Baustelle Bundeswehr
Ursula von der Leyen will die Vereinbarkeit von Familie und Dienst bei der Bundeswehr verbessern. Doch das Amt des Verteidigungsministers umfasst mehr, als sich um das persönliche Umfeld der Soldaten zu kümmern, meint Rolf Clement.
Formal ist es eine Altlast, die der Bundestag heute abgearbeitet hat: Der Bericht, über den er beraten hatte, wurde schon im vergangenen Januar vorgelegt, es war der für 2012.
Der neue, der für 2013, folgt erst Ende dieses Monats. Aber gerade das zeigt, dass sich in diesem Jahr wenig verändert hat: Die Bundeswehr ist im Inneren immer noch unruhig. Wir wissen ja jetzt schon, dass die Zahl der Eingaben, gemessen an der Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten, schon sehr lange nicht mehr so hoch war wie 2013. Was der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus da aufgeschrieben hatte, hat sich im weiteren Verlauf des Jahres also eher verschärft.
Erst, wenn die Reform umgesetzt ist, fühlen sich auch die Soldaten wieder sicher. Hier liegt eine Aufgabe, der sich die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schnell stellen muss. In den letzten 20 Jahren war jeder Ministerwechsel mit gravierenden Eingriffen in den laufenden Reformprozess verbunden. Da zuckten doch einige in der Bundeswehr zusammen, als im Dezember wieder ein neuer Minister kam. Von der Leyen hat das Signal, dass sie da allenfalls sorgsam nachsteuern will, noch nicht überzeugend in die Truppe gegeben.
Was ebenfalls ein Dauerthema des Wehrbeauftragten ist, ist die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Hier hat nun die neue Ministerin mit Vehemenz einen Schwerpunkt gesetzt, der allgemein Beifall findet. Der Umsetzungswille wird ihr bescheinigt, sie hat in den Ministerien, in denen sie vorher tätig war, entsprechende Durchsetzungskraft bewiesen, und das gerade auf dem Feld der Familienpolitik.
Nun hat der Wehrbeauftragte Königshaus aber auch festgestellt, dass sie dafür mehr Geld braucht als sie bisher hat. Denn eines gilt auch: Eine Verteidigungsministerin muss sich um das Wohl ihrer Soldaten kümmern, uneingeschränkt ja, aber der Auftrag der Bundeswehr umfasst mehr. Die Einsatzbereitschaft, die persönliche Ausrüstung der Soldaten, die in den Einsatz, den oft gefährlichen Einsatz, gehen, gehört ebenfalls in den Blick der Ministerin. Aber sie hat noch nicht vermittelt, dass das auch einer der Schwerpunkte ihres Denkens und Wirkens ist.
Der Wehrbeauftragte, das muss man immer im Hinterkopf haben, legt einen Mängelbericht vor, keinen objektiven Zustandsbericht. Dabei schiebt er die Themen in den Vordergrund, die das persönliche Umfeld des Soldaten, dessen Befindlichkeiten. Es ist richtig, dass zufriedene Soldaten wichtig für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sind, aus zwei Gründen: Zufriedene Soldaten üben ihren Dienst besser aus und zufriedene Soldaten sind ein wichtiger Faktor für die Nachwuchsgewinnung. Deswegen sind die Berichte des Wehrbeauftragten für die Minister so wichtig. Aber die müssen es in das gesamte Aufgabenspektrum einbauen. Genau an der Stelle steht die neue Ministerin: Sie hat überzeugend deutlich gemacht, dass ihr das persönliche Umfeld der Soldaten am Herzen liegt. Nun sollte sie die aus der heutigen Bundestagsdebatte ernst nehmen, die sie darauf hingewiesen haben, dass sie auch den Rest der Aufgaben ins Rampenlicht ziehen muss.