Weg mit den Bandwurmsätzen!
Kurze Sätze, keine Fremdwörter: Leichte Sprache soll "funktionalen Analphabeten" das Verständnis von Texten erleichtern. Jetzt hat das "Büro für Leichte Sprache" in Bremen sich die Ostergeschichte vorgenommen.
Mehr als ein halbes Jahr lang hatte Oliver Neddermann zwei Jobs. Wie sonst auch arbeitete er hauptberuflich als Reinigungskraft im Weserstadion. Zusätzlich ist er zweimal die Woche ins Büro für Leichte Sprache in Bremen gegangen; dort hat er geholfen, die Ostergeschichte zu übersetzen - als Text- und Bildprüfer.
"Da haben wir wochen- oder monatelang dran gesessen, um das leichter zu erklären. Und da haben wir Diskussionsrunden gehabt, und jetzt ist es rausgekommen, das schöne Buch."
Der 35-Jährige hält es in den Händen. Ein 48 Seiten schlankes Buch für Erwachsene, denen die "normale" Sprache zu kompliziert ist. Die sogenannte "Leichte Sprache" besteht aus kurzen Sätzen. Sie verwendet keine Fremdwörter, und Schachtel- oder Bandwurmsätze gibt es auch nicht.
Auch die Bilder helfen beim Verständnis
So erklärt es Judith Nieder; Übersetzerin für Leichte Sprache. Sie hat das Ostergeschichten-Projekt geleitet. Einfach war es nicht, schließlich ist die Ostergeschichte ziemlich komplex - deshalb hat man so lange probiert, bis alle Prüfer die Übersetzung auch verstehen konnten. Oliver Neddermann und ein gutes Dutzend weitere Kollegen haben die Texte gelesen, Unverständliches angestrichen und dann zur Überarbeitung an das Übersetzer-Team zurückgegeben. Aber auch bei den Bildern, die die Texte ergänzen, wurde viel diskutiert. Der Illustrator musste immer wieder nacharbeiten, erzählt die Übersetzerin.
"Man soll auf den Bildern schon viel von dem, was im Text steht, erkennen können. Das ist in der Leichten Sprache ein ganz gängiges Hilfsmittel. Auch bei unseren Sachtexten setzen wir immer Bilder ein. Und hier natürlich auch insbesondere, dass die Figuren wiedererkannt werden. In einer Passage ist von Jesus die Rede, in der nächsten wieder, wir haben das gleiche Bild und anhand des Bildes schon die Wiedererkennung und wissen schon, worum es geht."
Um auch fachlich auf der sicheren Seite zu sein, hat das Büro für Leichte Sprache mit evangelischen und katholischen Theologen und Seelsorgern zusammengearbeitet. Einer von ihnen ist der Theologe und Pädagoge Martin Merkens.
"Am Anfang gab es mal die Idee: Machen wir es so, dass wir vielleicht nur die Emmaus-Geschichte herausgreifen, weil da ja alles noch mal wiederholt wird, zusammengefasst wird. Wir haben uns dann aber entschieden: Wir machen es so, dass wir entsprechend der Woche von Palmsonntag bis Ostermontag im Grunde die wichtigen Punkte aus den verschiedenen Evangelien zusammenstellen. Das war dann die Grundlage für die Übersetzung."
Auch die Weihnachtsgeschichte gibt es schon in Leichter Sprache
Für die erste Auflage wurden 3000 Bücher gedruckt. Die werden schnell verkauft sein – davon ist Andreas Hoops, Geschäftsführer der Lebenshilfe Bremen, überzeugt.
"Ich weiß, dass ganz viele Menschen mit geistiger Behinderung konfirmiert werden, Konfirmandenunterricht besuchen. Die Feste sowieso – das ist wie bei nicht behinderten Menschen auch. Und da ist es ja schon mal gut, wenn man weiß: Wieso feiert man Ostern? Warum feiert man Pfingsten? Also diese ganzen christlichen Feste. Und vor dem Hintergrund glaube ich, dass das nach wie vor relevant ist, und ich würde sogar sagen: modern ist möglicherweise oder wieder modern wird."
Bereits vor vier Jahren kam die übersetzte Weihnachtsgeschichte auf den Markt. Die 5000 Exemplare waren schnell weg, sagt Hoops - obwohl erst der Ostergeschichte zusätzlich ein Hörbuch und eine DVD mit Gebärdensprachübersetzung beiliegen.
In den kommenden zwei Jahren will das Büro für Leichte Sprache drei weitere Bibelgeschichten übersetzen.
In den kommenden zwei Jahren will das Büro für Leichte Sprache drei weitere Bibelgeschichten übersetzen.