziert ist, die natürlich wieder auf ein akzeptables Maß zurückzuführen beziehungsweise einfach Arbeitsbedingungen zu schaffen, die als solche bezeichnet werden können. Das Gleiche gilt fürs Schauspielhaus, und Karin Beier hat – und das ist von Olaf Scholz ja auch mitgetragen worden –, hat natürlich auch eine Verbesserung ihrer Arbeitssituation am Haus durchgesetzt. Denn sie hat ja ähnlich traurige Erfahrungen in Köln machen müssen, wo die Stadt ja auch nicht wegen ihrer besonderen Sensibilität aus dieser Diskussion berühmt geworden ist.
Schaefer: Aber ist Ihnen denn tatsächlich mehr Geld für die Kultur zugesagt worden?
Kisseler: Ja, das ist es.
Schaefer: Wie viel?
Kisseler: Das werde ich Ihnen jetzt nicht verraten und ich bitte da um Verständnis für, weil es gibt eine gute parlamentarische Gepflogenheit, dass die Bürgerschaft der Souverän über den Haushalt ist. Und das wird bei dem Doppelhaushalt jetzt, also für 2011, was da noch verändert werden muss, und 2012, auch so sein, aber ich gehe davon aus, dass die Steigerung des Kulturetats von der Bürgerschaft auch akzeptiert wird.
Schaefer: Und wird dann zum Beispiel die Schließung des Altonaer Museums nicht stattfinden, können Sie es retten?
Kisseler: Das möchte ich und ich bin sicher, dass mir das gelingt.
Schaefer: Stichwort Elbphilharmonie, der Eröffnungstermin wird da ja immer weiter verschoben, die Baukosten haben sich zuletzt auf 323 Millionen Euro verdreifacht, auch dieses Prestigeobjekt sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen. Was werden Sie da tun wollen?
Kisseler: Also ich glaube, man muss zum Thema Elbphilharmonie noch einmal ganz, ganz deutlich sagen, dass die Steigerungen, die es da in der Tat – Sie haben sie ja gerade genannt – gegeben hat, dass die jetzt doch eine Höhe erreicht haben, wo man sagen muss, jetzt ist mal gut. Also das kann man einfach auch nicht mehr verantworten, denke ich.
Und was für mich aber besonders wichtig ist, dass man noch mal an das Versprechen erinnert, das auch ein früherer Senat dazu gegeben hat, nämlich: Bau und Betrieb der Elbphilharmonie werden, was die Kosten angeht, nicht zulasten der übrigen Kultur gehen. Und ich finde, Versprechen sind dazu da, dass man sie hält. Und deswegen werden wir, denke ich – wenn ich wir sage, meine ich jetzt Olaf Scholz und ich, da sind wir einer Meinung –, werden wir dafür Sorge tragen müssen, dass nicht die übrige Kulturszene den Bau der Elbphilharmonie durch Kürzungen mitfinanzieren muss.
Schaefer: Welches, denken Sie, Ihrer Talente werden Sie am meisten brauchen in der nächsten Zeit: Verhandlungsgeschick, Härte?
Kisseler: Ich glaube, eine ausgewogene Balance von beidem, und im Übrigen bei einigen Gesprächspartnern an Marcel Duchamps erinnern: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Und das ist bei einigen vielleicht auch nötig.
Schaefer: Vielen Dank, das war die Chefin der Berliner Senatskanzlei, Barbara Kisseler. Sie wird die neue Kultursenatorin in Hamburg und wird ihr Amt dort in der zweiten Märzhälfte antreten.